Witten. Der Abschied naht: Am 28. Mai schließt der Real in Witten-Annen für immer. Manche Regale sind schon leergekauft – und die Mitarbeitenden trauern.
Seit knapp einer Woche läuft der Ausverkauf im Real-Markt an der Annenstraße in Witten. Beste Laune gibt das bei den Kunden, denn alles, was nicht Lebensmittel ist, ist reduziert und viele Regale sind schon leergekauft. Bei den Mitarbeitern sieht das anders aus. Es herrsche „totale Resignation“, so Betriebsrätin Jana Demann.
Dabei habe Real einen ordentlichen Sozialplan angeboten, mit Abfindung und Freistellung bei vollem Gehalt ab 1. Juni. Die 70 unbefristet Angestellten könnten sich so in Ruhe eine neue Arbeit suchen. „Wir sind alle fürs Erste gut abgesichert. Aber wir verlieren unsere Familie. Wir arbeiten seit Jahrzehnten zusammen und fühlen uns nun auseinandergerissen“, so die 49-jährige Betriebsrätin, die vor 27 Jahren im Büro des Annener Supermarkts anfing. Die meisten hier sind um die 50 Jahre alt. Fast zeitgleich haben sie ihre Stellen angetreten, 2006, als der einstige Wal-Mart schloss und Real neu einstellte. „Die Atmosphäre bei uns hat immer gestimmt“, sagt Jana Demann.
Wittener Real erwirtschaftete guten Jahresumsatz
Bei 15 der 85 Real-Angestellten sind bereits Zeitverträge ausgelaufen. Die meisten sind weiterhin im Einzelhandel tätig, bei Rewe, Edeka oder Kaufland. Ausgerechnet Kaufland! Alle Gerüchte besagen, dass Kaufland nach Umbau an der Annenstraße neu eröffnen wird. Das Unternehmen selbst bestätigt dies nicht.
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Die Mitarbeitenden hatten bis zum Jahreswechsel gehofft, als einer der neuen Real-Märkte weitermachen zu können. Der Investor Tischendorf führt bundesweit 60 Märkte der SB-Warenhauskette unter dem alten Namen weiter. Einen davon wird der bisherige Wittener Geschäftsführer Dirk Diening leiten. Auch er hatte auf eine Real-Lösung für seine Wittener Angestellten gesetzt: „Die interne Informationspolitik war immer sehr positiv. Denn in der Bilanzsumme war dieser Real sehr erfolgreich“, sagt der 45-Jährige. Zumal der Annener Supermarkt viele Stammkunden zähle.
Der Marktleiter glaubt, dass sich die einstigen Konkurrenten in Annen noch umgucken werden. „Wenn ich hier um Umkreis Supermarktleiter wäre, würde ich schnellstens einstellen. Allein wie viel Leergut wir wöchentlich angenommen haben und wie viele Waren wir täglich in die Regale räumen.“
Zum Schluss gibt’s 90 Prozent Rabatt
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Noch aber kommen die Kunden, und zwar in Scharen. Am Freitag und Samstag gab es lange Schlagen, obwohl alle Kassen voll besetzt waren. Gekauft werden vor allem Elektrogeräte, Haushaltswaren und Kleidung. In vielen Einkaufswagen sieht man Bettdecken, Kaffeemaschinen, Frischhaltedosen und Schreibwaren. „Die Lebensmittel werden wir bis zum letzten Tag verfügbar haben“, erklärt Dirk Dieninig. Alle „Non-Food-Produkte“ sind dagegen bereits reduziert. Was im Lager ist, wird herausgeräumt, „und das Lager kriegen wir in dieser Woche noch leer.“ Alles müsse verkauft werden, „zum Schluss gehen wir auf 90 Prozent Rabatt“.
Am letzten Öffnungstag, dem 28. Mai, wollen sie mittags schließen und dann noch in der Belegschaft Abschied feiern. In den zwei letzten Tage werde dann ausgeräumt, es komme ein Entsorger, der die restlichen Waren abhole. Jana Demann steigen Tränen in die Augen, wenn sie über das nahe Ende spricht: „Die meisten von uns haben diesen Laden aufgemacht und werden ihn wieder schließen.“