Witten. Die Zahl der Wohnmobile auf Wittens Straßen hat sich mehr als verdoppelt. Die Nachfrage steigt weiter an – doch Kunden brauchen viel Geduld.

Die Zahl der angemeldeten Wohnmobile war noch nie so hoch wie in diesem Jahr: Die Nachfrage nach den rollenden Ferienwohnungen wächst. Doch die Anzahl der Fahrzeuge könnte noch mehr wachsen, wenn das Angebot nicht so begrenzt wäre. Der Wittener Wohnmobilhändler Lars Josuweck leidet unter Lieferschwierigkeiten. Statt wie einst 160 Mobile finden sich auf seinem Hof in diesem Jahr nur 30 Neufahrzeuge und 30 Gebrauchte. Die Wartezeit ist enorm.

Die Coronapandemie hat den Campingwagen Anschub gegeben. Die Händler wurden quasi leergekauft, weil alle lieber allein durch Norwegen mit dem Wohnmobil juckelten, als sich mit Maske und vielen anderen Menschen in Flugzeuge oder Kreuzfahrtschiffe zu setzen. Altgediente Camper konnten dann Menschen beobachten, die eine Spülmaschine und riesige Kühlschränke an Bord hatten sowie ein geräumiges Badezimmer mit Dusche. „Die ersten geben ihre jungen Gebrauchten schon wieder ab“, weiß Josuweck. Für einen guten Preis kann man die Modelle schnell weiterverkaufen.

Preissteigerung um 25 Prozent

Im Vergleich zum letzten Jahr seien Wohnmobile und Wohnwagen um etwa 25 Prozent teurer geworden. Der Grund? „Materialmangel, Beschaffungskosten, Lohnsteigerungen und betriebswirtschaftliches Denken“, formuliert es der Händler. Das Problem: Jeder Hersteller baut nicht selbst, sondern stellt die Fahrzeuge über Zulieferer zusammen – und ist darum auf sie angewiesen.

Gemütlich: So sieht ein Wohnmobil von innen aus.
Gemütlich: So sieht ein Wohnmobil von innen aus. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Was da in der Wittener Halle steht, lässt Staunen. Bei 115.000 Euro liegt manches Neufahrzeug. Der Unterbau ist immer gleich, der Aufbau variiert. Da gibt es Hubbetten, die per Knopfdruck von der Decke hinunterfahren, oder das King Size Bett mit verstellbarem Kopfteil. Am beliebtesten ist die Variante mit zwei Einzelbetten und Gang in der Mitte. Die Kunden, meist die Generation „Ü55“, stehen offenbar lieber bequem auf als zu kuscheln.

Meisten Kunden sind frisch vorm Ruhestand

Den überwiegenden Teil seiner Mobile verkauft Lars Josuweck an Menschen, die frisch vorm oder im Ruhestand sind. Mit großem Abstand folgt die Kategorie „Junge Familien“, die aber lieber einen Kastenwagen wählt. Auch in diesem sind Waschraum, festes Bett, Sitzecke fest verbaut. Was ist eigentlich kaufentscheidend? Es seien die kleinen Dinge, meist die Farbe der Polster oder der Gardinen.

8f086db0-0abe-11ee-871f-eda8ea4da986
© funkegrafik nrw | Anna Stais

Da guckt man auf das Forster-Modell für 69.900 Euro – haben Leute wirklich so viel Geld übrig? Offenbar. „Der Wertverlust eines Wohnmobils ist gering“, sagt der 51-Jährige. Seine Kunden kommen aus dem ganzen Bundesgebiet – sofern das begehrte Modell auf seinem Hof zu haben ist. Wer bestellt, wartet aktuell zwölf Monate. „Ich könnte pro Jahr 1000 statt 400 Autos verkaufen“, sagt der Mann, der zusammen mit seinem Bruder Thorsten das 1981 gegründete Unternehmen führt. Die Zahlen belegen den Trend: In zehn Jahren hat sich die Zahl der angemeldeten Wohnmobile im EN-Kreis mehr als verdoppelt. Von 1593 im Jahr 2013 zu 3471 in 2023.

Von der Renault-Werkstatt zum großen Händler

Kaum Wohnmobil-Stellplätze in Witten

Wohnmobil-Stellplätze sind in Witten Mangelware. Städte wie Hattingen, Wetter oder Herdecke locken mit netten Flächen direkt an der Ruhr, die von Touristen gern genutzt werden.

In Witten gibt es nur eine Fläche an der Blue Beach-Sandsporthalle (Luhnsmühle 2). Der Platz mit Strom, Frischwasser, Sanitäranlagen ist laut Betreiber Dirk Heemann in den Sommermonaten gut gebucht. Eine zweite Abstellmöglichkeit für acht Mobile gibt es beim Händler Josuwick an der Pferdebachstraße. Frischwasser, Entsorgung des Chemie-WCs sind möglich, Hunde erlaubt.

Die Josuwecks hatten eigentlich eine kleine Tankstelle mit Renault-Werkstatt in Persebeck. Dann wurden zwei Mobile zur Vermietung angeschafft. Das Geschäft brummte, es folgten der Umzug nach Witten und viele Erweiterungen des Gebäudes. An die Kette Fritz Berger, die ihre Campingzubehör-Geschäfte gern an Händler andockt, wird untervermietet.

Lesen Sie auch:

Viele schauen sich aber auch nur aus Neugier neue Wagen an. „Wir haben Kunden, die kommen jeden Samstag zum Gucken“, weiß Josuweck. So wie Ingrid und Martin Vollmer aus Wuppertal, die – natürlich – mit ihrem eigenen Bürstner vorgefahren sind. Sie erzählen direkt vom letzten Urlaub auf Usedom. Schon bei Soest steckten sie in einem dicken Stau, weswegen sie abfuhren und ihr Mobil am Möhnesee parkten. Da war es so schön, „wir sind drei Tage geblieben“, sagt Ingrid Vollmer. Das gleiche galt für den Stellplatz an der Havel, überhaupt werden nie mehr als 300 Kilometer zurückgelegt. Beim Wohnmobil ist eben der Weg das Ziel.