Witten. Die Wittener Sparkasse verdient trotz Inflation und Krieg weiter gutes Geld. Sparer haben trotz steigender Zinsen noch keinen Grund zur Freude.

Trotz der gestiegenen Zinsen dürften Sparer noch keine Freudensprünge machen. Beim größten Geldinstitut am Platze (60.000 Girokonten) gibt’s für einen Sparkassenkapitalbrief bei zehnjähriger Laufzeit drei Prozent. In gleicher Höhe schneidet eine Bundesanleihe ab. Wer sich „nur“ zwei Jahre binden will, bekommt 1,5 Prozent beim Sparbrief. Deshalb empfiehlt die Sparkasse auf lange Sicht Wertpapiere, obwohl auch Kleinanleger gerade bei Aktien zuletzt stark gelitten haben.

Wertpapiere zahlen sich auf Dauer aus, meint die künftige Sparkassenchefin Andrea Psarski.
Wertpapiere zahlen sich auf Dauer aus, meint die künftige Sparkassenchefin Andrea Psarski. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

„Bei einem längerfristigen Anlagenhorizont geht der Trend deutlich nach oben“, sagt die künftige Vorstandsvorsitzende Andrea Psarski (46) und meint damit Wertpapiere. Psarski rechnet vor: „Bei zwei Prozent Zinsen und 7,5 Prozent Inflation bleibt immer noch ein Verlust von 5,5 Prozent.“ Sie empfiehlt einen gesunden Mix aus sicheren Anlagen und Risikostreuung.

400 mehr Depotkonten bei der Wittener Sparkasse

Die Zahl der Depotkonten stieg 2022 um rund 400. Über 450 Millionen Euro wurden in Depots angelegt. Gleichzeitig bleiben die Wittener Sparfüchse. Sie hatten 500 Millionen auf der hohen Kante. Insgesamt wuchsen die Kundeneinlagen um fast 100 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro.

Dass die Sparkasse die höheren Zinsen nicht 1:1 an die Sparer weitergibt, begründet sie damit, die Balance bei Aktiva (Kredite, Eigenanlagen des Instituts) und Passiva (Kundeneinlagen/Eigenkapital) wahren zu müssen. „Wir sind bei Zinsschritten ganz vorsichtig unterwegs. Das ist eine Folge unseres Geschäftsmodells“, sagt der scheidende Vorstandschef Rolf Wagner.

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Die rapide steigenden Zinsen seien eine Herausforderung für das Bankensystem, sagt der 63-Jährige. Zwar gehörte auch sein Institut stets zu jenen, die höhere Zinsen von der Europäischen Zentralbank gefordert hatten. Doch jeder Prozentpunkt, um den die Spareinlagen nun besser gestellt werden könnten, würde die eigene Gewinn- und Verlustrechnung belasten. Denn gleichzeitig stehen ja immer noch viele günstige (Bau-) Kredite in den Büchern, die man Kunden in der Niedrigzinsphase gewährt hat. Kurzum: Tagesgeld anzulegen, lohnt sich weiterhin kaum, allenfalls – siehe oben – langfristige Bindungen. „Zinsanpassungen“ würden aber laufend geprüft, heißt es.

Zinsanstieg trifft vor allem die Häuselbauer

Der Zinsanstieg trifft jetzt vor allem die Häuslebauer, die nicht mehr zu Top-Konditionen unter zwei Prozent abgeschlossen haben. Durchschnittsverdiener ohne viel Eigenkapital dürften sich das freistehende Einfamilienhaus heute kaum noch leisten können, wie der Sparkassenvorstand selbst einräumt. Im Vorjahr legten die Kredite für den Wohnungsbau noch um 121 Millionen Euro zu.

Nicht nur die höheren Kreditzinsen, auch die weltweiten Krisen sorgen für mehr Zurückhaltung bei Häuslebauern: das künftige Sparkassenvorstandsmitglied Mathias Wagner.
Nicht nur die höheren Kreditzinsen, auch die weltweiten Krisen sorgen für mehr Zurückhaltung bei Häuslebauern: das künftige Sparkassenvorstandsmitglied Mathias Wagner. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Bei Neuabschlüssen müssen vier bis 4,5 Prozent Kreditzinsen in Kauf genommen werden. Das Immobiliengeschäft ist um 20 Prozent eingebrochen. „Die Kunden sind auch durch die aktuellen Krisen vorsichtiger geworden“, sagt Mathias Wagner (36), der 2024 in den Vorstand aufrückt. Sehr gut lief das Bauspar- und Versicherungsgeschäft im letzten Jahr – mit Zuwächsen um 54 beziehungsweise 37 Millionen.

Wittener Institut weiterhin „sehr ertragsstark“

Krise, hin, Krise her – die Sparkasse bleibt eigenen Angaben zufolge „sehr ertragsstark“. Der Jahresüberschuss 2022 liegt bei rund zehn Millionen Euro. Noch nie hat das Institut so viel Steuern wie im letzten Jahr gezahlt, über neun Millionen. Knapp zwei Milliarden Euro – plus 84 Millionen – hat sie (Stand Ende 2022) verliehen. Und bei Neukrediten natürlich auch schon von den gestiegenen Zinsen profitiert.

Umgekehrt wirkte sich der Zinsanstieg negativ auf die fest verzinslichen Wertanleihen aus, die im Kurs sanken. Die Bankenkrise in den USA und bei Credite Suisse lässt grüßen. „Das haben wir aber gut kompensiert“, sagt Andrea Psarski, die von einem „sehr zufriedenstellenden Jahr 2022“ spricht.

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In diesem und in den Folgejahren rechnet das Institut mit einer noch höheren Kreditnachfrage. Gerade die Wirtschaft benötige für ihre Transformation viel Geld, etwa die stahlverarbeitenden Betriebe. „Auch um diese Nachfrage bedienen zu können, brauchen wir ein ansteigendes Eigenkapital“, so Psarski. Derzeit ist die Bank durch 262 Millionen abgesichert. Die eiserne Reserve wird auch in diesem Jahr wieder um einen zweistelligen Millionenbetrag aufgestockt.