Witten. Gender-Irrsinn? Witten könnte eine Fußgängerampel mit Bergmanns-Silhouette bekommen. Die Partei „Stadtklima“ fordert aber auch eine Bergbau-Frau.
Bottrop, Herne, Mülheim, Oberhausen: Fast jede Ruhrgebietsstadt hat inzwischen eine oder mehrere lustige „Bergmannsampeln“. Bei dieser Signalanlage für Fußgänger werden die Normschablonen über dem roten oder grünen Licht durch Bergmänner ersetzt. Witten hätte auch gern eine, doch das sympathische Projekt bleibt seit Jahren immer wieder im Stollen stecken. Nun fordert eine Partei sogar – wegen der Gleichberechtigung – eine passende Kumpelin.
Bei Grün schreitet der Kumpel mit Helm und Geleucht voran – und das Heimatherz schlägt höher: Es ist eine nette Idee, mit einem speziellen Ampelmännchen an Wittens Bergbautradition zu erinnern. Die Kreuzung Bodenborn/Nachtigallstraße, das Tor zu dem bei Spaziergängern und Touristen beliebten Muttental, wäre dafür der richtige Ort, findet die SPD.
Erster Anlauf 2018 scheiterte
Die Fraktion hatte sich schon 2018 für ein Bergmännchen als Ampelsignal stark gemacht. Auch die CDU war damals nicht abgeneigt. Doch die Stadt erteilte den Plänen eine Absage. Die „Grundsätze der Ausgestaltung und des Betriebs von Lichtsignalanlagen“ seien gesetzlich klar vorgegeben, hieß es, und nur die gewohnten Ampelmännchen im Sinne der Straßenverkehrsordnung zulässig.
Inzwischen hat sich die rechtliche Lage verändert. Die Landesregierung hat ihre ablehnende Haltung zu lokalen Ampelfiguren bereits im November 2018 geändert. Seitdem kann jede Kommune nach Absprache mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde Lichtsignale mit örtlichem Bezug einsetzen. Davon machen Kommunen landesweit Gebrauch.
Die SPD stellte darum im Mobilitätsausschuss (17.4.) erneut eine Bergmannsampel zur Debatte. Die Stadtverwaltung scheint nicht abgeneigt. Die Lichtsignalanlage Bodenborn/Uferstraße/Nachtigallstraße muss sowieso erneuert und auf LED-Technik umgestellt werden. Im Zuge dessen könnten auch die Bergmann-Schablonen angebracht werden – deren Kosten „verschwindend gering“ seien, so Tiefbauamtsleiter Jan Raatz.
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Doch grünes Licht gibt es von anderen Parteien nicht für den Plan. Die AfD fürchtet eine „Inflation der Ampelbilder“, sollte man einmal mit dem Bergmännchen anfangen. In Dortmund leuchten mittlerweile sogar gleichgeschlechtliche Ampelpaare!
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Die Sache mit dem Geschlecht stört überhaupt die Fraktion Stadtklima. „Mit uns ist das nur machbar, wenn es auch eine Bergfrau gibt“, tönt Michael Hasenkamp. Ihm sei der Fokus aufs Bergmännchen zu einseitig, zu geschlechtsspezifisch. War der Stadtklima-Einwand vielleicht eine ironische Anspielung auf eine Diskussion von 2018? Damals hatte die SPD allgemein eine „größere Vielfalt bei Ampelmännchen“ vorgeschlagen und neben den Bergmännern auch „Ampelweibchen“ ins Spiel gebracht.
In den Muttental-Stollen gab es keine Frauen
Meist leuchtet in Witten das Euromännchen
„Bergmannsampeln“, die an die Bergbautradition der Städte des Ruhrgebiets erinnern, stehen in verschiedenen Ruhrgebietsstädten. Die erste Ampel mit dem schreitenden Kumpel-Motiv wurde im Oktober 2018 in Duisburg in Betrieb genommen, Herne und Moers folgten im Dezember 2019, Essen im Juni 2020.
Die EU ist bestrebt, die Sinnbilder der einzelnen Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen. Zu diesem Zweck wurde das Euromännchen entwickelt, das in neue Ampelanlagen eingebaut wird. In Witten findet sich also neben dem abstrakt und geschlechtsneutral wirkenden Euromännchen noch das alte „westdeutsche Ampelmännchen“.
Diesmal gibt sich Ratsherr und Antragsteller Martin Kuhn schnell geschlagen. „Von mir aus kann das auch genderneutral werden“, sagt der Verkehrspolitiker. Da brennt Steffen Fröhlich von der FDP fast die Grubenlampe durch. Die Genderdiskussion sei überflüssig. „Zu der Zeit, als im Muttental Kohle abgebaut wurde, hat es doch überhaupt keine Frauen im Bergbau gegeben!“
Eine Abstimmung gab es im Ausschuss nicht. Nur auf eine Sache konnten sich die Parteien einigen: Die Stadtverwaltung solle nun erst einmal prüfen, wie teuer die Schablone für den/die Bergmann/-frau überhaupt käme.
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