Witten. Weil er Akten nicht bearbeitet haben soll, musste sich ein Kripo-Beamter (62) aus Witten vor Gericht verantworten. Er sprach von Überforderung.

„Strafvereitelung im Amt“ warf der Staatsanwalt einem Polizeibeamten aus Witten vor, der sich am Freitag vor dem Schöffengericht Bochum verantworten musste. Der mittlerweile pensionierte Kriminalhauptkommissar soll zwischen Oktober 2017 und November 2020 insgesamt zehn Ermittlungsverfahren verschleppt haben. Drei Verfahren mussten daraufhin wegen Verjährung eingestellt werden.

Wittener Kripo-Beamter fühlte sich überfordert

„Ich kann mich an Details nicht erinnern“, bekannte der Angeklagte. Er habe zu viel Arbeit gehabt, nicht richtig geschlafen und sich nicht konzentrieren können. Jahrelang habe er keinen Urlaub genommen, um seine Arbeit bewältigen zu können. Er habe schlicht den Überblick über die Akten verloren. Obwohl er seinen Vorgesetzten mehrfach darauf hingewiesen habe, dass er das Pensum nicht schaffe, habe er weitere neue Akten zur Bearbeitung erhalten.

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Nach einem Schlaganfall habe er Probleme gehabt, sich zu konzentrieren. Sein Verteidiger wies auf enorme Überstunden und ein „Organisationsverschulden“ des Vorgesetzten hin. „Ist hier der Richtige angeklagt?“, fragte der Anwalt. Der 60-jährige Kommissariatsleiter sagte ebenfalls als Zeuge aus. Er habe erst im Oktober 2020 erfahren, dass der Beamte noch über 60 offene Vorgänge zu bearbeiten hatte. Er sei nicht vom Angeklagten angesprochen worden, dass er seine Arbeit nicht schaffe. Ihm selbst sei aber klar geworden, dass der Beamte überfordert gewesen sei.

Urteil: Gericht stellt Verfahren ein

Schon im Vorfeld der Gerichtsverhandlung hatte ein forensischer Psychiater dem Angeklagten wegen seines Gesundheitszustandes – die Rede war von einer „kognitiven Störung“ – eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Auch deshalb stellte das Gericht das Verfahren letztlich ohne Urteil ein. Einzige Bedingung: Der 62-Jährige muss 500 Euro an die Opferschutzorganisation Weißer Ring zahlen.