Witten. Was ist aus den Läden geworden, die im Zuge der Real-Schließung in Annen ausziehen mussten? Ein Geschäft versucht jetzt in Witten den Neuanfang.

Ende Mai 2022 schlossen in Annen nicht nur der Real, sondern auch die vielen kleinen Läden im Foyer des Supermarktes. Nur zwei der Händler, nämlich der Lottoladen und der Schlüsseldienst, sind der Annenstraße treu geblieben. Der Rest ist weg. Und der Friseur Klier wagt seit einigen Wochen in der Wittener Innenstadt einen Neuanfang.

Im Salon an der Bahnhofstraße 17 ist alles neu, doch die Vergangenheit ist Thema. Alle drei Kundinnen in diesem Moment sind aus Annen, sie sind „ihrem“ Klier-Team gefolgt: Die Frisieurinnen Fidan Sahin, Katharina Wagstyl, Doris August, Rita Engelhardt, Andrea Teichmann sind zwischen 35 und 62 Jahre alt und arbeiten seit über zehn Jahren zusammen. Ihre Stammkundinnen können sich sogar daran erinnern, dass es schon einmal einen Klier in der Innenstadt gab, neben Wursthaus König. Vor einem Jahr aber, als bekannt wurde, dass für den Abriss des Real-Marktes auch die Läden im Foyer ausziehen mussten, saß der Schock tief. „Seitdem ist es in Annen lebloser geworden, es ist traurig“, sagt eine Kundin.

Blumenladen und Bäckerei haben dauerhaft geschlossen

Die Real-Apotheke hat sich komplett aus Annen zurückgezogen, ein Teil der Angestellten arbeitet in einer Bochumer Filiale. Auch das Feinkostgeschäft Delphin hat den Standort aufgegeben, ebenso die Bäckerei Horsthemke. Die Mitarbeiterinnen verteilen sich auf die beiden Filialen im neuen „Backhaus“ an der Ardeystraße und neben dem Bauhaus an der Brauckstraße. Auch den Blumenladen gibt es nicht mehr. Kaufland, das das Gebäude erworben hat, will sich noch nicht zu den Umbauplänen äußern. Gerüchte sprechen von einer Neueröffnung frühestens in fünf Jahren.

Trauriger Anblick: Der verwaiste Real-Markt in Witten.
Trauriger Anblick: Der verwaiste Real-Markt in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Der Frisör Klier wollte nahtlos in die Wittener Innenstadt ziehen, doch die Pläne verschoben sich. Weil es beim Umbau des einstigen Vodafone-Shops an der Bahnhofstraße hakte, wurde zunächst in einem Container nahe der Quabed an der Annenstraße gewaschen, geschnitten und geföhnt. Am 10. Februar eröffnete dann das neue Ladenlokal.

Kunden ärgern sich über Parkbedingungen

Die Klier Hair Group hat die Entscheidung getroffen, die Wittener Filiale aus dem Stadtteil in die City zu holen. Damit weicht sie ein wenig von der Unternehmensstrategie ab. Denn Klier-Salons gibt es vor allem angedockt an SB-Märkte, mit kostenlosen Parkplätzen in unmittelbarer Umgebung. Die 850 Läden in Deutschland werden mit dem „Reinkommen-Drankommen-Prinzip“ und langen Öffnungszeiten (auch montags) beworben. Die Sache mit den Parkplätzen ist in der City schwierig. „Das ärgert auch viele Kunden“, sagt Salonleiterin Fidan Sahin.

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Sorgen, dass der Betrieb weniger gut läuft als in Annen, macht sie sich aber nicht: „Wir sind ja keine Neueröffnung.“ Und schließlich, Haare wollen immer geschnitten werden. Die Nachfrage nehme nicht ab, weiß die Friseurmeisterin mit einem Faible für lustige Motivsocken. Auch das Haarefärben sei nach wie vor gefragt. Das Paradoxe: Bei jungen Mädchen liegt gerade eine silbrig-graue Haarfarbe im Trend. Bei reiferen Damen gilt: „Je älter, desto blonder.“