Herbede. Miles Grass und Sven Krüger kennen die Gastro-Szene auf dem Eff-eff. Jetzt haben sie die „Stadtschänke“ übernommen. Wie läuft‘s?
Herbede unter der Woche. Die Sonne schiebt sich mittags durch graues Gewölk. Die Temperaturen schrammen die 20-Grad-Marke. Frühsommer liegt in der Luft. Kein Wunder, dass auf der Meesmannstraße das Leben tobt. Autos schieben sich übers rote Pflaster, Kundschaft des Einzelhandels schlendert. Miles Grass sitzt beim Gespräch an einem Bistro-Tisch vorm Haus, und Geschäftspartner Sven Krüger steht auf einer Treppenstufe. Die beiden Gastronomen haben neues Leben in eine alte Gaststätte gebracht: Herbedes „Stadtschänke“. Seit Samstag steht das Duo am Tresen.
Ein Gesichtsausdruck erzählt zuweilen mehr als 1000 Worte. Miles Grass strahlt, und Sven Krüger hat Glanz in den Augen. „Es ist besser gekommen, als wir erwartet haben“, sagt Miles Grass, und Sven Krüger nickt. „Samstag war die Hölle los. Das ging schon um elf los. Und dann die Leute immer wieder in Wellen. Wir sind extra nicht bei Facebook reingegangen, weil wir Angst hatten, dass es sonst zu viel wird. Es war fast voller als bei den Herbeder Festtagen.“ Wie sind die Beiden an die Gastronomie geraten?
Miles Grass nimmt einen Zug seiner Selbstgedrehten: „Nach der Schule mit 17 als Aushilfe. Das ging dann ein paar Jährchen.“ Der gebürtige Annener hat, wie Sven Kröger, an vielen Tresen in der Region gestanden, in der „Stadtschänke“ zuerst. Das Duo kennt viele Zielgruppen, Edelservice bei Galas inklusive: „Und dann haben wir die Nachricht erhalten, der Laden wird hier wieder frei, ja, und dann wir haben wir zugegriffen.“
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Der Laden ist nicht irgendeine Bierschwemme, die „Stadtschänke“ war jahrzehntelang Herbedes Dorftreff. Wirtin Ulrike Mittelkötter gehörte zum Stadtteil wie Pommes zur Currywurst. Und dann kam Corona. Die Pandemie machte Ulrike Mittelkötter zu schaffen. Sie zog sich aus dem Geschäft zurück. Martin Gentele übernahm, auch er hat längst den Zapfhahn hochgedreht. Und nun?
Das Bier strömt wieder. Vier Sorten vom Fass strömen in die Gläser, darunter fränkisches Zwick’l. Die Getränke werden gern genommen. Schon mittags stehen etliche Junggebliebene am Tresen und zischen sich ein Kaltgetränk.
Die Mittagskundschaft kommt aus dem Ortsteil. Man kennt sich, man grüßt sich, man quatscht miteinander. Vereinsanbindung haben Miles Grass und Sven Krüger auch. Kontakte gibt’s zur Feuerwehr und auch zu den Schützen im Dorf.
Kein Wunder: Miles Grass und Sven Krüger haben sich beim Renovieren der Traditionsgaststätte in Pausen immer wieder vor der Tür gezeigt. Das zeigte Wirkung. Facebook-Werbung war nicht nötig. „Die Pausen“, zitiert Miles Grass seinen Kompagnon, „waren sehr gesprächsintensiv.“
Auch beim Gespräch draußen vor der Tür nutzen Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner die Chance, mit den beiden Jung-Gastronomen ein Schwätzchen zu halten.
Laufkundschaft und Bike-Gemeinde
Dazu kommt nachmittags Laufkundschaft, buchstäblich, Wandersleute vom Kemnader Stausee, auch die Bike-Gemeinde macht inzwischen in der „Stadtschänke“ Stopp.
Miles Grass (25) und Sven Krüger (26) sehen ihre Wirtschaft als Drei-Generationen-Treff, und wie es scheint, geht ihre Rechnung auf. Die Rechnung soll auch weiter aufgehen. Die beiden Gastronomen versichern, mit einem langfristig tragfähigen Konzept unterwegs zu sein.
Optisch haben sie den nostalgischen Charme des Lokals erhalten. Lediglich die Dart-Scheibe steht inzwischen in einem eigenen Raum. Zwei Fernseher signalisieren: Event-Fußball kann bei schäumenden Getränken zu überschäumender Begeisterung führen – wenn ein Kick öffentlich-rechtlich gezeigt wird. Doch was ist, wenn der kleine Hunger kommt?
Miles Grass und Sven Krüger wissen, dass die „Stadtschänke“ einst als Schnitzelhaus galt. Bisher werden lediglich Getränke gereicht. Doch das soll sich in Zukunft ändern. Kleine Gerichte sind geplant. Miles Grass und Sven Krüger geben sich bei all dem bodenständig: „Wir wollen das Rad nicht neu erfinden – wir wollen es nur zum Laufen bringen.“