Witten. Mit Gefängnis muss ein 33-Jähriger die Beleidigung und Bedrohung eines Lokalpolitikers in Witten bezahlen. Der Richter fand deutliche Worte.
Diesmal gab es für den Angeklagten keinen Ausweg mehr. Nachdem er beim ersten Verhandlungstermin nicht erschienen war, wurde der Mann, der den Lokalpolitiker Stefan Borggraefe (Piraten) beleidigt und bedroht hatte, diesmal mit Handschellen und in Begleitung zweier Polizeibeamten ins Amtsgericht Witten geführt. Er durfte die Fesseln nach der Verhandlung zwar wieder abnehmen. Seine Freiheit hat er aber eingebüßt. Er muss für vier Monate ins Gefängnis.
Der 33-jährige Beschuldigte stellte zu Beginn des Prozesses erst einmal einen Antrag auf Befangenheit des Richters. Darüber wurde über eine Stunde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Dann ging es erst richtig los. Angeklagt war der Mann wegen Bedrohung und Beleidigung in drei Fällen, zwischen dem 21. und 25. Januar dieses Jahres.
Wittener drohte Borggraefe auf Facebook
Auf seinem Facebook-Profil hatte der Arbeitssuchende mehrfach Drohungen gegen Stefan Borggraefe ausgesprochen. So postete er unter einem Beitrag Borggraefes den Satz „In die Mülltonne mit dir“, dazu ein Link zu einem Video, in dem Politiker in Mülltonnen gesteckt wurden. Auch auf seinem eigenen Profil sprach er die Drohung nur einen Tag später erneut aus: „Stefan Borggraefe, du entkommst mir nicht. Ich schmeiß dich höchstpersönlich in die Bio-Mülltonne“ – wieder verbunden mit dem Video, das auch vor Gericht noch einmal gezeigt wurde. Der Angeklagte schaute sich das Ganze regungslos an und würdigte den Fraktionschef der Piraten während der Verhandlung keines Blickes.
Borggraefe bestätigte die Vorfälle noch mal selbst und erläuterte, wie er die Anfeindungen aufgenommen hat. „Das macht schon was mit einem.“ Die Frage des Richters, ob er sich seitdem eingeschränkt fühlt, verneinte der 46-Jährige zwar. Er sagte aber, dass es „nicht sein kann, dass solche Dinge in der Demokratie möglich sind“. So würde es immer weniger Menschen geben, die sich in der Lokalpolitik engagieren, wenn sie so etwas aushalten müssten.
Der Angeklagte selbst äußerte sich zu den Taten zunächst nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass es auch nach den Vorfällen im Januar weitere Beleidigungen gegeben hat. So verglich er den Wittener Politiker in einem Facebook-Beitrag mit Adolf Hitler. Zudem ging er Borggraefe auch in einer Telegram-Gruppe der Wittener „Spaziergänger“, die sich gegen die Corona-Maßnahmen stellen, weiter an.
Staatsanwaltschaft plädiert auf Bewährung
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Nach der Beweisaufnahme wollte der Angeklagte aber doch noch was sagen. „Ich scheine ein politischer Dissident (Anm.d.Red.: „Unbequem Andersdenkender/Wikipedia) von Herrn Borggraefe zu sein, den er mit aller Macht verfolgt.“ Aufgrund der vorliegenden Beweise gab es aber keine Zweifel an den Taten. Auch der Beschuldigte selbst widersprach nicht.
Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, der Richter entschied letztlich auf vier Monate Gefängnis. „Sie haben hier auch heute keine Reue gezeigt“, sagte er in Richtung des vierfach Vorbestraften. Der Richter begründete das Urteil auch so: „Man muss das demokratische System schützen. In einem Rechtsstaat ist so ein Verhalten nicht möglich.“
Zu guter Letzt gab er dem jungen Wittener noch mit auf den Weg, dass man sich so schnell nicht wieder sehen solle. „Das liegt nicht an mir, sondern an den Menschen, die meine Meinung nicht akzeptieren“, lautete der uneinsichtige Schlusssatz des 33-Jährigen.
Stefan Borggraefe selbst ist mit dem Urteil zufrieden. „Ich hoffe, dass er tatsächlich zur Vernunft kommt. Ich freue mich, dass die Demokratie funktioniert und Lokalpolitiker geschützt werden.“