Witten. Ein ukrainisches Paar hat es geschafft und ist aus der von Russen besetzten Stadt Cherson geflohen. Das haben die Eheleute dann in Witten erlebt.

Ihre Flucht mit dem eigenen Auto aus dem ostukrainischen Cherson war lebensgefährlich. Tränen haben Vera Lebediev (69) und ihr Mann Eugen Yevhen (71) in den Augen, wenn sie davon erzählen. Dass ihnen das russische Militär nichts anhaben konnte, komme einem Wunder gleich, sagt das Paar. Sie hätten nicht davon zu träumen gewagt, im über 1000 Kilometer entfernten Witten eine sichere Bleibe zu finden.

Gastgeber in Witten üben mit Flüchtlingen die deutsche Sprache

Die beiden Ukrainer leben jetzt bei Maria (69) und Dieter Maschmeier (70). „Die Zimmer stehen schon seit vielen Jahren leer“, sagen die Gastgeber. Die Mutter des Ehemannes hat dort bis zu ihrem Tode gelebt. Seitdem überlegten die Wittener, was nun aus dem Räumen werden soll.

Als dann Ende April OIga Tape, Initiatorin der örtlichen Ukraine-Initiative, bei den Maschmeiers anklopfte, wussten sie, dass es mit dem Leerstand bald ein Ende haben werde. Die beiden Paare haben in etwa das gleiche Alter und merkten schon nach kurzer Zeit, dass sie sich gegenseitig zu schätzen wissen. Die zwei geflüchteten Ukrainer sind nicht nur wegen der Wohnung dankbar. Maria Maschmeier übt mit ihnen auch die deutsche Sprache.

Unter der Woche ist sie jeden Morgen um zehn Uhr bei ihnen zu Gast. Gut eine Stunde lang geht sie mit den Untermietern Vokabeln, Sätze und Grammatik durch. „Wir lachen auch viel“, sagt die Wittenerin, die wie ihr Mann die Neuankömmlinge bewundert. „Trotz des Leids, das sie erlebt haben, zeichnet sie ein ungemeines Gottvertrauen und großer Optimismus aus.“

Russische Soldaten plünderten Wohnung im ukrainischen Cherson

Eugen Yevhen und Vera Lebediev erzählen, wie eines Tages russische Soldaten in ihrer Wohnung standen und sie um ihr Leben bangten. Zum Glück hatten es die Männer nur auf Haushaltsgeräte abgesehen. „Von der Mikrowelle bis zur Waschmaschine nahmen sie alles mit.“

Die Flüchtlinge reden nur über ihre Erlebnisse, wenn man sie darauf anspricht, sagen die Gastgeber, beide pensionierte Richter. Dass „wir uns dafür Zeit nehmen, ist selbstverständlich“. Die zwei Ukrainer sprechen dann auch davon, wie es vor dem Krieg war. Er arbeitete als selbstständiger Klempner, sie als Gemeindereferentin. Beide führten ein glückliches Leben – bis zum 24. Februar.