Witten. Hier steigt fast nie jemand ein oder aus: In Durchholz liegt die am wenigsten genutzte Bushaltestelle Wittens. Ein Besuch vor Ort lohnt trotzdem.
- Seit 2020 fährt die Bogestra mehr Haltestellen im ländlichen Raum an
- Besonders selten stoppen die Busse in Durchholz
- Dabei ist die Anbindung gut: Die Linie 379 fährt nonstop zum Ruhrpark
Der Wind pfeift über die Durchholzer Straße, die Vögel zwitschern in der Morgensonne und ab und zu fährt ein Auto vorbei. Einmal pro Stunde kommt auch der Gelenkbus der Linie 379 - und düst mit Selbstverständlichkeit ohne zu Stoppen weiter in Richtung Sprockhövel. Kein Wunder: Hier steigt seltenst jemand aus oder ein. Laut Bogestra ist „Durchholzer Hof“ die einsamste Haltestelle in ganz Witten.
Es ist wirklich einsam hier, aber auch schön: Hügelige Wiesen, weidende Pferde, schmucke Fachwerkhäuser, ein paar geparkte Wohnwagen und Traktoren: Idylle, so weit das Auge reicht. Die Haltestellenschilder stehen am Straßenrand, einen Bürgersteig gibt es nicht. Wer hier aussteigt, steht im matschigen Gras - wenn man denn aussteigt.
„Wer hier sich entscheidet, hier zu leben, hat ein Auto“
„Also ich wohne jetzt seit sieben Jahren hier und habe dort noch nie jemanden stehen sehen“, sagt Dana Luttermann. „Wer sich entscheidet, hier zu leben, hat ein Auto.“ Die Anwohnerin weiß nicht einmal, welche Linie die Haltestelle vor ihrer Haustür bedient. Großes Erstaunen, denn die Anbindung ist gut! Die Linie 379 fährt von Durchholz über Witten und Langendreer nach Bochum-Harpen - nonstop zum Ruhrpark. 70 Minuten wäre man dabei unterwegs. In die andere Richtung geht es nach Sprockhövel-Haßlinghausen. Beide Haltestellen werden stündlich in beide Richtungen angefahren – auch samstags.
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Giulia Depalmas fährt den 379er. „Das hier ist sogar eine meiner Lieblingsstrecken“, sagt sie. Anders als im Stadtverkehr könne sie hier einfach fahren. Und der morgendliche Sonnenaufgang über den Hügeln sei „einfach der Hammer“. Auf der Strecke gebe es mehrere Haltestellen, die praktisch kaum genutzt werden. „In der Mutte“ etwa. „Da habe ich ein paar Schülerinnen, die morgens einsteigen und nachmittags aus. Irgendwann kennt man sich“, erzählt die Busfahrerin, während sie am Durchholzer Platz gerade eine Pause einlegt.
Der Durchholzer Platz ist so etwas wie ein Verkehrsknotenpunkt. Hier trifft sich, was Rang und Namen hat: also die modernen Gelenkbusse der Linien 375 und der 379. Sie halten in einer Wendeschleife, in der es sonst nur Altpapiercontainer und einen Briefkasten gibt und man theoretisch umsteigen könnte.
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Kurz hinter dem Durchholzer Platz kommt die Haltestelle „Durchholzer Hof“. Ist sie wirklich die einsamste im Stadtgebiet? „Das ist die Einschätzung unserer Busfahrerinnen und Busfahrer“, begründet Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns den Titel. Eine Fahrgastzählung würde dies nicht belegen. Und könnte eine so unwirtschaftliche Haltestelle nicht einfach gestrichen werden? „Nein, das ist öffentliche Daseinsvorsorge.“ Bruns ergänzt mit Blick auf die wenigen Schulkinder: „Auch eine einsame Haltestelle hat ihre Berechtigung.“
Seit 2020 fährt die Bogestra mehr Haltestellen im ländlichen Raum an. Die jährliche Fahrstrecke ist im Betriebsgebiet um 1,9 Millionen Kilometer (plus 7,5 Prozent) aufgestockt worden. Auch der Fuhrpark wurde um zehn Straßenbahnen und um 25 Busse vergrößert, im Fahrdienst wurden zudem 120 neue Mitarbeitende eingestellt.
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Am „Durchholzer Hof“ ist davon nur wenig zu merken. Ein Zwischenstopp lohnt sich trotzdem. Allein schon für den wunderschönen Blick von der Kuppe auf die tieferliegenden Felder und Wiesen. Oder um von dort eine Wanderung zu starten. Und wem das dann zu viel der Einsamkeit ist, kann auf dem Rückweg einfach am Ruhrpark aussteigen.
Diesen Text haben wir erstmals am 9. Januar veröffentlicht. Wir finden ihn so lesenswert, dass wir ihn noch einmal publizieren.