Witten. Der Bund der Steuerzahler fordert Städte auf, die Abwassergebühren zu senken. Witten hat schon reagiert. Das sind die Folgen für die Bürger.
Der Bund der Steuerzahler fordert Städte auf, endlich ihre Abwassergebühren zu senken. Das ist in Witten bereits mit Beginn des neuen Jahres geschehen, sagt Kämmerer Matthias Kleinschmidt. Allerdings falle die Ersparnis für den Bürger geringer aus, als vielleicht manch einer erwartet habe.
Kurzer Rückblick: Im Mai vergangenen Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Musterverfahren entschieden, dass Städte und Gemeinden zu hohe Abgaben kassieren. Konkret ging es in dem Fall um die Stadt Oer-Erkenschwick, die aufgrund fehlerhafter Berechnungen 18 Prozent zu viel an Gebühren verlangt habe, so die Richter.
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Witten hat den Zinssatz deutlich gesenkt
Witten habe daraufhin die eigene Kalkulation eingehend geprüft, betont der Kämmerer. Strittig war in dem Gerichtsverfahren der für das Eigenkapital geltende Zinssatz. Den habe die Stadt von 5,5 Prozent nun auf 2,3 Prozent gesenkt, erklärt Kleinschmidt, und entsprechend bei der Kalkulation berücksichtigt. Dadurch fallen die Gebühren beispielsweise für ein Einfamilienhaus mit rund 130 Quadratmetern Grundstück pro Jahr um 70 Euro niedriger aus.
Steuerzahlerbund will erneut vor Gericht ziehen
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Die verschickten Gebührenbescheide sind vorläufig, betont der Kämmerer. Niemand müsse Rechtsmittel einlegen. Im Laufe des Jahres 2023 wolle Stadt die Kalkulationsgrundlagen noch mal überprüfen.
Dass Witten bislang bei einem Städtevergleich der Abwassergebühren deutlich über dem Landesschnitt liegt, hat aus Sicht des Kämmerers mehrere Gründe. Die Zinssätze seien nämlich nur ein Kostenfaktor von mehreren Posten, so Kleinschmidt. „Und längst ist es nicht die größte Summe.“
Größten Brocken sind Beiträge an Verbände
Der Finanzexperte verdeutlicht: Die Zinsen machen 2,9 Millionen von rund 22 Millionen Euro aus, die die Stadt auf die Haushalte umlegt. Die größten Brocken sind vor allem die Beiträge an den Ruhrverband und die Emschergenossenschaft, zu denen Städte wie Witten verpflichtet sind. Die Verbände betreiben Klärwerke und kümmern sich um die weitere Behandlung der Abwässer. Die Ausgaben kletterten während der vergangenen Jahre stetig in die Höhe. Das sei den Ansprüchen an die technische Ausstattung einerseits und die Wasserqualität andererseits geschuldet, heißt es.
Darüber hinaus ist die Unterhaltung eines 370 Kilometer langen Kanalnetzes samt zahlreichen Pumpwerken vergleichsweise teuer, ergänzt Stadtbaurat Stefan Rommelfanger. Im Gegensatz zu manchen anderen Städten habe Witten nun mal eine Vielzahl an Siedlungen, die weit entfernt vom Stadtzentrum liegen, beispielsweise Durchholz oder Buchholz. Zudem weise das Stadtgebiet starke Höhenunterschiede auf. Das bedeute für den Transport des Abwassers eine weitere Herausforderung, die finanziell zu Buche schlage. Schließlich entstehen, so Rommelfanger, auch hohe Kosten, um die meist 50 Jahre alten Kanäle in Schuss zu halten.
Haushalt unter großen Mühen umgeschichtet
Außerdem müsse man auch an die Personalausgaben berücksichtigen, die bei dem Entwässerungsbetrieb der Stadt (ESW) anfallen, betont Kämmerer Kleinschmidt. Das Kanalnetz werde ständig kontrolliert und bei Schäden fallen entsprechende Reparaturen an.
Die gesenkten Gebühren haben für die Stadt allerdings erhebliche Folge bei den Einnahmen. Sie fallen um 3,5 Millionen Euro geringer aus. Es gelinge aber, wenn auch nur mühsam, so Kleinschmidt, durch Umschichtungen den Fehlbetrag auszugleichen.