Hagen/Witten.

Turaj S. wird verdächtigt, die Postbank um 500 000 Euro betrogen zu haben. Die Hagener Ermittler staunen, dass der 34-Jährige in Stockum eine Postagentur mit Bankschalter eröffnen konnte. In der Nachbarstadt ist sein Familienclan berühmt-berüchtigt.

Dass ausgerechnet Turaj S. (34) in Stockum eine Postagentur mit Bankschalter eröffnen konnte, hat bei Hagener Strafverfolgungsbehörden ungläubiges Kopfschütteln ausgelöst. Er wird verdächtigt, die Postbank um 500 000 Euro betrogen zu haben.

Im Hagener Polizeipräsidium stuft man den iranischen Familienclan S. durchaus als „gefährlich“ ein - und in der Staatsanwaltschaft ermittelt man seit Jahren immer wieder gegen die fünf persischen Brüder, auch in der Abteilung OK - organisierte Kriminalität, unter anderem sogar wegen eines Mordvorwurfs. Dieses Verfahren konnte in Deutschland wegen mangelnder Kooperation auf Seiten der iranischen Behörden aber nicht weiterverfolgt werden.

Tricksereien und illegales Stromabzapfen

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Im Iran soll sich einer der fünf Brüder vor seiner Flucht nach Deutschland aus dem Gefängnis freigebombt haben, wobei ein Wachmann ums Leben kam. Hossein S., der diesen Vorwurf bestreitet, befindet sich derzeit wegen eines Drogendelikts für mehrere Jahre in Haft.

Sein Bruder, der Wittener Postagenturbetreiber Turaj S., nach dem die Staatsanwaltschaft Bochum fahnden lässt, ist den Hagener Strafverfolgungsbehörden ebenfalls kein Unbekannter - obwohl er nicht als die ganz große Nummer innerhalb der schillernden Familie eingestuft wird.

Er betrieb vor Jahren die Cocktailbar „Mai Thai“ in der Hagener City, ein Etablissement, das im Zusammenhang mit Kokain immer wieder die Ermittler beschäftigte. Für illegales Stromabzapfen beim Nachbarn landete Turaj S. schließlich vor Gericht und wegen seiner Tricksereien gegenüber der Arge.

Coup mit 0190-Nummer

Lediglich zivilrechtlich verfolgt wurde jedoch der grandioseste Coup von Turaj S. - die Sache mit der 0190-Nummer. Eine solche Telefonnummer ließ er vor Jahren einfach auf seinen Namen schalten. So konnte S. ganz legal die Hälfte der teuren Gebühren von jedem Anruf mitkassieren.

Der Apparat mit der 0190er-Nummer befand sich in einer leer stehenden Wohnung und wurde von eigens beauftragten Landsleuten rund um die Uhr angerufen - aus Telefonzellen und mit gefälschten Telefonkarten. Am Monatsende waren so weit über 100 000 Euro an fingierten Gebühren aufgelaufen, die Turaj S. überwiesen bekam und sofort vom Konto räumte. Bis heute läuft die Telekom hinter der riesigen Schadenssumme her. Ohne Erfolg. Denn da sind noch hohe Schulden.

Weil ihm die vielen Gläubiger hartnäckig auf den Fersen blieben, betrieb der smarte Perser seine Gastronomie im Hohenlimburger Werkhof zuletzt schon nicht mehr als deutsche Firma, sondern als englische „Limited“, eine Gesellschaft, die man schon ab einem Euro gründen kann.

„Wir haben uns alle gewundert, dass jemand mit einem solchen Lebenslauf dann auch noch eine Bank bekommt“, schüttelt ein bekannter Hagener Gastronom den Kopf. „Das war doch nicht sein erstes dreistes Bubenstück, was da passiert ist.“ Stimmt. Noch während Turaj S. munter seine Postbankfiliale in Stockum betrieb, flatterten ihm am 7. September und am 8. Dezember zwei weitere Anklagen der Staatsanwaltschaft Hagen ins Haus. Beide wegen Betrugs.