Witten. In Witten ist die Zahl der Straftaten 2023 gesunken. Doch Gewaltdelikte haben zugenommen. Und immer öfter sind die Täter minderjährig.
Witten stemmt sich gegen den landesweiten Trend: In der Ruhrstadt ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen - von 7446 in 2022 auf nun 6952 Taten. Doch diese positive Nachricht hat auch Schattenseiten. Denn Gewaltdelikte und Körperverletzungen haben zugenommen. Und immer mehr Kinder und Jugendliche werden zu Tätern.
Dabei hat die Straßenkriminalität insgesamt abgenommen. Darunter fallen im Prinzip alle Taten, die im öffentlichen Raum begangen werden, also etwa sexuelle Belästigung, Körperverletzung, aber auch Raubüberfälle und Fahrraddiebstahl. Mit 1415 Vergehen liegt die Wittener Quote nicht nur klar unter Vorjahresniveau (1575), sondern auch auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der strukturierten Datenerhebung der Polizei 1996.
Mehr Taschen- und Ladendiebstähle in Witten
Der Rückgang sei deshalb besonders wichtig, weil genau diese Taten die für die Menschen „sichtbare“ Kriminalität sei und das persönliche Sicherheitsempfinden beeinflusse, sagte Ralf Gromann, Leitender Kriminaldirektor, bei der Vorstellung der jüngsten Kriminalitätstatistik für das Polizeipräsidium Bochum (mit Witten und Herne).
Hochgeschnellt sind dabei aber die Taschendiebstähle. 131-mal passierte das im letzten Jahr – im Zehnjahresvergleich ein Allzeithoch. 2022 lag die Zahl der Diebstähle noch bei 103, 2019 bei 62. Es wurden auch deutlich mehr Ladendiebe erwischt: 549, ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im gesamten Einzugbereich des Präsidiums gab es sogar einen Anstieg um 30 Prozent. Polizist Gromann sieht wirtschaftliche Probleme im Zuge von Inflation und Energiekrise als möglichen Erklärungsansatz für diese Entwicklung.
Weniger Fahrraddiebstähle und Sachbeschädigungen
Dafür wurden im vergangenen Jahr deutlich weniger Fahrräder gestohlen. Die Polizei zählt 152 Fälle, im Jahr zuvor waren es noch 223. Enorm gesunken sind auch Sachbeschädigungen. 814-mal wurde ein solches Delikt der Polizei gemeldet. 2017 waren es noch über 1300 Fälle. Seitdem zeigt die Entwicklung nach unten. Die Zahl der Wohnungseinbrüche hat sich mit 141 in etwa wieder auf Vor-Corona-Niveau eingependelt.
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Wie auch anderswo ist in Witten die Gewaltkriminalität im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen (von 238 auf 251). Darunter fallen Totschlag, Vergewaltigung oder schwere Körperverletzung. Der Wittener Wert liegt, wenn man die letzten zehn Jahre betrachtet, damit aber im Durchschnitt. Dennoch beobachtet die Polizei die Entwicklung mit Sorge. „Statt zu diskutieren, wird eher mal zugeschlagen“, sagt Ralf Gromann. Das Konfliktpotenzial steige, vielen fehlten Lösungsstrategien.
Immer mehr Kinder werden zu Tätern
Besonders besorgniserregend: Immer mehr Kinder und Jugendliche werden zu Täterinnen und Tätern. Bestraft werden können die Unter-14-Jährigen für ihre Vergehen zwar noch nicht. Die Polizei führt sie dennoch als Tatverdächtige in ihrer Statistik. 2020 wurden 69 Kinder unter 14 Jahren als Verdächtige ermittelt. 2023 waren es schon 177. Das ist eine Erhöhung um über 155 Prozent. Bei den Jugendlichen ist ist die Täterzahl im gleichen Zeitraum von 202 auf 306 gestiegen.
Noch deutlicher ist der Sprung, wenn man nur die Gewaltkriminalität betrachtet. Die Zahlen bei den Jugendlichen haben sich in den vergangenen zehn Jahren hier mal leicht nach oben, mal nach unten bewegt. 2023 wurde mit 41 beschuldigten Jugendlichen ein Höchststand erreicht. In der Altersgruppe bis 14 gab es 2023 sogar 42 Tatverdächtige. Selbst im Vergleich mit der Vor-Corona-Zahl von 22 Kindern ist das ein enormer Sprung.
Medienkompetenz sei hier ein wichtiges Stichwort, sagt Polizist Ralf Gromann. „Heute kann ja jeder im Internet alle möglichen Gewalttaten ungefiltert sehen. Das macht was mit den Menschen“, so der 60-Jährige. Wie bei den Erwachsenen werde schneller zugeschlagen, um Konflikte zu lösen. Und dann wären da ja noch die Jahre der Pandemie, in denen Kinder und Jugendliche zeitweise komplett von Altersgenossen getrennt waren.
Der Anteil an Ausländern unter den in Witten ermittelten Tatverdächtigen ist von 31,8 auf 31,4 Prozent gesunken. NRW-weit sind es rund 35 Prozent – Tendenz steigend. Dennoch heißt das, das rund jede dritte aufgeklärte Straftat in Witten von einem Menschen ohne deutschen Pass verübt wurde – bei einem Bevölkerungsanteil von 13,5 Prozent.
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Noch eine erfreuliche Zahl zum Schluss: Die Aufklärungsquote über alle Arten von Delikten hinweg lag in Witten 2023 bei 58 Prozent. „Das ist der höchste Wert seit den 90er-Jahren“, sagt Kriminalrat Thorben Lommel. Besonders hoch sind die Werte bei schweren Delikten, etwa Körperverletzung (88 Prozent), besonders niedrig etwa bei Einbrüchen (6,8 Prozent). Denn hier handele es sich meist um professionelle fahrende Banden aus dem Ausland. Ihrer habhaft zu werden, ist deshalb besonders schwierig.
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