Witten. Hoch auf dem gelben Wagen saß er nicht, aber am Krankenbett! Vor 40 Jahren wurde Sänger Heino im Ev. Krankenhaus in Witten gesehen. Das kam so.
Die Besucher und Mitarbeiter des Evangelischen Krankenhauses in Witten trauten ihren Augen nicht: Da ging doch tatsächlich der Volkssänger Heino Kramm durch die Liegendeinfahrt und dann hoch ins Treppenhaus. Ließ er sich dort etwa behandeln?
Aber nein, sein Ziel war das krankenhauseigene Tonstudio im zweiten Stock, wo am 19. Juni 1983 ein Wunschkonzert für die Patienten lief. Der Ehrenamtler des Krankenhausfunks, Peter Dziadek, hatte vor genau 40 Jahren den Volkssänger in die Klinik eingeladen. Heino probte an dem Tag in der Dortmunder Westfalenhalle für einen Auftritt am Abend. „Chefsprecher“ Dziadek hatte ihn dort abgeholt und in die Ruhrstadt chauffiert.
Überraschungsbesuch auf der Chirurgie
Für rund 90 Minuten war der Mann mit der dunklen Brille zu Gast im Wunschkonzert des Krankenhausfunks. Der Moderator spielte erst „Blau blüht der Enzian“ und schwenkte dann salopp über zu dem Angebot, dass man auf Etage 2 den Sänger antreffen könne. Die tiefe Stimme aus dem Radio hat sicher dafür gesorgt, dass einigen Patientinnen ganz schwummerig zumute wurde.
Nach dem Interview gab Heino noch auf der Station 4 A/B – die er zufällig auswählte – freundlich Autogramme. Das war die Chirurgie, in der meist Patienten mit Knochen- und Leistenbrüchen oder Blinddarm-OPs lagen. Nach der Stippvisite fuhr der Herdecker Dziadek den Star zurück zu seinem Konzert nach Dortmund. Der damalige Studienrat am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Wetter erinnert sich noch gut an die Begegnung mit dem erfolgreichen Sänger: „Heino war ganz bescheiden und auch ganz ohne Starallüren.“
Viele Schlagersänger zu Gast im Krankenhaus
Der Blondschopf war nicht der einzige Schlagersänger, der beim Klinikradio zu Gast war. Vor ihm war Ende der 70er Jahre der Hagener Freddy Breck bereitwillig gekommen. Waren doch seine Hits „Überall auf der Welt“ und „Rote Rosen“ die Lieblingslieder der älteren Patienten. Beide Lieder waren Adaptionen von Klassikern aus „Nabucco“ von Guiseppe Verdi beziehungsweise aus „Dichter und Bauer“ von Franz von Suppé. Breck hieß bürgerlich Gerhard Breker.
1985 kam dann die junge Sängerin Heike Schäfer mit ihrem Riesenhit „Die Glocken von Rom“, den niemand anders als Ralph Siegel komponiert hatte, im EvK vorbei. Es blieb allerdings der einzige große Erfolg der blonden Sängerin mit der glasklaren Stimme. Schließlich soll die Pop-Band „Pur Harmony“ aus Dortmund noch erwähnt werden: Deren Musiker Matthias Kreuz und Matthias Kartner hatten 1994 in der Nachbarstadt den Heuler „Olé! Jetzt kommt der BVB“ herausgebracht und präsentierten ihn in einer Sendung mit Interview in Witten.
Wunschkonzert 1996 eingestellt
Die krankenhauseigene Sendung „Wunschkonzert“ wurde 1996, nach 20 Jahren, eingestellt. Weitere 20 Jahre war das Krankenhausstudio „on air“. Dort wurden die „Bürgerfunk-Beiträge“ produziert, die im Lokalradio abends ausgestrahlt wurden.
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Und was macht Peter Dziadek, der mit seinem Geniestreich Heino nach Witten geholt hatte, heute? Der „Radiobesessene“ (Eigenzitat) ist seit 2014 Vorsitzender der Veranstaltergemeinschaft von Radio Ennepe Ruhr, das seit Januar durch sein Verhandlungsgeschick nach zwei Jahren Pause wieder sendet – allerdings aus Wuppertal und auch ganz ohne Schlager.