Witten. Eigentlich soll es mehr Wohngeld geben und die Zahl der Empfänger steigen. Doch vorerst bleibt in Witten alles beim Alten. Ärger ist absehbar.
Der von der Bundesregierung beschlossenen Wohngeldreform droht in Witten und anderswo erst mal eine Hängepartie. Es fehlen die nötigen EDV-Programme, um die zu erwartende Flut von Anträgen zu bewältigen, und es mangelt nach jetzigem Stand auch erheblich an Personal.
Mit dem neuen „Wohngeld-Plus-Gesetz“ soll sich die finanzielle Hilfe ab Januar verdoppeln. Statt bislang 180 Euro sind es künftig 370 Euro pro Monat. Die Zahl der anspruchsberechtigten Haushalte wird sich voraussichtlich verdreifachen.
Wohngeldstelle in Witten hat bereits zusätzliche Rufnummer
Doch die Technik werde erst in vier bis sechs Monaten zur Verfügung stehen, kündigte die Heimatministerin an. Der Landesbetrieb IT NRW brauche noch Zeit, um die Programme umzustricken, sagte Andrea Bräuer, Abteilungsleiterin Wohnen, jetzt im Sozialausschuss. Da dürfte Ärger vorprogrammiert sein, wenn Bürger ihren Antrag einreichen wollen. Wer zum 1. Januar anspruchsberechtigt ist, bekommt das Wohngeld zunächst weiter nach den jetzt noch geltenden Regeln.
Da es schon jetzt deutlich mehr Anfragen gibt, hat die Wohngeldstelle eine eigene Rufnummer eingerichtet (02302/5815330). Weil der Andrang so groß ist, muss man aber damit rechnen, dass öfter besetzt ist. „Konkrete Auskünfte sind derzeit ohnehin kaum möglich“, heißt es seitens der Stadt.
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Die Verwaltung hat derweil Alternativen durchgespielt, wie man aus der Zwickmühle herauskommt. Doch eine Lösung des Problems zeichnet sich noch nicht ab. Das Wohngeld einfach auf Papier zu berechnen, habe keinen Sinn, weil man Ende doch auf die Technik angewiesen sei. Den Antragstellern schon einmal Abschlagszahlungen zu überweisen, würde bedeuten, dass alle Fälle zweimal bearbeitet werden müssten. Man wolle aber im Kontakt mit dem Mieterverein und der Verbraucherzentrale das Problem thematisieren, so der Erste Beigeordnete Frank Schweppe in der öffentlichen Sitzung.
Verwaltung sucht händeringend zusätzliche Mitarbeiter
Dort kam deutliche Kritik daran auf, dass das höhere Wohngeld voraussichtlich über Monate noch nicht fließen kann. Gerade in Zeiten, in denen die Bürger ohnehin finanziell unter Druck stehen, brauchen sie Entlastung, so der Tenor. „Das ist eine schlimme Nummer“, sagte Schweppe.
Darüber hinaus kämpft das Wohnungsamt mit personellen Problemen. Aktuell gibt es 6,5 Stellen bei 1780 Wohngeld-Fällen – Stand Juni. Da mit einer Verdreifachung der Anträge zu rechnen ist, sind elf neue Stellen eingeplant. Bei der verwaltungsinternen Ausschreibung liegt bislang aber noch keine einzige Bewerbung vor. Die Frist läuft zum Monatsende aus. Ob sich bei einer externen Ausschreibung Interessenten finden, bleibt abzuwarten. Schließlich ist damit zu rechnen, dass alle Städte ihre Wohngeldstellen in nächster Zeit personell aufstocken und ebenfalls Mitarbeiter suchen.
Wohngeldrechner mit niedrigerem Satz
Informationen zum Thema Wohngeld und die Antragsformulare sind auf den Internetseiten des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW erhältlich (www.mhkbg.nrw.de)
Hier steht auch ein unverbindlicher Wohngeldproberechner zur Verfügung. Wer aber jetzt den Proberechner nutzt und einen Antrag stellt, würde nach aktueller Rechtslage „bearbeitet“. Es gilt also noch der vergleichsweise niedrigere Satz.
Um die neuen Herausforderungen zu bewältigen, ist im Amt für Wohnen und Soziales zum 1. Dezember Mehrarbeit angeordnet. Man versuche mit „allen verfügbaren Händen“, die Wohngeldstelle zu unterstützen, versichert die Verwaltung. Vier Auszubildende wurden dafür abgestellt. Zusätzlich sind drei Praktikanten eingeplant, die ab Mitte Dezember beziehungsweise März durchstarten.
Die Kosten für das benötigte Personal sind noch ein Streitpunkt zwischen den Städten und dem Bund sowie den Ländern. Letztere kommen zwar für das Wohngeld auf, nicht aber für die Personalausgaben. Das sollten sie aber, fordern Städte und Gemeinden.
Angesichts der zu erwartenden Belastungen für die Beschäftigten und den finanziellen Engpässen, die auf Anspruchsberechtigte zukommen, meinte Frank Schweppe ganz offen: „Das wird ätzend.“