Witten. Horst Steffens aus Witten ist schwer krank und inzwischen an den Rollstuhl gefesselt. Händeringend sucht er eine barrierefreie Wohnung.
Horst Steffens ist mit den Nerven und Kräften am Ende. Seine Krankheitsgeschichte füllt ein ganzes Buch. Seit Jahren ist er stark gehbehindert und inzwischen an den Rollstuhl gefesselt. Händeringend sucht er eine barrierefreie Wohnung, am besten in einem Erdgeschoss oder einem Haus mit Aufzug. Doch die Mühen des 71-Jährigen blieben bislang erfolglos.
Bei den Wohnungsgesellschaften in Witten habe er sich immer wieder gemeldet, sich mit dem Wohnungsamt in Verbindung gesetzt. Doch jedes Mal Fehlanzeige. „45 Quadratmeter, die würden mir doch reichen“, sagt er, jetzt lebe er doch auch nur auf 52 Quadratmetern. In ein Seniorenheim zu ziehen, das möchte er, wenn eben möglich, vermeiden. Er habe dann das Gefühl, seine Eigenständigkeit zumindest in Ansätzen aufgeben zu müssen.
Nach einer MRSA-Infektion musste das rechte Bein amputiert werden
Der Wittener hat schon oft in seinem Leben auf der Schattenseite gestanden. Als gelernter Schlosser war er im Tief- und später im Gartenbau tätig. Die schweren Arbeiten haben seinen Rücken kaputtgemacht, wie er erzählt, der Umgang mit Teer tat das Übrige. Steffens ging in die Frührente, die Belastung des Jobs war zwar weg, aber die körperlichen Beschwerden blieben.
Als er sich dann vor inzwischen elf Jahren in ein Krankenhaus begab und eine OP sein Leiden lindern sollte, kam das Unheil über ihn. Eine Infektion mit den gefährlichen MRSA-Keimen sollte fatale Folgen haben. Die Ärzte sahen am Ende keine andere Wahl mehr, als ihm das rechte Beine zu amputieren, er trägt seither eine Prothese. Das linke konnten sie zwar retten, aber von der Wade bis zum Fuß ist es gelähmt.
Die Klinikaufenthalte haben ihn geschlaucht
Eine Zeit lang bekam er Physiotherapien, dadurch konnte er zumindest so einigermaßen laufen. Doch die Krankenkasse habe inzwischen das Geld für die Behandlung gestrichen, die Gründe sind ihm schleierhaft. Was er allerdings weiß: Das Gehen wurde immer schwieriger, mittlerweile ist er an den Rollstuhl gefesselt, kann seine Wohnung im dritten Geschoss nicht mehr verlassen. „Die 47 Stufen, die schaffe ich einfach nicht mehr.“
Erheblicher Mangel an barrierefreien Wohnungen
In Witten fehle es an barrierefreie Wohnungen, beklagen der Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, Siegfried Boldt, und der Sprecher des Mietervereins Knut Unger.
Natürlich gebe es einen gewissen Bestand, doch der sei nun mal belegt. Da die Zahl älterer Menschen steige, wachse auch der Bedarf nach solchen Wohnungen.
Witten steht mit dem Engpass nicht allein. Die Bundesvorsitzende des VdK hat just in dieser Woche gefordert, dass die Politik sich des Themas annehmen solle. Prognosen zufolge fehlen bundesweit bis 2030 rund 3,5 Millionen barrierefreie Wohnungen.
Die Ausnahmen waren denn eher trauriger Natur: Zwischen März und September musste Horst Steffens acht Mal ins Krankenhaus, dann sorgten Sanitäter dafür, dass er aus dem Haus kam und wieder zurückkehren konnte. Die Klinikaufenthalte haben ihn enorm geschlaucht. Sie mussten sein, weiß Steffens, aber jedes Mal „war es doch sehr kräftezehrend“.
Zum Glück hat er inzwischen einen Lieferdienst gefunden
Wenn er aus seinem Fenster auf schaut, sehnt er sich immer wieder danach, mal wieder nach draußen zu kommen. Gern würde er auch mal in der vielen freien Zeit, die er hat, sich zu einem Einkaufsbummel aufmachen: „Das ist bei mir nicht mehr drin.“ Dass er zum letzten Mal selbstständig unterwegs war, „das ist mindestens ein Jahr schon her.“ Leider habe die Wohnung auch keinen Balkon. Frische Luft, die gibt’s nur, wenn er ein Fenster öffnet. Weiterer Nachteil: Mit dem Rollstuhl kommt er weder ins Bad, noch in die Küche. Irgendwie schaffe er es natürlich dorthin, aber stets nur sehr mühselig.
Zum Glück hat Horst Steffens mittlerweile eine Haushaltshilfe, die einmal pro Woche bei ihm vorbeikommt. Ferner hat er einen Lieferdienst eines Lebensmittelhändlers aus Holthausen aufgetan, der ihm die Einkäufe in die Wohnung bringt. Durch Zufall sei er auf das Angebot gestoßen. Ohne den Service sei er mittlerweile aufgeschmissen. Zuvor hatten sich Bekannte und Freunde lange Zeit um ihn gekümmert, doch die werden auch mittlerweile immer älter und können auch nicht mehr so, sagt Steffens. Seine Kinder leben weit von ihm entfernt, haben auch selbst Familie haben und ihnen zur Last fallen, möchte er nicht. Seine frühere Frau ist vor Zeiten ausgewandert. Der Wittener ist auf sich allein gestellt.
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Vieles wäre eben einfacher, „wenn ich eine barrierefreie Wohnung hätte“. Am besten wäre aus seiner Sicht eine im Erdgeschoss. Und wenn es ein anderes Stockwerk wäre, „brauche ich auf jeden Fall einen Aufzug“. Gern würde der 71-Jährige auch im Ortsteil Herbede bleiben. Der Abschied aus der jetzigen Wohnung falle ihm trotz aller Probleme schon schwer genug, denn hier lebt er mittlerweile seit 20 Jahren und fühlt sich heimisch.