Witten. Die Stadtwerke Witten rüsten sich für mögliche Engpässe bei Gaslieferungen. Das könnte auch für einige Großkunden Konsequenzen haben.

Nach dem Bekanntwerden der Gräueltaten der russischen Armee in einem Vorort Kiews bröckelt in der Regierungskoalition die Abwehr gegen ein Embargo für russisches Gas. Ohnehin gilt seit vergangener Woche die vom Wirtschaftsminister in Kraft gesetzte Frühwarnstufe des „Notfallplans Gas“. Auch bei den Stadtwerken Witten laufen die ersten Überlegungen, falls Lieferungen ausbleiben.

So hat ein Krisenstab beleuchtet, was passieren würde, wenn zu wenig Gas in die Ruhrstadt gelangt – und welche Folgen das für Haushalte, Industrie und öffentliche Einrichtungen haben könnte. „Privatkunden bekommen nicht das Gas abgedreht. Sie können also entspannter sein“, sagt Sprecher Mathias Kukla. So steht es auch im deutschlandweit gültigen Notfallplan.

40 von 60 Großkunden müssten im Notfall vom Netz gehen

Sollte es im Laufe des Ukraine-Krieges zu einem Versorgungsengpass kommen, müssten zuerst sogenannte „nicht schützenswerte“ Kunden vom Netz genommen werden. In erster Linie sind das Industrie- oder Gewerbekunden, aber auch öffentliche Einrichtungen wie etwa Hallenbäder. Von 60 Großkunden, die in Witten am Gasnetz hängen, trifft das auf 40 zu. Die restlichen 20 sind „sensible Einrichtungen“ wie Kliniken und Altenpflegeheime. Sie würden also auch im Notfall weiterhin mit Gas versorgt werden.

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Doch auch für die 40 möglichen betroffenen Unternehmen und Einrichtungen sieht Stadtwerke-Sprecher Kukla – ohne Einzelne konkret zu nennen – nicht ganz schwarz. Ein so massiver Engpass, dass einzelne Betriebe komplett vom Netz gehen müssen, werde sicherlich „nicht morgen und nicht übermorgen“ geschehen. Auf die Frühwarnstufe folgt zunächst eine Alarm-, dann eine Notfallstufe. Erst bei der letzten Stufe kommen die kommunalen Versorger mit an Bord.

Bundesnetzagentur gibt im Notfall vor, wie viel Gas eingespart werden muss

Mathias Kukla, Pressesprecher der Stadtwerke Witten.
Mathias Kukla, Pressesprecher der Stadtwerke Witten. © Bastian Haumann/FFS

„Wir würden in einem solchen Fall von der Bundesnetzagentur Anweisungen erhalten, wie viel Prozent Gas wir einsparen müssen“, erläutert Mathias Kukla das Vorgehen. Die Stadtwerke würden diese Information dann an ihre Großkunden weitergeben und diese „auffordern, ihr Gas zu einem bestimmten Zeitpunkt und für eine bestimmte Zeit abzustellen“. Dabei handele es sich aber um eine Empfehlung. Selbst den Hahn zudrehen würde der Versorger nach aktuellem Stand der Dinge aber nicht. Das habe zum Teil auch technische Gründe.

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Vieles liegt momentan noch im Ungewissen. Etwa, ob alle 40 Großkunden oder nur einer von ihnen vom Netz müsste. Und für wie lange. „Das hängt etwa von der Witterung ab und davon, wie viel Gas noch in den Speichern ist“, so Kukla. Es gebe auch keine festgelegte Reihenfolge, in der die Unternehmen kein Gas mehr erhalten sollen. Alles hänge davon ab, wie hoch die geforderte Einsparung sein soll. Sicher ist aber: Wer einmal an der Reihe war, soll nach Möglichkeit zunächst nicht mehr vom Netz gehen. „Jeder soll mal dran sein, es sollen nicht immer dieselben sein.“

Schon jetzt Gas einsparen

26.500 Gaszähler sind in Witten in Betrieb, davon sind rund 20.000 Kunden der Stadtwerke. Der kommunale Versorger liefert rund drei Viertel seines Gases an Privatkunden und ein Viertel an die örtlichen Betriebe. Im Jahr 2020 waren das insgesamt 570 Millionen Kilowattstunden.

Kritisch könnte die Gasversorgung erst mit der nächster Heizperiode werden, betont Stadtwerke-Sprecher Mathias Kukla. Doch auch schon jetzt würde es sich für Privatkunden lohnen, Gas einzusparen. Denn so müsse weniger aus den Speichern entnommen werden bzw. das überschüssige Gas wird dorthin geleitet – und die Speicher sind gegen Ende des Jahres voller.