Witten. Dieser August ist heiß und trocken. Statt Hochwasser wie im letzten Sommer, herrscht nun Ebbe in Bächen und Teichen in Witten. Das hat Folgen.
Der Ruhrpegel sinkt langsam, aber stetig. Rasenflächen sehen alles andere als saftig grün aus. Blumen lassen die Köpfe hängen. Und immer wieder geht der Blick zum Himmel: Wann wird endlich der ersehnte und schon seit Tagen vorausgesagte Regen kommen? Auch den Bachläufen in Witten würde der Wasser-Nachschub guttun. Denn sie beginnen auszutrocknen. Der Tierwelt droht Gefahr.
Ganz allmählich versickert der Muttenbach im Bereich zwischen den Sieben Kurven und dem Zechenhaus Herberholz im Boden. Rund um die Brücke am Zechenhaus, die im Juli 2021 noch unter den tosenden Fluten des Hochwassers zusammengebrochen war, ist es knochentrocken. „Das ist erschreckend. Wo Kinder sonst auch schon mal die Füße reingehalten haben, ist nicht die kleinste feuchte Stelle zu sehen“, sagt ein Spaziergänger.
Hammerteich in Witten erhält Frischwasser
Der Hammerteich dagegen wird an diesem Donnerstag gerade mit Frischwasser aufgefüllt. Ein städtischer Mitarbeiter sprüht am Vormittag große Fontänen aus einem Schlauch in den Teich, der ohnehin zu verlanden droht. Das sei aktuell tatsächlich eine Reaktion auf die Trockenheit, so Stadtsprecher Jörg Schäfer, „wurde aber in diesem Jahr nicht zum ersten Mal gemacht“.
Ziel dieser Maßnahme sei es, mit dem Frischwasser auch Sauerstoff in den Teich zu bringen. „Den brauchen die Fische und viele andere Tiere, um überleben zu können. Zudem beugen wir damit dem Wachstum von Blaualgen vor.“ In der Regel würden bei diesen Aktionen etwa 150 bis 200 Kubikmeter Wasser in den Teich geleitet.
Entwässerung Stadt Witten: Auffälliges am Hammerteich bitte melden
Eine Bitte hat die Entwässerung Stadt Witten (ESW) in diesem Zusammenhang: Wer am Hammerteich etwas Auffälliges wahrnimmt, das auf ein Umkippen des Gewässers hindeutet, möge sich bei der ESW melden (917 37 51). Dort werde man dann zügig reagieren.
Doch auch der Ab- und Zufluss des Borbachs dort ist trocken. Wolfgang Flender, Abteilungsleiter Umwelt beim Ennepe-Ruhr-Kreis, bestätigt, dass Kleinstgewässer wie diese Bäche inzwischen ausgetrocknet seien. Auch am Pleßbach etwa sehe man derzeit viel freie Uferfläche. Doch er beruhigt: „Das ist um diese Zeit nicht ganz unüblich.“ Der Borbach zum Beispiel führe immer wenig Wasser, da sein Grund aus Festgestein bestehe und kein Wasser speichern könne. Andere Bachläufe – wie der Pleßbach – würden aber nun davon profitieren, dass Erbstollen hineinmünden. Von diesen ströme kühles Grundwasser in den Bach.
Naturschutzgruppe Witten: Rückzugsorte für Tiere wichtig
„So lange nur ein bisschen Wasser da ist, reicht das den angesiedelten Kleinstlebewesen“, so Flender. Oft stehe unter den Steinen in den Bächen ein wenig Restwasser. „Dorthin verkriechen sich die Tiere.“
Ähnlich sieht das auch eine Expertin der Naturschutzgruppe Witten (Nawit). „Entscheidend ist, dass es Rückzugsorte, etwa für Fische und Libellenlarven, gibt. Dort können die Tiere eine ganze Weile ausharren.“ Viele Bäche auf Wittener Gebiet würden vor allem außerhalb von Siedlungsbereichen nicht schnurgerade verlaufen und Vertiefungen aufweisen, in denen zumindest Pfützen zurückbleiben. „Manche Tiere, wie etwa Bachflohkrebse, können sich auch tiefer in die dann feuchten Bodenschichten eingraben und Extremsituationen überdauern.“
Stadt wässert Jungbäume täglich
So langsam bekommen auch die Pflanzen in Witten Durst. Deshalb bewässert das Betriebsamt die Jungbäume täglich, die Freiwillige Feuerwehr unterstützt die Stadt dabei. „Darüber hinaus freuen wir uns über alle Anwohnerinnen und Anwohner, die freiwillig Bäume vor dem eigenen Haus mit Wasser versorgen“, so Stadtsprecher Jörg Schäfer.
„Wir sind noch nicht an dem Punkt, dass wir zum Wassersparen aufrufen müssten“, heißt es auch von den Stadtwerken. Sorgsam mit Wasser umzugehen, sei zwar immer gut, doch aktuell könne es nicht schaden, sich um Blumen und Bäume zu kümmern.
Der Pegel der Ruhr liegt weiterhin bei 1,69 Metern. Die Ruhr-Talsperren seien noch zu drei Vierteln gefüllt, so der Ruhrverband.
Ein einziger trockener Sommer sei kein Problem. Trete lang anhaltende Trockenheit allerdings häufiger auf – wie es in den letzten Jahren der Fall war –, dann könne das für die Gesamtpopulation in einem Bach einen „herben Schlag“ bedeuten. „Passiert das jeden Sommer, dann wird es bedrohlich“, heißt es von der Nawit.
Noch hoffen die Naturschützer, dass Flora und Fauna sich wieder erholen. Sie setzen dabei auf naturnahe Strukturen der Gewässer, von denen einige ja bereits renaturiert sind. So schlängelt sich der Kamperbach, der zuvor unterirdisch oder in einem Straßengraben verlief, inzwischen idyllisch durch die Herbeder Wiesen.