Witten. Der Schritt war lange angekündigt: Sahra Wagenknecht hat ihre eigene Partei gegründet. Werden ihr die Wittener Linken nun folgen?
Die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat ihre Ankündigung wahr gemacht und eine neue Partei gegründet. Während in mehreren Städten bereits zahlreiche Linke der Frontfrau folgen, ist die Austrittswelle in Witten bislang ausgeblieben. Im Gegenteil: Der Ortsverband Witten/Wetter sieht sich vielmehr im Aufwind.
Der Austritt von Sahra Wagenknecht im Oktober 2023 ist für Ulla Weiß, die Sprecherin der Wittener Linken, längst überfällig gewesen. Schon das Buch „Die Selbstgerechten“, das die Bundestags-Politikerin 2021 veröffentlicht hatte, hatte die Wittenerin zutiefst verärgert. „Wagenknecht vertritt darin anti-ökologische, ordoliberale und ausländerfeindliche Ansätze“, kritisiert Weiß. Deswegen sei sie auch als Sprecherin des Kreisverbandes Ennepe-Ruhr zurückgetreten. Bei solchen Themen in der eigenen Partei: „Da musste ich mich einfach ein Stück aus der vorderen Reihe zurückziehen“, sagt die 63-Jährige.
Wittener haben mit dem weitergemacht, was sie für richtig halten
Sie habe sich damals auf die Politik im Kreisverband konzentriert. „Hier in Witten haben wir weiter mit dem gemacht, was wir für richtig halten“, so Weiß. Soziale Politik, Hilfe für Geflüchtete, Stärkung des Klimaschutzes - das seien weiterhin die Themen der Linken im Rat der Ruhrstadt geblieben.
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Unter den Veröffentlichungen von Sahra Wagenknecht in den letzten beiden Jahren habe Ulla Weiß, wie sie sagt, dennoch sehr gelitten. „Ich dachte mir bei jeder Pressemitteilung von ihr: Nein, nein, nein, so nicht.“ Den Parteiaustritt der einstigen Linken-Vorzeigefrau habe sie daher herbeigesehnt. „Es ist gut, dass sie nun endlich eigene Wege geht - schade nur, dass sie auch die Mandate mitgenommen hat.“
Die Mehrheit steht zum linken Programm der Partei
Sorgen, dass Wagenknecht außer den Mandaten auch künftig bundesweit noch viele Mitglieder mitnehmen könnte, macht sich die Wittener Fraktionsvorsitzende nicht. „Die Mehrheit der Partei steht zum linken Programm und ihrem Co-Vorsitzenden Martin Schirdewan“, ist sich Weiß sicher. Das hätten die letzten Monate gezeigt.
Auch in Witten habe sich die Sorge, viele Mitglieder könnten Wagenknecht folgen, nicht bewahrheitet. Anders als in Herdecke, wo der ehemalige Fraktionsvorsitzende Dieter Kempka die Partei verlassen hat und bei Wagenknecht eintreten will, seien in Witten alle Ratsmitglieder und auch die sachkundigen Bürger den Linken treu geblieben, so Weiß.
Absolute Zahl der Mitglieder ist gestiegen
Die absolute Zahl der Mitglieder in Witten sei zudem nicht nur stabil geblieben, sondern gestiegen - auf jetzt 52. Sieben Eintritte habe es in den letzten drei Monate gegeben. „Und es ist sicher kein Zufall, dass es sie jetzt gegeben hat“, sagt Weiß. Sie hoffe, dass sich dieser Aufwärtstrend auch auf der Kreisverbandsebene widerspiegeln werde.
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Jetzt sei es an der Zeit, den Streit um die Ausrichtung der Partei zu beenden und wieder mit linken Inhalten zu punkten. „Die Klimakrise, die Verschärfung beim Bürgergeld: Es gibt aktuell so viele Themen, bei denen wir mit unseren linken Positionen in die Zeit passen und Anstöße geben können“, so Weiß. Nun gehe es darum, bei denen Mehrheiten zu finden, um etwas bewegen zu können.
Dass Sahra Wagenknecht mit ihren Gefolgsleuten die Linken in den Gremien verdrängen könnte, davor ist Ulla Weiß nicht bange. „Im Osten wird sie vielleicht erfolgreich sein. Aber im Westen haben wir schon genügend rechte Parteien. Leider.“
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