Witten. Eine der wichtigsten Verkehrsadern in Witten ist drei Monate lang dicht. Die Vollsperrung sorgt für viel Ärger. Doch manch einer freut sich auch.
Des einen Freud’, des anderen Leid: Seit gut drei Wochen ist die Herbeder Straße (L 924) in Witten voll gesperrt. Anwohner und Radfahrer genießen seitdem die Ruhe auf eine der wichtigsten Wittener Verkehrsachsen entlang der Ruhr. Rund um den Wannen dagegen ist man vom Umleitungsverkehr mit vielen Lkw genervt. Trotzdem stellt man sich die Frage: Warum wurde diese dreimonatige Vollsperrung – deren Auswirkungen mit dem nahen Ferienende noch schlimmer werden dürften – so plötzlich angesetzt?
Wie berichtet, erneuert der Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE) drei Monate lang eine Erdgasleitung auf 200 Metern. Straßen.NRW nutzt die Vollsperrung, um außerdem den Steilhang zwischen der L 924 und dem hoch über der Herbeder Straße gelegenen Kleff zu sichern.
Sanierung der Wittener Straße ab September
Nach den Plänen von Straßen.NRW soll die marode Landesstraße 924 auf Wittener Stadtgebiet in den nächsten Jahren sowieso komplett erneuert werden. Das fängt im September mit dem Teilstück zwischen Steinenhaus und der Autobahnauffahrt in Herbede an. „Wir sind noch in der Vergabephase, rechnen aber mit einem Baubeginn im Spätsommer“, sagt Landesbetriebssprecher Andreas Berg.
Ab 2024 steht dann der komplizierte Neubau der Herbeder Ruhrbrücken an. Berg: „Auch dafür laufen die Planungen auf Hochbetrieb.“ Zu dem Großprojekt gehören auch ein neuer Kreisel an der Kreuzung Seestraße/Herbeder Straße. Eine erneuerte Fahrbahn bis zum Ruhrdeich, die dann einen vernünftigen Radweg entlang der Ruhr erhält, ist ebenfalls immer wieder im Gespräch.
Die jetzige Baumaßnahme ändere nichts an diesen Zeitplänen, betont Straßen.NRW. Dies hatten Politiker von SPD und Grünen befürchtet. „Bürgerinnen und Bürger, aber auch Firmen müssen seit Jahren immer wieder umplanen, wenn es um ihre Belange geht, da eine zuverlässige Verkehrsverbindung nicht hergestellt beziehungsweise immer wieder verschoben wird“, kritisiert Robert Beckmann (SPD). „Unsere Baumaßnahmen sind sehr wohl mit vielen Stellen koordiniert und abgestimmt“, hält Andreas Berg vom Landesbetrieb dagegen.
Jogger und Radfahrer erobern Straße
Die Instandsetzung der Erdgasleitung sei eine Maßnahme, die zeitnah umgesetzt und nicht um einige Jahre verschoben werden könne, erklärt Andreas Lehmann von Open Grid Europe. Er erteilt Mutmaßungen eine Absage, eine halbseitige Sperrung der L 924 hätte es auch getan. Für die Tiefbauarbeiten und die dazu erforderlichen Sicherheitsabständen brauche es Platz. Allein Rettungsfahrzeuge dürfen an der Baustelle vorbeifahren, sowie Radfahrende oder Spazierende.
Schlaglochfrei entlang der Ruhr radeln, joggen oder Inlineskaten, den Kinderwagen schieben – wann kann man das schon mal? Auf dem Teilstück zwischen Haus Kesper und der Brennerei Sonnenschein ist gerade am Wochenende richtig was los.
Grünpflege auf der autofreien Straße
Die Anwohner Dirk und Susanne Konrad haben in den letzten Tagen sogar damit begonnen, den Bürgersteig von Unkraut zu befreien. Sie vermieten zwei Ferienwohnungen in ihrem Haus, meist an Radwanderer. „Und die sind ganz begeistert, wie ruhig es in Witten nahe der Ruhr ist“, sagt Dirk Konrad.
Von ihm aus „könnte die Sperrung noch Jahre weitergehen“. Zumal der Verkehr auf der Herbeder Straße jedes Jahr weiter zugenommen hätte. „Inzwischen brummen die Lkw auch samstags und sonntags vor unserer Haustür vorbei.“ Wer an der momentanen Umleitungsstrecke im Esch, am Hellweg, an der Sprockhöveler Straße oder am Wannen wohnt, kann dies wahrscheinlich bestätigen.