Witten. Jede Kreuzung in Witten erfordert offenbar eine andere Regelung, die Radfahrern ein sicheres Fortkommen ermöglicht. Das erschwert die Planungen.

Die Umsetzung des im Juli 2019 beschlossenen Radverkehrskonzepts nimmt langsam Fahrt auf. Verschiedene Maßnahmen stehen kurz vor dem Start oder befinden sich in der langfristigen Planung. Vor allem der Umbau zentraler Kreuzungen im Wittener Stadtgebiet erfordert einen langwierigen Prozess, wenn es um die Sicherheit der Radfahrenden geht. Das machten die Diskussionen in der Sitzung des Mobilitäts- und Verkehrsausschusses am Montagabend mehr als deutlich.

Wittener Bürger Gemeinschaft fragt nach Standardregelungen

Im Fokus standen die bereits kritisch begutachteten Planungen zur „Wutkreuzung“, also dem Abschnitt auf der Ruhrstraße stadtauswärts zwischen Haus Witten und Ruhrdeich. Außerdem ging es um eine nicht weit entfernt liegende Kreuzung, ebenfalls an der Ruhrstraße. Die Situation für Radfahrer, die von der Husemannstraße am Märkischen Museum links abbiegen wollen, soll ebenfalls entschärft werden.

Inzwischen kommt schon Kritik an den Maßnahmen aus den Reihen der Politik: An fast allen zentralen Kreuzungen in Witten – etwa auch an der Ardey-/Husemannstraße sowie Ardey-/Pferdebachstraße – müssten Radler sich auf neue Situationen einstellen, so WBG-Geschäftsführer Hans-Peter Müller. Er fragt: „Warum gibt es keine Standardregelungen?“ Das sei laut Stadtbaurat Stefan Rommelfanger nicht möglich. „Wir müssen uns mit jeder Kreuzung individuell beschäftigen.“ Von einheitlichen Markierungen also keine Spur.

Kreuzung Husemanstraße/Ruhrstraße

Sophia Bröker ist die Radverkehrsbeauftragte der Stadt Witten.
Sophia Bröker ist die Radverkehrsbeauftragte der Stadt Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Wer als Radfahrer von der Husemannstraße nach links in die Ruhrstraße Richtung Bommern abbiegen will, der muss sich bislang vom Bordstreifen ganz rechts auf den Radstreifen und dann über die Geradeaus-Spur in den Autoverkehr einfädeln. Dass das Gefahren birgt, muss Radverkehrsbeauftragte Sophia Bröker nicht erst betonen. Sie stellte drei Varianten vor, die Abhilfe schaffen könnten.

Bei Variante 1 geht es um ein indirektes Linksabbiegen: Der Radler fährt erst geradeaus, bis er sich seitlich der Kreuzung nahe der Bergerstraße befindet. Von dort biegt er mit Hilfe von Ampelsignalen in die gewünschte Richtung ab. Bröker bezweifelt, dass dieses zweistufige Konstrukt von Radfahrenden angenommen werde. Kosten: 35.000 Euro.

Bei Variante 2 biegen Radfahrende direkt links ab und fädeln sich selbstständig über einen rot markierten Bereich ein. Kosten: 70.000 Euro. Bei Variante 3 biegen die Radler ebenfalls direkt ab und werden gegenüber dem geradeausfahrenden und rechtsabbiegendem Autoverkehr mittels einer „protected bike lane“ bevorrechtigt. Diese wird durch gelbe Leitschwellen begrenzt und verhindert, dass Pkw darüberfahren. Kosten: 75.000 Euro.

Die Verwaltung sprach sich für die Umsetzung der Variante 3 aus. Sie werde den tatsächlichen Verkehrsströmen gerecht und der Radverkehr werde am schnellsten sicher durch den Knotenpunkt geführt. In den Stoßzeiten seien allerdings längere Pkw-Rückstaus möglich.

Dem Vorschlag schlossen sich die Ausschussmitglieder an und votierten mit elf Stimmen für Variante 3. WBG und AfD stimmten dagegen, beide hatten Variante 1 favorisiert. Die CDU enthielt sich mit vier Stimmen.

Wutkreuzung (Ruhrstraße, Höhe Café del Sol)

Schon mehrfach gab es Uneinigkeiten über den Umbau an dem Teilabschnitt nach der Unterführung in Richtung Bommern bis zum Ruhrdeich. Die Fahrradlobby zeigte sich unzufrieden mit den Vorschlägen der Stadt. Doch die Wünsche der Verbände funktionierten nicht, so Stadtbaurat Rommelfanger.

Hier wird’s für Radfahrer eng: die Ruhrstraße im Bereich der Brücke über den Mühlengraben zwischen Gasstraße und Ruhrdeich.
Hier wird’s für Radfahrer eng: die Ruhrstraße im Bereich der Brücke über den Mühlengraben zwischen Gasstraße und Ruhrdeich. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Inzwischen haben Grüne, SPD, Piraten und Bürgerforum+ einen eigenen Antrag formuliert. Dieser sieht einen weitgehend durchgängigen und vom Autoverkehr getrennten Streckenverlauf für Radfahrer vor. Die Stadt dagegen geht aufgrund der fehlenden Breite der Wege bis zu einem generellen Umbau in etwa zehn Jahren Kompromisse ein und überlässt es den Radfahrenden, ob sie streckenweise den Gehweg nutzen wollen.

Über eine Stunde diskutierten die Ausschussmitglieder die Vorschläge – und kamen doch zu keinem endgültigen Beschluss. Der Antrag wurde auf den nächsten Verkehrsausschuss verschoben. Tendenziell scheint aber der Vorschlag der vier Parteien das Rennen machen zu können.

Sprockhöveler Straße/Herbeder Straße

Zwischen Fischertalweg und Ruhrdeichkreisel wolle man den Radfahrenden ein durchgehendes Angebot machen, erklärt Planungsamtsleiter Sebastian Paulsberg. Rot markierte Furten, vorgezogene Haltelinien und Schutzstreifen sowie der dadurch erreichte maximale Abstand zu parkenden Pkw machten die Fahrt sicherer. Die Maßnahme werde im nächsten Jahr umgesetzt.

Bochumer Straße/ Einmündung Papenholz

Autofahrer aus Richtung Autobahn kommend könnten beim Abbiegen in die Straße Papenholz von dort kommende Radfahrer übersehen. Deshalb hatte die SPD bereits die Beseitigung der Gefahrenstelle angemahnt. Eine Roteinfärbung lehnt die Stadt jedoch ab. Diese solle nur an stark befahrenen Strecken und nicht flächendeckend eingesetzt werden, um einen Gewöhnungseffekt der Autofahrer zu vermeiden, so Paulsberg. Allerdings werde ein Verkehrsschild mit Zusatzzeichen aufgestellt. Das müsse aber noch mit Polizei und Straßen.NRW abgestimmt werden.

Hauptbahnhof Witten

Gegenüber vom Bahnhof soll eine etwa 40 Quadratmeter große und überdachte Abstellmöglichkeit für 26 Fahrräder geschaffen werden. Die Arbeiten beginnen voraussichtlich Mitte September. Die Lieferung und Montage der Überdachung soll Ende Oktober erfolgen. Kosten: knapp 60.000 Euro.