Witten. Wein gibt’s nur an Rhein und Mosel? Pustekuchen. Auch in Witten wird gekeltert – und zwar im Wullener Feld.
In den Emscherauen in Castrop-Rauxel soll bald Wein angebaut werden. Kanzler Olaf Scholz hat sich das Projekt am Donnerstag (1. September) angesehen. Er hätte auch nach Witten kommen können. Denn auch bei der Familien- und Krankenpflege im Wullener Feld wächst Wein – und das schon seit beinahe zehn Jahren.
Aber zugegeben: Ein richtiger Weinberg ist es nicht, den die Mitarbeiter dort angepflanzt haben, mehr ein Hügel. Knapp 20 Weinstöcke ziehen sich den Hang im Sinnesgarten der Einrichtung hinauf, zwei Reihen mit roten Trauben, eine mit weißen.
Den Reben bekommt das Wittener Klima
Gleich als der Sinnesgarten im Jahr 2013 im Wullener Feld angelegt wurde, um den Tagespflege-Gästen einen Rückzugsort im Grünen anbieten zu können, wurden nicht nur Rosen, Kräuter und Apfelbäume in die Erde gesetzt, sondern eben auch Reben. „Das bot sich auf unserem Hang einfach an“, sagt Pflegedienstleiterin Rebecca Mensah. Und den Stöcken scheint das Ruhr-Klima gut zu bekommen – sie gedeihen prächtig.
Dass die Stöcke auch Ertrag bringen, darum kümmert sich Barbara Danch. Die Mitarbeiterin der Einrichtung ist Hobbygärtnerin und hat sich schlaugemacht, wann und wie die Stöcke fachgerecht geschnitten werden müssen, damit sie Früchte tragen. 2016 war es zum ersten Mal so weit, da hingen die roten Stöcke voller Trauben.
Corona stoppte die Weinproduktion
Ende September wurde geerntet. Zusammen mit den Senioren, die die Tagespflege besuchen, wurden die Früchte gelesen, gewaschen und zerstampft. „Oje, danach sah die Küche aus. . .“, erinnert sich Barbara Danch schmunzelnd. 15 Liter Maische konnten anschließend im Gärbottich angesetzt werden – Trauben, Zucker, Wasser, sonst nichts. Die dicke Flasche stand dann mehrere Wochen schön warm und geschützt im Wohnzimmer. „Alle haben gemeinsam darauf geachtet, dass immer genug Wasser im Ventil stand“, sagt die 59-Jährige. Und wenn es doch mal zu kalt wurde, wurde der Flasche auch eine Decke um den Hals gelegt.
Doch die Mühe hat sich gelohnt. Immerhin elf Flaschen Wein konnten ein Jahr später abgefüllt werden. Und wie hat der geschmeckt? „Schon sehr, sehr lieblich“, gibt Rebecca Mensah mit einem verschmitzten Lächeln zu. „Der erste Jahrgang war mehr ein Likör, der zweite war dann aber schon besser.“ Allerdings: Bislang gab’s nur Rotwein, die weißen Trauben schwächeln etwas – aber zum Naschen vom Strauch reichen auch sie.
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Corona stoppte schließlich auch die Weinproduktion, solche Gemeinschaftsaktionen in der Küche waren nicht angebracht. Das Weinregal der Familien- und Krankenpflege ist daher leer. Trotzdem soll in diesem Jahr ein Weinfest gefeiert werden. Ganz zünftig, mit der Wahl von Weinkönig und -königin. Und der edle Tropfen dazu, der kommt von der Mosel.
+++++ UPDATE: Aus gesundheitlichen Gründen muss das Weinfest der Familien- und Krankenpflege am neuen Standort am Mühlengraben abgesagt werden. Die Einrichtung hatte dazu am Freitag, 9. September, eingeladen. ++++