Witten. Trotz Inflation und Energiekrise ist das Weihnachtsgeschäft in Witten erstaunlich gut gelaufen. Beim Weihnachtsmarkt kam sogar Partystimmung auf.
Der Weihnachtsmarkt und das Weihnachtsgeschäft enden zwar regnerisch. Doch die Bilanz der Schausteller und des Handels fällt alles andere als trübe aus. Süßer die Kassen nie klingeln? In der Tat – allen Krisen und gestiegenen Preisen zum Trotz.
Nun, zum Singen ist vielleicht noch nicht jedem an diesem Freitag zumute, dem letzten Tag auf dem Weihnachtsmarkt. Dafür waren die vergangenen Wochen auch viel zu anstrengend. „36 Spieltage. So lange ging es noch nie“, sagt Thomas Grass-Bonner, Vorsitzender der Schaustellervereinigung, dessen Familie die Glühweinpyramide betreibt. Die anfängliche Kritik an der Verlagerung vom Berliner Platz zum Rathausplatz scheint fast vergessen. „Das schlechte Bauchgefühl hat sich nicht bestätigt“, sagt der 34-Jährige.
„Bonner Dorf“ am Wittener Rathaus entwickelte sich zum Treffpunkt
Während der Berliner Platz in den letzten fünf Wochen zur traurig-leeren Meile mutierte und der Crêpe-Stand dort sogar vorzeitig abgebaut wurde, entwickelte sich das „Bonner Dorf“ auch am Rathaus wieder zum zentralen Treffpunkt. Davon profitierte die ein oder andere Nachbarhütte. Zufrieden ist jedenfalls Michaela Müller, die Stricksachen verkauft. In der Bude wurde wochenweise gewechselt, es gab auch mal Waffeln. „Durch die Pyramide war auch abends auf dem Weihnachtsmarkt mehr los“, sagt die 60-Jährige.
Weniger glücklich ist Kristina, die auf der anderen Seite ebenfalls Mützen und Socken anbietet. „Als hätten die Leute Scheuklappen auf, rennen sie vorbei, geradeaus zum Glühweinstand“, sagt die 42-Jährige. Nur einige ältere Besucher blieben manchmal stehen.
Dass es nur ganz wenige klassische Verkaufsstände wie für Wolle oder Deko-Artikel gab, war ein Kritikpunkt am zentralen Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz, wo erstmals seit Jahren die Eisbahn fehlte. Um vielleicht doch wieder mehr solcher Händler in die Stadt zu locken, schlägt Dagmar Bonner vor, ihnen die Hütten kostenlos zu überlassen. „Selbst niedrige Standgebühren muss man mit Stricksocken erst mal reinholen“, sagt die 57-Jährige.
Dafür floss der Glühwein in Strömen, ob im Bonner-Dorf oder auf der anderen Seite, vorm Celestian-Haus, im Gondel-Zelt „Paradiso“. Konkurrenz belebt das Geschäft. Während bei Bonner eher gepflegt getrunken und geplaudert wurde, wackelten hier die Zelt-Wände. Es ist Party-Zeit, selbst an einem verregneten Donnerstagabend.
Am Wochenende war besonders viel los
„Atemlos“ schallt es aus den Boxen und ganze Frauentische veranstalten wie beim Apres-Ski in Ischgl Trinkspiele mit Granatapfellikör und Xmas-Schnäpsen. „Gerade am Wochenende war richtig was los“, sagt Christian Werner, Chef der „Mountain Lounge.“ Dieses Jahr übertreffe sogar noch die gute Vor-Corona-Zeit in 2019. Ach ja, Corona. Thomas Grass-Bonner von der Glühwein-Pyramide ist froh, wieder Gäste gesehen zu haben, „die wegen der Auflagen im letzten Jahr nicht gekommen sind“.
Die Menschen scheinen Nachholbedarf zu haben, was feiern und kaufen angeht. Das bekommt auch der Handel im positiven Sinn zu spüren. „Wir sind sehr zufrieden“, sagen viele Kaufleute überraschenderweise. „Weihnachten findet statt“ stellt Monika Mews (53) fest, Filialleiterin der Mayerschen, wo die Kunden Schlange stehen.
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In der Genussgalerie Hafer entdeckt man schon Lücken in den Regalen, so gut wurde gekauft. Die kalten Tage taten ihr Übriges. „Alle dicken Sachen sind weg“, stellt Gianna Gessenberg fest, Filialleitern bei Keudel Damenmoden. Das Fazit der 36-Jährigen: „Die Wittener halten zusammen.“