Witten. Ohne Test und ohne Termin shoppen zu können - das bringt auch die Kunden in die Stadtgalerie Witten zurück. Worauf die Center-Managerin setzt.
Nach monatelangen Lockdown-Einschränkungen ist das Shoppen in Witten seit dem 28. Mai wieder ohne einen negativen Coronatest möglich. Viele Einzelhändler in der Stadt atmeten auf. Auch die Stadtgalerie profitiert von den neuen Freiheiten, freut sich Center-Managerin Babett Arnold. „Wir hatten am letzten Mai-Wochenende eine Kunden-Frequenz wie in Vor-Corona-Zeiten. Auch viele Wittener scheinen derzeit nicht nach Bochum oder Dortmund zum Einkaufen zu fahren, sondern bleiben in der Stadt.“
Dies stimmt nicht nur Arnold zuversichtlich, sondern auch die, die im Center ihre Geschäfte betreiben. „Es läuft wieder super“, sagt strahlend Bettina Becking von Maxim-Shoes. Beim Einkaufen mit Test seien die Kunden noch sehr verhalten gewesen. „Jetzt ist alles toll, man merkt, die Leute haben Bock, wieder etwas zu kaufen.“ Zu denen, die mit Freude bummeln gehen, zählt auch Karin Kleffmann aus Wetter, die mit ihrer Freundin ins Center gekommen ist. Im Schuhgeschäft Deichmann, das mit hohen Preisnachlässen lockt, wurde sie fündig. Die 60-Jährige hat Sommersandalen erstanden, erzählt sie strahlend. Ein Wermutstropfen seien für sie nur die vielen Leerstände in der Galerie auf allen Etagen.
Ein Lebensmittelgeschäft hätte Platz auf der früheren C&A-Fläche im Center in Witten
Leere Ladenlokale - derzeit rund 13 - sind ein leidiges und jahrelanges Thema, das Center-Managerin Arnold jetzt, in Zeiten der Lockerungen, wieder angehen möchte. Während des harten Shutdowns, sagt sie, hätten Mietinteressenten darauf hingewiesen, sie müssten erst wieder einen normalen Center-Betrieb erleben, um eine Entscheidung für den Standort treffen zu können. Arnold: „Wir gehen jetzt wieder auf die Interessenten zu.“
Wie ihr Vorgänger Frederik Westhoff möchte die Immobilienökonomin gerne einen Lebensmittelmarkt ins Center holen. Denn Babett Arnold konnte beobachten, dass Malls, die solche Mieter haben, davon in harten Pandemie-Zeiten profitiert haben. Durch die Lebensmittelmärkte hätten die Center immer Kunden im Haus gehabt.
Arnold könnte sich einen Lebensmittel-Anbieter gut im Erdgeschoss der Stadtgalerie vorstellen, auf der großen ehemaligen C&A-Fläche und im angrenzenden früheren Ladenlokal von Esprit, in dem man jetzt das Corona-Testzentrum findet. Die Modekette C&A hatte Ende Februar 2019 - als Mieter der ersten Stunde - ihre Filiale in Witten aufgegeben. Die Center-Managerin hätte auch Interesse am Einzug eines Drogeriemarktes - bekanntlich auch häufig ein Kunden-Magnet.
Sportartikel-Anbieter stellt im August noch eine Mitarbeiterin ein
Die Zukunft der Galerie sieht Arnold in einem Mieter-Mix. Das Center habe in der Vergangenheit zu viel Kleidung angeboten, was nicht funktioniert habe, hatte sie unserer Redaktion bereits im vergangenen Jahr beim Auszug von Esprit im Erdgeschoss gesagt.
Gut läuft es nach Ende der Testpflicht fürs Shoppen wieder bei Feti Güvenc, Inhaber des Intersport-Geschäftes im Untergeschoss des Centers. „Wenn es so weitergeht wie in den vergangenen zwei Wochen, dann können wir uns nicht beklagen“, sagt er. Im August wird der 43-Jährige noch eine neue Mitarbeiterin einstellen und dann fünf Angestellte haben. „Dass uns die Leute wieder ohne Test und Termin besuchen können, wird sehr gut angenommen.“
Während des Shutdowns hat Güvenc sein Online-Geschäft weiter ausgebaut. „Das hat uns durch die Krise getragen.“ Dass die Pandemie noch nachwirkt, merkt der Sportartikel-Händler an seinen Wanderschuhen. Für Juli/August hat er noch welche bestellt. Wenn er jetzt noch nachordern müsse, könnte es sein, dass die Schuhe zum Teil erst im Dezember oder Januar in seinem Geschäft sein werden. „Die Hersteller kommen mit der Produktion nicht nach.“
Bäckerin für das Café Jané hat die Pandemie wirtschaftlich nicht überlebt
Center schließt abends um 19.30 Uhr seinen Durchgang
Seit dem 17. Dezember ist die Stadtgalerie abends nach Geschäftsschluss bis frühmorgens geschlossen. Wer durchs Center zum Bahnhof oder in die City laufen will, muss dann einen kleinen Umweg über die Poststraße machen (schmaler Gang am Haus mit den roten Backsteinen entlang). Hintergrund war, dass in der Mall nachts Obdachlose übernachteten. Die Center-Managerin sprach von Randale und Fäkalien in ihrem Haus.Babett Arnold will die abendliche Schließung, die mit der Stadt für die Zeit der Pandemie vereinbart worden war, nach Ende der Corona-Zeit beibehalten. Darüber werde sie mit der Stadt sprechen. Das Center schließt wochentags um 19.30 Uhr und öffnet morgens um 6 Uhr, wenn die Reinigungskräfte kommen. An Sonn- und Feiertagen ist der Durchgang der Stadtgalerie so lange geöffnet wie das Corona-Testzentrum und die Bäckerei im Erdgeschoss.
Wer sich nach einem Einkauf in der Stadtgalerie stärken möchte, kann wieder bei den Imbissen im Untergeschoss einkehren und vor Ort essen. „Das wissen viele noch nicht“, sagt Güvenc. Wer Lust auf Süßes oder Kaffee hatte, saß am Dienstagmorgen in der Stadtgalerie vor Café Jané in der Sonne. Mit dieser strahlte Betreiber Yusuf Kilinc um die Wette. Der Gastronom hat geschäftlich harte Monate hinter sich. „Wenn ich im Juni nicht wieder hätte öffnen können, hätte ich Insolvenz anmelden müssen.“ Sieben Monate war sein Café geschlossen. Die Bäckerin, von der Yusuf Kilinc seinen Kuchen bezog, habe die Pandemie wirtschaftlich nicht überlebt. „Sie ist pleite.“