Witten. Der kleine Eisladen in Witten-Heven hat trotz geringer Fläche einiges zu bieten. Inhaber Werner Preuß (73) stellt über 50 Sorten selbst her.
Vom Chemiekonzern in die Eisdiele – Werner Preuß hat vor einigen Jahren einen ungewöhnlichen Jobwechsel hingelegt. Seit fünf Jahren betreibt er nun den „Kleinen Eisladen“ an der Billerbeckstraße in Witten. Das Lokal mit seinen gerade einmal 25 Quadratmetern hat sich in dieser Zeit zu einer festen Größe in Heven entwickelt. Denn dort gibt es bis zu 50 unterschiedliche und teils ausgefallene Eissorten – alle vor Ort hergestellt.
Auch interessant
„Groß ist es nicht, aber wir haben auf jeden Quadratmeter mindestens zwei Eissorten“, sagt Besitzer Werner Preuß stolz. Sitzgelegenheiten gibt es keine, das Eis gibt’s zum Mitnehmen. Neben Klassikern wie Schokolade, Vanille und Stracciatella stehen auf der umfangreichen Karte auch Käsekuchen, Sachertorte, Mascarpone mit roten Früchten, Mozartkugeln oder Buttermilch mit Sanddorn – alles in Eisform, versteht sich. Und dann gibt es noch das „Grubengold“, ein schwarzes Vanilleeis, das laut Preuß sogar besser schmecken soll als das helle.
Eis-Macher ist stolz auf seine vielfältigen Sorten
Eine der letzten Kreationen des Eismachers ist eine Sorte auf Milchreisbasis mit Zimt und Zucker, das sich laut Preuß nicht nur unter Kindern großer Beliebtheit erfreut. „Wir sind auch die einzigen in der Umgebung, die Lakritz-Eis herstellen“, sagt der 73-Jährige. Da sei die Nachfrage zwar weniger hoch, dennoch bemüht sich Preuß, jeden noch so ausgefallenen Kundenwunsch zu erfüllen.
Produziert wird das Eis vor Ort „in der besten Eismaschine der Welt“, erzählt Preuß, während er mit einem großen Spachtel Eismasse bearbeitet, die sich in besagter Maschine stetig im Kreis dreht. „Das hier ist noch echte Handarbeit.“ Alle Eissorten stellt er alleine her – für den 73-Jährigen kein Problem: „Ich habe ja 40 Jahre lang geübt.“
Vom Industrieanlagen-Reiniger zum Eis-Experten
Denn bevor Preuß nach Witten kam, führte er erfolgreich in Recklinghausen eine Eisdiele. „Da hatte ich eine Sieben-Tage-Woche, habe im Schnitt zwölf Stunden am Tag gearbeitet mit Herstellung und Verkauf.“ Mit der Rente siedelte er dann zu seiner langjährigen Partnerin nach Witten um. „Im ersten Jahr saßen wir dann im Garten und haben gemerkt: Nichtstun geht nicht.“ Dann stieß Preuß auf das frei stehende Lokal in Heven.
Für seine jetzige Profession, den „schönsten Job der Welt“, wie er selbst sagt, hat Preuß in jungen Jahren einiges riskiert. Mit Anfang 30 arbeitete er beim Chemiekonzern BASF, war dort für die Reinigung von Industrieanlagen verantwortlich. „Ich hatte einen gut bezahlten Job, war verheiratet, hatte gerade ein Haus gekauft, drei Kinder“, erzählt Preuß. „Und dann habe ich den Job hingeschmissen und mich als Eismann selbstständig gemacht.“ Eis gemacht hatte er da aber noch nie. „Ich hätte so auf die Nase fallen können.“ Doch so kam es nicht. In nur sechs Wochen habe ihm der Vorbesitzer seiner ersten Eisdiele alles beigebracht.
Auch diese Eisdielen produzieren selbst
Eis aus eigener Herstellung finden Schleckermäuler in Witten auch noch in anderen Eisdielen. In Mitte bieten etwa das Eiscafé Simonetti (Ruhrstraße 20), das Dolce Vita (Bahnhofstraße 35) und das „I am love“ (Berliner Platz) selbst gemachtes Eis. Letzteres hat auch eine große vegane Auswahl.
In Stockum verkauft etwa das Arte Gelato (Hörder Straße 324) Eis aus eigener Herstellung, ebenso wie in Herbede das Eiscafé Venezia (Platz an der Schmiede 6).
Mittlerweile ist aus dem Schüler ein Lehrmeister geworden. Preuß, der den „Kleinen Eisladen“ mit seiner Lebensgefährtin Christa Jünger (78) betreibt, arbeitet derzeit die nächste Generation ein. Christas Tochter Vilija (44) hat ihren Job in Berlin aufgegeben und ist nun emsig damit beschäftigt, bunte Eisbecher zu füllen und an die Kundschaft zu verteilen. Zuvor betreute sie Palliativpatienten. „Hier hat man viele strahlende Gesichter und glückliche Kinder.“ Und eben den schönsten Job der Welt.