Witten. . Michael Winkler geht mit dem Ruhrstadt-Studio in den „Ruhestand“. Am Mittwochabend (27. Januar) ist er ein letztes Mal im Radio zu hören.

Am Mittwochabend (27. Januar) um 20.04 Uhr endet eine fast 40-jährige Ära: Radio Ennepe-Ruhr strahlt die letzte Sendung aus dem Tonstudio im Evangelischen Krankenhaus aus. Es wurde zum 1. Januar geschlossen, weil die Klinik den Platz braucht – wofür, steht noch nicht fest. Auch Moderator Michael Winkler wird sich damit von den Zuhörern verabschieden. „Ich will kein Radio-Opa werden“, sagt der 64-jährige Diplom-Pädagoge, der mit Leib und Seele Bürgerfunker war.

Werden Sie sich Ihre Sendung mit dem Titel „Wintergrüße 2016“ heute Abend anhören?

Michael Winkler: Ja klar – weil das aus dem Lautsprecher im Wohnzimmer einfach ganz anders klingt als bei der Aufnahme vor Ort. Bürgerfunk ist nie live, sondern immer eine Vorproduktion. Der Chefredakteur muss gegenhören, ob nichts Falsches darin vorkommt, zum Beispiel auch keine Werbung.

Da kommt doch sicher Wehmut auf...

Schon, aber das mit dem „weinenden Auge“ war eigentlich letzten Freitag. Da haben wir drei Bürgerfunker von Antenne Witten – außer mir noch Dieter Pfarre und Marek Schirmer, der gerne weitermachen möchte – die wichtigsten Dinge aus dem Tonstudio rausgeholt. Das war fast so, als würde man die Wohnung der Eltern leerräumen. Die Technik kann man ja nicht mehr verkaufen, das ist ja alles altertümlich. Und solche Sachen wie der Regietisch, den der damalige Hausschreiner gefertigt hat, die werden jetzt zerhackt. Und die alte braune Sprühtapete, die bröselte eh schon von der Wand. Ach, ums mit einer Zeile aus Freddy Quinns Lied „Heimweh“ zu sagen: „So schön, schön war die Zeit“.

Wann war Ihre erste Sendung?

Am 6. April 1977 habe ich als junger Student zum ersten Mal ein Wunschkonzert moderiert. Das war eine Art Probesendung, bei der meine Rhetorik getestet wurde. Das Radio ist ein Medium, das zu mir passt. Insgesamt war ich ehrenamtlich länger dabei als bei meinem richtigen Arbeitgeber. Ich war ja Öffentlichkeitsreferent und Dozent an der Altenpflegeschule der Diakonie.

Was hat sich mit den Jahren bei den Sendungen verändert?

Anfangs lief das ja nur krankenhausintern, für Patienten, Besucher und Mitarbeiter. Wir brachten Musik und Unterhaltung, „Balsam für die Seele“ quasi. 15 Leute waren daran fast 20 Jahre beteiligt. Ende der 80er Jahre nahm das Interesse am „Wunschkonzert“ wegen der privaten Fernsehsender ab. Der Rettungsanker – und damit der Schritt nach draußen – war dann das neue Lokalradio in NRW, das einen offenen Kanal für Bürger anbot. Damit änderte sich aber auch der Inhalt der Sendungen, denn Bürgerfunk muss immer ein aktuelles Thema und lokalen Bezug haben. Als 2008 außerdem finanzielle Förderungen wegbrachen, gab’s immer weniger Bürgerfunker.

Ihre schönsten Erinnerungen?

Beim Krankenhausfunk haben sich drei Paare bei Sendungen kennengelernt. Schön fand ich beim Wunschkonzert auch immer, dass Patienten Genesungswünsche ans Krankenbett geschickt bekommen konnten. Und beim Bürgerfunk wiederum fasziniert mich, dass es zweieinhalb Stunden dauert, um 52 hörbare Minuten wie Mosaiksteinchen zusammenzusetzen. Übrigens fand ich es auch gut, dass der Bürgerfunk immer von den Profis ernst genommen wurde. Da gab’s kein Naserümpfen über die Ehrenamtlichen.

Welche Zukunft hat der Bürgerfunk?

Irgendwann wird es ihn nicht mehr geben, weil jeder Internetradio machen kann.

Und Ihre Zukunft – radiotechnisch gesehen?

Ich bleibe dem Radio passiv erhalten, bin im ehrenamtlichen Vorstand der Veranstaltergemeinschaft und werde etwa Lobbyarbeit fürs Lokalradio machen. Und ich höre natürlich viel Radio – WDR 2, gern auch einen aufgefrischten WDR 4 und Radio Ennepe-Ruhr. Ich höre Radio in der Küche, im Wohnzimmer, im Auto und schalte je nach Tageszeit häufig hin und her.