Witten. Die Polizei hat eine Wittenerin geehrt, die sich von Trickbetrügern nicht hereinlegen ließ – und dafür sorgte, dass die Handschellen klickten.

Endlich konnte die Polizei mal wieder falsche Kollegen festnehmen, die es als Trickbetrüger gerade auf ältere Menschen abgesehen haben. Den entscheidenden Tipp bekamen sie von Beatrix E. aus Annen.

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„So besonders finde ich eigentlich gar nicht, was ich gemacht habe. Für mich war das selbstverständlich“, sagt die 67-jährige Hausfrau bescheiden. Doch was sie getan hat, trauen sich nur die wenigsten – wenn sie das böse Spiel der Betrüger denn überhaupt durchschauen. Was passiert war?

Die alte Masche: „Übergeben Sie alle Wertgegenstände der Polizei“

Ende September klingelte bei der Frau am späten Vormittag das Telefon. Es meldete sich ein vermeintlicher Polizist (der natürlich keiner war) von der Wache an der Casinostraße. Er tischte eine der üblichen Lügengeschichten auf.

Die Polizei habe nach einem Überfall in der Nähe ihrer Wohnung einen der vier Täter festgenommen und bei ihm eine Namensliste gefunden, auf der angeblich auch Beatrix E. stand. Er forderte die Rentnerin dazu auf, ihre Wertgegenstände sicherheitshalber der Polizei zu übergeben. „Ich sollte mein Geld zählen und den Schmuck wiegen.“

Beatrix E. tat (angeblich) wie befohlen und erfand eine bestimmte Menge an Schmuck und Bargeld. „Das reichte ihm aber nicht“, erinnert sich die Wittenerin, die inzwischen ihren Mann signalisiert hatte, er möge die „echte“ Polizei anrufen. Um den Betrüger am anderen Ende der Leitung bei Laune zu halten, gab sie an, es gäbe ja auch noch ein paar Goldmünzen.

Der Trickdieb forderte die Frau auf, alles in einen Beutel zu packen und ihn an der Mülltonne vorm Haus zu hinterlegen. Ihre Adresse brauchte sie gar nicht zu nennen. „Die wusste der.“ Der Name ihres Mannes steht ja mit Anschrift im Telefonbuch.

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Beatrix E. hatte von Anfang gemerkt, dass etwas nicht stimmt. „So würde kein Polizist sprechen, so dramatisch.“ Und die Geschichte von dem Überfall sei ja genauso ein Lügenmärchen gewesen wie jene, vor denen die Polizei immer warnt. Aber Beatrix E. tat so, als würde sie dem Betrüger glauben. Sie hatte ja schon Erfahrung.

Es war der dritte Anruf dieser Art, den sie in rund zwei Jahren bekommen hat Aber diesmal merkten die Trickbetrüger nicht, dass ihr „Opfer“ die Sache längst durchschaut hatte. „Ich habe anderthalb Stunden mit dem Mann telefoniert“, sagt die Annenerin.

Polizeipräsident bedankt sich persönlich bei Frau aus Witten

„Der hat mir erzählt, dass er Koch war, bevor er zur Polizei kam, und hat mich viel gefragt, auch nach meiner Familie. Aber ich habe ihm natürlich auch nicht die Wahrheit gesagt.“ Mittlerweile war die echte Polizei mit zwei Zivilbeamten in ihrer Wohnung eingetroffen.

Schmuck und Geld wurden wie mit dem betrügerischen Anrufer vereinbart in der Restmülltonne deponiert. „Dann haben wir auf den Abholer gewartet“, erinnert sich die Frau. Währenddessen blieb sie wie verlangt die ganze Zeit am Telefon. „Der wollte ja nicht, dass ich in der Zwischenzeit jemanden alarmiere.“

Tatsächlich erschien dann ein Unbekannter. Als er sich der Mülltonne näherte, griffen die echten Polizisten zu. Der Verdächtige wurde festgenommen und kam in in U-Haft.

Polizeipräsident verleiht Wittenerin aus Dank eine Medaille

Für ihren tapferen Einsatz bedankte sich der Bochumer Polizeipräsident jetzt persönlich bei der Wittenerin. „Ich bin beeindruckt von Ihrer beherzten Art und Cleverness, die Sie an den Tag gelegt haben“, sagte Jörg Lukat. Als Zeichen des Danks und der Anerkennung bekam Beatrix E. sogar eine Medaille.

„Leute wie ich, die noch fit im Kopf sind, können doch genauso handeln wie ich“, hofft die 67-Jährige auf Nachahmer in ähnlichen Situationen. Nur so könne man den gemeinen Betrügern das Handwerk legen. „Man kann sie zumindest stören. Die Haupttäter im Hintergrund erwischt man ja leider meistens nicht.“

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