Witten. Weil er versucht haben soll, bei Netto Lebensmittel zu stehlen, stand ein Wittener vor Gericht. Doch der Prozess nahm eine unerwartete Wendung.
Wegen gestohlener Lebensmittel im Wert von 9,99 Euro stand ein Wittener am Mittwoch (6.9.) vor dem Amtsgericht an der Bergerstraße. Weil der 43-Jährige bei seinem Besuch im Supermarkt im November vergangenen Jahres auch ein Messer in der Tasche hatte, war er zusätzlich wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt. Auch soll er einen Mitarbeiter des Discounters an der Ruhrstraße bedroht haben. Doch der Prozess verlief für alle Seiten unerwartet.
Die von ihm ausgesuchten Waren soll der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft zwar an einer Selbstbedienungskasse eingescannt, dann aber nicht bezahlt haben. Obwohl er von einem Mitarbeiter darauf hingewiesen wurde, dass der Bezahlvorgang fehl geschlagen war, versuchte der Wittener den Netto mit den Lebensmitteln zu verlassen. Der Verkäufer hinderte ihn daran, die Polizei wurde hinzugerufen.
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Angeklagter will bezahlt haben, bleibt aber den Beweis schuldig
Der 43-Jährige bestand vor Gericht darauf, bezahlt zu haben. Sein Handy, über das er die Zahlung abwickelte, habe ihm das angezeigt, versicherte er. Auf seinem Konto sei die Buchung vermerkt. Allerdings hatte der Angeklagte im Vorfeld zwei Mal die Chance verstreichen lassen, den entlastenden Kontoauszug einzureichen. „Nur deshalb sitzen wir ja heute hier“, sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Monstadt.
Und auch zum Prozess hatte der Angeklagte das Beweisstück nicht dabei. Das Gericht unterbrach seine Sitzung, um dem überfordert wirkenden Mann die Möglichkeit zu geben, das Papier aus dessen Wohnung zu holen. Laut Kontoauszug, den er dem Gericht dann vorlegte, hatte er zwar an jenem Tag etwas bei Netto gekauft – aber zu einer anderen Uhrzeit und über einen anderen Betrag. Woher die unterschiedliche Uhrzeit und die Differenz bei der Summe komme, könne er sich nicht erklären.
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Widersprüchliche Aussagen des Witteners machen Gericht stutzig
Auch sonst verwickelte der Mann sich immer wieder in Widersprüche, wies Aussagen zurück, die er selbst bei seiner Vernehmung durch die Polizei zu Protokoll gegeben hatte. Auf das Einhandmesser, ein verbotenes Klappmesser, das sich mit einer Hand öffnen lässt, angesprochen, berichtete er unter anderem über einen Wildschwein-Angriff, den er einmal erlebt habe. Seitdem führe er immer ein Messer mit sich. Auch über die Ruhrstraße würden die Wildtiere laufen – oder seien sie gelaufen.
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Auch wegen anderer unstimmiger Geschichten wurde das Gericht stutzig. Eine kurze Nachforschung ergab, dass der Angeklagte bereits zweimal einen Betreuer zur Seite gestellt bekommen hatte, 2015 und 2018. Zudem ist bei ihm eine psychische Grunderkrankung diagnostiziert, die seine Entscheidungsfähigkeit einschränken kann. Dies hatte er weder seiner Anwältin, noch dem Gericht mitgeteilt.
Das Schöffengericht sprach den 43-Jährigen daraufhin frei. Man sei davon überzeugt, dass er ohne Vorsatz gehandelt habe, also selbst davon überzeugt gewesen war, bezahlt zu haben und somit kein Unrecht zu begehen. „Aber das war keine Kleinigkeit“, redete Richterin Monstadt dem Mann ins Gewissen. Vor allem solle er künftig auf Messer verzichten.
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