Witten. Eine Woche nach Aufstellung am Rheinischen Esel in Witten sind zwei niedliche Skulpturen enthauptet worden. Vielleicht war es kein Vandalismus.

Nur eine Woche nach ihrer Aufstellung sind zwei lebensgroßen Esel-Skulpturen in Witten die Köpfe abgeschlagen worden. Die Enthauptung der sympathischen Kunstwerke auf dem Rad- und Spazierweg Rheinischer Esel in Annen lässt viele Wittener fassungslos zurück. Die Künstlerin vermutet aber: Hier ging es nicht um Vandalismus. Die Esel seien vielmehr Opfer eines gezielten Kunstraubs geworden.

„Das klingt vielleicht naiv“, sagt Vivien Knoth, die mit ihrem Verein Kreativquartier Annen das Projekt zur Gestaltung des Rheinischen Esels initiiert hat. „Aber wir haben nicht Anzeige erstattet. Uns interessiert sehr, warum jemand so etwas macht. Was war der Sinn dahinter?“ Die Kunstgruppe hofft, dass der oder die Täter sich – vielleicht sogar anonym – melden und ihr Tun erklären. „Wenn die Eselköpfe so sehr gefallen, hätte man sie doch einfacher bei mir im Atelier bestellen können“, sagt Heike Fischer.

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Aktuell tragen die Esel eine Tüte überm Kopf – damit es nicht in den Hohlkörper regnet.
Aktuell tragen die Esel eine Tüte überm Kopf – damit es nicht in den Hohlkörper regnet. © Vivien Knoth

Die Bildhauerin hat ihre Esel aus glasfaser- und kunststoffverstärktem Gips gefertigt – ähnlich wie die „Geflügelten Nashörner“, die einst in der Nachbarstadt Dortmund standen. Rückt man diesem Material brachial zu Leibe, bricht es regelrecht auf.

Die Eselköpfe wurden aber mit einem relativ glatten Schnitt abgetrennt, so dass jemand entsprechendes Werkzeug mitbringen musste. Auch die Distanz zwischen beiden Kunstobjekten spreche gegen spontanen Vandalismus und für gezieltes Handeln. Zwischen den beiden Standorten liegen etwa 1,8 Kilometer.

In der Nacht zu Sonntag (29.10.) wurde einem Esel der Kopf gekappt und entwendet. Der zweite Eselskopf hing noch an der Skulptur. Diesen konnte Vivien Knoth retten. Vielleicht, vermutet sie, hängt der erste Kopf jetzt bei jemandem im Wohnzimmer.

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Sprichwörtlich ihre Köpfe hängen lassen, wollen die Künstlerinnen aber nicht. „Uns ist ganz wichtig, dass wir konstruktiv mit dem Fall umgehen“, sagt Knoth. Seit sieben Jahren stellt das Kreativquartier öffentlich und frei zugänglich Kunst aus.

„Und wir haben durchweg positive Erfahrungen gemacht. Es ist nie etwas mutwillig beschädigt, besprüht oder bemalt worden“, sagt die Wittenerin. Der Kreativverein sei sich bewusst, „dass immer so etwas passieren kann“. Man müsse sich auf dieses Risiko einlassen, wenn man gestaltend in den öffentlichen Raum eingreifen möchte. Vivien Knoth: „Die Alternative ist nämlich: Nichts mehr zu machen.“

Dritte Eselsskulptur ist noch in Arbeit

Bei der Arbeit: Mitte Oktober stellte Heike Fischer (li.) zwei von drei lebensgroßen Eselsfiguren am Rheinischen Esel auf. Hier bekommt der Esel in „Annen-Süd“ seine Farbe.
Bei der Arbeit: Mitte Oktober stellte Heike Fischer (li.) zwei von drei lebensgroßen Eselsfiguren am Rheinischen Esel auf. Hier bekommt der Esel in „Annen-Süd“ seine Farbe. © Vivien Knoth

Heike Fischer musste schon schwer schlucken, als sie die Fotos von ihren geköpften Kunstwerken zugeschickt bekam, in die sie so viele Stunden Arbeit gesteckt hatte. Vor allem: Eine dritte Eselsskulptur hat sie gerade in ihrem Atelier in Arbeit, sie sollte am kommenden Wochenende aufgestellt werden. „Und jetzt muss ich erst einmal die beiden anderen reparieren.“

Skulpturen entlang des Rheinischen Esels

Eine 2,3 Kilometer lange Strecke des Rheinischen Esels haben fünf Künstlerinnen und Künstler sowie zwei Mitglieder der Wittener Heimatvereine vor Kurzem gestaltet. Auch die Esel der Künstlerin Heike Fischer zählen zu den Objekten des „Kunstspaziergangs“, der am 21. Oktober eingeweiht wurde und mindestens fünf Jahre Bestand haben soll.

Mit der Aktion soll der Radweg zum Wittener Kulturort, als Teil der Wittener Identität aufgewertet werden. Vier „Audiowalk“-Stationen geben dazu Einblick in die Geschichte der einstigen Bahntrasse. Die Gips-Esel haben deswegen QR-Codes aufgedruckt. Scannt man diese ab, kann man Wissenswertes hören oder lesen.

Die Esel sollen auf jeden Fall wieder aufgebaut und wahrscheinlich mit Beton verstärkt werden, damit die Statik weniger verletzlich ist. Erst hatte Heike Fischer, die übrigens gelernte Tier-Präparatorin ist, überlegt, den enthaupteten Eseln jeweils einen grimmig guckenden Menschenkopf aus Gips zu verpassen. „Damit man sieht, wozu Menschen fähig sind.“

Andererseits sei es ja so: Dem einen bösen Menschen stünden Hunderte gegenüber, die sich an den Eseln erfreut hätten. Um künstlerisch deutlich zu machen, was passiert sei, „werde ich den Eseln einfach am Hals eine Narbe verpassen“.

Die Wittener Künstlerin Heike Fischer ist auch Mitglied im Wittener Künstlerbund. Einige ihrer Werke sind zurzeit in der Galerie Haus Herbede zu sehen.
Die Wittener Künstlerin Heike Fischer ist auch Mitglied im Wittener Künstlerbund. Einige ihrer Werke sind zurzeit in der Galerie Haus Herbede zu sehen. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis

Für den Wiederaufbau der Esel-Skulpturen benötigen die Künstlerinnen finanzielle Hilfe und hoffen auf Spenden für die Materialkosten. Hier kann man überweisen: Kreativquartier Annen e.V., Sparkasse Witten, IBAN DE38 4525 0035 0001 0087 54