Witten. Wie erwartet, hatten die angekündigten Mehrkosten von 7,1 Mio Euro für die Rathaussanierung in Witten ein Nachspiel im Rat. Die ganze Debatte.
Die vor kurzem bekannt gewordenen weiteren Mehrkosten für die Rathaussanierung von rund 7,1 Millionen Euro haben nun auch den Rat beschäftigt. Trotz kritischer Einzelstimmen winkte das Stadtparlament die Fortsetzung der nun um 18 Monate verzögerten Gebäudeerneuerung durch. Was blieb auch anderes übrig, nachdem bereits fast 18 Millionen in den fertigen Südflügel investiert wurden?
Die Kostenexplosion von zuletzt genannten 39,4 auf 46,5 Millionen Euro hat mit den gestiegenen Baupreisen und der enormen Bauzeitverzögerung zu tun. Ursache allen Übels sind aber die maroden Betondecken im Nordflügel, die offenbar kein Fachmann im Vorfeld auf dem Plan hatte. Ein Viertel der Decken mit einer Gesamtfläche von 2000 m² sind so stark beschädigt, dass die Tragfähigkeit nicht mehr gewährleistet werden kann.
Bevor wie geplant überhaupt die weitere Gebäudehülle in Angriff genommen werden kann, müssen nun erst mal die maroden Decken saniert werden. Dafür veranschlagt die Stadt 1,7 Millionen Euro. Alle weiteren Kosten sind eine Folge des durcheinandergeratenen baulichen Ablaufs. Verträge mit Firmen – 90 Prozent der Ausschreibungen waren eigentlich schon erledigt – müssen neu ausgehandelt werden. Und es ist noch gar nicht absehbar, wie viele Handwerker nun womöglich abspringen. Das Recht dazu haben sie, wenn die Baustelle mehr als drei Monate ruht. Dieses Risiko sichert die Stadt allein mit einer weiteren Million ab.
„Ein großer Teil der sieben Millionen sind der Tatsache geschuldet, dass die Baupreise innerhalb eines halben Jahres exorbitant weggegangen sind“, sagte Stadtbaurat Stefan Rommelfanger. Und den Bauablauf hätte man nach Angaben des Technischen Beigeordneten auch dann nicht beschleunigen können, hätte man die Schäden an den Betondecken früher entdeckt. 2,1 Millionen Euro resultierten allein aus der Preisexplosion am Bau.
Aber hätte man die jetzt entdeckten Schäden nicht im Vorfeld schon erkennen müssen, als die Rathaussanierung durchgerechnet und der Sanierungsbedarf geprüft wurde? „Nachlässigkeiten“ sieht Bürgermeister Lars König zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
Wie schon im Stadtentwicklungsausschuss legte gerade Michael Hasenkamp („Stadtklima“) den Finger in die Wunde. Er wollte wissen, „warum die Architekten nicht auf die einfache Idee gekommen sind, die Tragfähigkeit der Decken zu überprüfen“. Der Stadtbaurat hatte zuvor auf die Risiken hingewiesen, die sich beim „Bauen im Bestand“ immer ergeben könnten. Und die inzwischen abgeschlossene Sanierung des Südflügels habe keinerlei Hinweise geliefert.
Baudezernent aus Witten: „Jede weitere Verzögerung verursacht neue Kosten“
Während Hasenkamp die Frage nach der Haftung für die jetzt entdeckten Schäden und Folgekosten stellte, richtete der Baudezernent den Blick lieber nach vorn. „Wir haben uns darauf konzentriert, wie wir schnell weiterkommen. Jede weitere Verzögerung würde weitere Kosten verursachen“, so Rommelfanger. „Aber selbstverständlich gehen wir auch der Frage nach, wie das passieren konnte.“
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Piraten-Chef Stefan Borggraefe bekannte sich nach wie vor zur Rathaus-Sanierung, fragte aber, ob man nun nicht Abstriche an anderer Stelle machen könne. Da sieht die Verwaltung kaum Spielraum. Bei der Ausstattung sei man schon am unteren Level, hieß es. Dennoch versprach Bürgermeister König: „Natürlich gucken wir noch mal auf die Kosten.“
AfD in Witten sieht bei Kosten noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht
Matthias Renkel (AfD) befürchtet, dass die nun prognostizierten 46,5 Millionen Euro noch nicht das Ende der Fahnenstange sind. „Wahrscheinlich wird es noch viel teurer“, sagte er. So müsse allein der Innenausbau nun „komplett neu ausgehandelt“ werden. Er hält inzwischen „50 Millionen“ für „wahrscheinlich realistisch“.
Dennoch will die Politik das größte Bauprojekt seit Jahrzehnten durchziehen. Den Nordflügel einfach abzureißen und woanders neu zu bauen, wie es ein Mitglied der WBG vorgeschlagen hatte, kommt für keine Fraktion in Frage. Da ist auch der Denkmalschutz vor.