Witten. Ein architektonisches Highlight für Witten ist seit Jahren in Gespräch: Doch der Bau des 90-Meter hohen Büroturms Ardex-Tower ist nicht in Sicht.

Eigentlich sollt der Spatenstich für eine architektonische Landmarke schon 2020 in Witten gesetzt werden. Ardex wollte für seine Hauptverwaltung den „Ardex Tower“ mit 24 Stockwerken errichten, der weit über den Unternehmensstandort in Annen gestrahlt hätte. Aber mit Corona geriet der Turm ins Wanken.

Der Weltmarktführer bei hochwertigen bauchemischen Spezialbaustoffen lässt die Zukunft des Ardex Towers weiter offen. Nach dem Sommer, in etwa zwei Monaten, solle dazu eine „finale Entscheidung“ fallen, so Firmensprecherin Janin Settino auf Anfrage. „Wir haben das Bauvorhaben während der Corona-Zeit gestoppt. Seitdem gab es viele Entwicklungen, die früher undenkbar gewesen wären, etwa das Homeoffice. Das Ganze muss neu bewertet werden.“

Enorme Investitionen in den Standort Witten

Seit 2016 hat Ardex enorm am Standort Witten investiert. Insgesamt waren damals 100 Millionen Euro für den „Ardex Campus“ vorgesehen. An der Friedrich-Ebert-Straße entstand 2017 für 10,5 Millionen Euro ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. 2019 folgte für 35 Millionen ein Logistikzentrum mit modernster Hochregaltechnik.

Der geschwungene, gläserne und 90 Meter hohe Büroturm sollte das Highlight dieser Standorterneuerung werden und gegenüber der historischen Firmenvilla in den Himmel wachsen. Der Entwurf des Berliner Architekten Gerhard Spangenberg würde das bisherige Verwaltungsgebäude aus den 1960er Jahren ersetzen, an dessen Stelle ein Parkhaus kommt. 2022 sei eines der höchsten Bürogebäude im Ruhrgebiet bezugsfertig – so klangen die Pläne „vor Corona“.

Die bauvorbereitenden Arbeiten liefen schon: 2017 wurde an der Friedrich-Ebert-Straße in Witten der Boden für den neuen Ardex-Tower geebnet.
Die bauvorbereitenden Arbeiten liefen schon: 2017 wurde an der Friedrich-Ebert-Straße in Witten der Boden für den neuen Ardex-Tower geebnet. © FUNKE Foto Services | Thomas Nitsche

Bauordnungsrechtlich steht dem Neubau nichts mehr im Wege. Bürgerbedenken, der hohe Turm werfe zu viel Schatten, wurden in zwei öffentlichen Veranstaltungen wegdiskutiert. Alte Gebäude sind bereits abgerissen. Doch Ardex-Vorstand Mark Eslamlooy kündigte im Mai 2020 an, den teuren Bau zugunsten von Arbeitsplätzen und Investitionen in Produktionsprozesse auf Eis zu legen.

Gesamtumsatz von mehr als 930 Millionen Euro

Auch interessant

Seitdem ist die Gesellschaft in Familienbesitz weiter gewachsen. Fast 4000 Menschen arbeiten bei Ardex weltweit. Die Gruppe ist in mehr als 100 Ländern auf allen Kontinenten präsent, im Kernmarkt Europa nahezu flächendeckend. Mit mehr als zehn großen Marken erwirtschaftet Ardex weltweit einen Gesamtumsatz von mehr als 930 Millionen Euro.

Digitale Angebote auf dem Vormarsch

Ardex wurde im Dezember 1949 in Witten gegründet, damals noch unter dem Namen Norwag Werke GmbH. In den letzten Jahren hat der Bauchemiehersteller Mehrheitsbeteiligungen an anderen Firmen übernommen.

2021 baute Ardex seine Marktposition in Neuseeland weiter aus und tätigte die nach eigenen Angaben „größte Akquisition der Firmengeschichte“, die Kooperation mit der wedi GmbH aus Emsdetten. Wedi bietet Baulösungen für Nassräume, wie Bäder, an. Verstärkt werden auch digitale Angebote wie ein Online-Projektplaner, die App „Ardexia“.

Auch die Zahl der Beschäftigten in Witten sei gestiegen, bestätigt Sprecherin Settino. „Unsere Kapazitäten im Bürobereich sind zu gering.“ Deshalb hat Ardex seine IT-Abteilung im September 2020 ausgegliedert. Als Übergangslösung sei ein Gebäude auf dem Wickmanngelände an der Annenstraße, neben dem Technischen Rathaus, angemietet worden.

Büroflächen werden reduziert

Auch interessant

In den Sozialen Medien machen längst Aussagen die Runde, bei dem Ardex-Tower herrsche „absoluter Stillstand“ – auch angesichts explodierender Baukosten, wie ein Annener Gewerbetreibender vermutet.

Dass die Pläne vorerst in der Schublade bleiben, dürfte zur Tendenz vieler großer Unternehmen passen, Büroflächen zugunsten von „hybriden“ Arbeitsplätzen zu reduzieren. Die Mitarbeitenden arbeiten dann ein paar Tage im Büro, ein paar Tage im Homeoffice, an wechselnden Schreibtischen. Das private Einzelbüro mit Namensschild ist damit ein Auslaufmodell. Vielleicht geht es dem hohen Büroturm genauso.