Witten/Herne. 21-Jähriger soll seiner vier Monate alten Tochter schwerste Kopfverletzungen zugefügt haben. Mann sitzt seit Montag in Untersuchungshaft.
Mit lebensgefährlichen Verletzungen ist ein vier Monate alter Säugling am Sonntag ins Krankenhaus gebracht worden. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen des Verdachts auf schwere Kindesmisshandlung und gefährliche Körperverletzung gegen den mutmaßlichen Kindsvater. Das Amtsgericht Witten erließ am Montag einen Haftbefehl gegen den 21-Jährigen. Der junge Mann sitzt jetzt in Hagen in Untersuchungshaft.
Ein altes Gutshaus im ländlichen Stockum. Mit großem Garten und Swimmingpool zwischen den hohen Bäumen. Hier bietet der Verein Pro Vita jungen Müttern, die mit ihrer Rolle überfordert sind, und ihren Kindern eine Bleibe für einige Monate. Rund-um-die-Uhr-Betreuung und ein engmaschiges Netz an Hilfsangeboten sollen die jungen Frauen anleiten, das Alltagsleben mit Kind vernünftig zu meistern.
Die 22-jährige Mutter aus Bergheim wurde vom dortigen Jugendamt in die Wittener Einrichtung vermittelt und lebte dort seit der Geburt ihrer Zwillinge mit den beiden Mädchen. Ihr 21-jähriger Freund, der ebenfalls aus dem Kreis Bergheim stammt, hatte sie am Wochenende in der Ruhrstadt besucht. Dabei rastete der junge Mann offenbar aus.
„Er will das Kind nur leicht geschüttelt haben, nachdem es geschrien hat”, erklärt der ermittelnde Oberstaatsanwalt Jochen Kodal. Das habe der Beschuldigte bei der Vernehmung gesagt. Tatsächlich erlitt das Kind einen Schädelbruch und Gehirnblutungen, wie später im Krankenhaus festgestellt wurde. Die Eltern hatten am Sonntag noch selbst den Notarzt gerufen, als das Mädchen kaum noch Luft bekam. Eine Ärztin im Marien-Hospital bemerkte laut Angaben der Polizei die schweren Kopfverletzungen.
Der Säugling wurde inzwischen in eine Herner Spezialklinik verlegt. Sein Zustand sei nach einer Notoperation stabil, Lebensgefahr könne aber weiterhin nicht ausgeschlossen werden, teilte die Polizei am Montag mit.
Auch die Zwillingsschwester des Opfers wurde vorsorglich im Krankenhaus untersucht. In dem Fall bestätigte sich der Verdacht auf Misshandlung nicht, so Oberstaatsanwalt Kodal. Die auffällige Fehlstellung des Arms habe das Mädchen schon seit der Geburt gehabt.
Mitarbeiterinnen der Stockumer Einrichtung zeigten sich geschockt über den Vorfall, wollten sich aber am Montag noch nicht dazu äußern. „Wir wissen selbst nicht, was passiert ist”, hieß es. Die 22-Jährige sei in Stockum ganz engmaschig betreut worden.
Das Bergheimer Jugendamt habe die junge Mutter in die Wittener Einrichtung vermittelt, weil eine ambulante Hilfe nicht mehr möglich gewesen sei, erläutert Wolfgang Weitz, Fachbereichsleiter für Jugend, Bildung und Soziales der Stadt Bergheim. Einen Grund, dem 21-jährigen Mann den Besuch bei Freundin und Kindern zu verweigern, habe es aber nicht gegeben, so Weitz. „Es hat eine ganze Reihe von Besuchen gegeben, die alle sehr harmonisch verlaufen sind.”
Ein unbeschriebenes Blatt ist das Paar allerdings nicht. Laut Oberstaatsanwalt Kodal wurde gegen die beiden jungen Leute bereits früher wegen des Verdachts auf Kindesmisshandlung ermittelt. Die Verfahren wurden allerdings eingestellt. Die beiden älteren von insgesamt vier Kindern der jungen Mutter leben inzwischen in Pflegefamilien. Ob der 21-Jährige der Vater der Kinder ist, steht in allen vier Fällen nicht fest und soll nun laut Staatsanwaltschaft per Vaterschaftstest geklärt werden. Zumindest seien die jungen Leute seit Jahren liiert, heißt es.