Witten/Bochum. Eine Propellermaschine hat Anwohner in Witten, Bochum und Dortmund nachts aufgeweckt. Vier Stunden lang flog der Pilot ein bestimmtes Raster.

Das Dröhnen eines kleinen Flugzeugs hat im östlichen Teil des Ruhrgebiets Anwohner um den Schlaf gebracht. Mehrere Stunden lang flog die Propellermaschine engmaschige Bahnen am Himmel. Das belegt auch eine Aufzeichnung des Portals „Flightradar24“, das Flugbewegungen am Himmel dokumentiert. Das mysteriöse Treiben hat einen wissenschaftlichen Hintergrund.

Tatsächlich war laut dem Portal in der Nacht von Freitag, 8.3., auf Samstag ein Beobachtungsflugzeug des Typs „Vulcanair P68 Observer“ unterwegs, mit Besitzern in den Niederlanden. Gestartet war es offensichtlich am Flughafen Dortmund, um nach einigen Stunden am Flughafen Münster/Osnabrück wieder zu landen. In der Zwischenzeit wurde in einem engmaschigen Raster eine Fläche über dem südlichen Dortmund, zwischen Witten-Stockum und Bochum-Langendreer auf der einen und Schwerte sowie Holzwickede auf der anderen Seite, abgeflogen.

Flieger vermessen die Erde aus der Luft

Diese Flugbewegungen nach einem bestimmten Schema erstaunen Laien, sind für Piloten aber nichts Ungewöhnliches. Der Wittener Ingo Spengler ist Flugbetriebsleiter beim Münsteraner Anbieter „AVT Airborne Sensing“. Das Unternehmen vermisst mit hochmodernen Sensoren die Erde aus der Luft. AVT ist nicht für den Flug über dem östlichen Ruhrgebiet verantwortlich, es war ein niederländischer Konkurrent. Aber das Prinzip ist ähnlich. „Das sind Laser- oder Thermalflüge“, erklärt Spengler. Private Anbieter fliegen zum Beispiel im Auftrag des Landesvermessungsamtes, um Daten für Höhenmodelle zu sammeln. Bei Thermalflügen wird ermittelt, „wo die Erde am meisten abkühlt oder wo es Hitzeinseln gibt, weil die Bürger zu viel heizen.“

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Schwachstellen in der Gebäudedämmung finden

Die Geschichte hinter den mysteriösen Flugbewegungen hat der Stockumer Journalist Marek Schirmer herausbekommen: Dahinter steckt das Forschungsprojekt CATCH4D (Climate Adaptation through Thermographic Campaign and Heatmapping). Das Dortmunder Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) und die Stadt Dortmund lassen zurzeit 3D-Wärmebilder von Häusern erstellen. Die Thermografiebilder sollen nach der Auswertung Schwachstellen in der Gebäudedämmung zeigen. Die Daten werden Immobilienbesitzern zur Verfügung gestellt, damit diese sich ein Bild von der Energieeffizienz ihres Gebäudes machen können.

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Das Projekt ist nur auf die Stadt Dortmund beschränkt. Aufnahmen aus Städten wie Bochum, Herdecke, Holzwickede, Schwerte und Witten, die ebenfalls überflogen wurden, werden nicht ausgewertet. Das Brummen wird übrigens wiederholt: Weil nur der südliche Teil Dortmund erfasst wurde, sind weitere Flüge geplant, sagt Theresa von Bischopink von der ILS-Stabsstelle. Wann diese erfolgen werden, hängt vom Wetter ab.

Es gibt übrigens einen einfachen Grund, warum diese Flüge nachts stattfinden. „Zum einen ist nachts die Luft am ruhigsten“, so der Berufspilot Ingo Spengler. Zum anderen sei dann der Dortmunder Flughafen geschlossen und es gibt am Himmel „freie Fahrt“. Der Flug über Stockum und Langendreer wurde in 1 bis 1,3 Kilometer Höhe durchgeführt. „Eigentlich dürften Anwohner das nicht hören“, schätzt Spengler. Von wegen: In Facebook-Gruppen in Stockum und Langendreer haben sich am Wochenende viele Nutzer und Nutzerinnen gewundert. Alle zehn Minuten hat es über ihren Köpfen gebrummt, und das von 23 bis ca. 3 Uhr.

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