Witten. Rund 60 Prozent der Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr Witten gehen bis 2030 in Pension. Und die Nachwuchssuche wird immer schwieriger.
Bis 2030 werden rund 60 Prozent der heute 102 Berufsfeuerwehrleute in Witten aus Altersgründen ihren Dienst quittieren und in Pension gehen. Darunter auch die meisten Führungskräfte. Die Brandbekämpfer brauchen Nachwuchs. Und der ist schwerer zu finden als noch in früheren Jahren, sagt Feuerwehrchef Mario Rosenkranz. Die Chance, schon ausgebildete Kräfte „auf dem Markt“ zu finden, sei sehr gering.
Zurzeit werden 24 junge Leute von der Berufsfeuerwehr zum Brandmeister oder zur Brandmeisterin ausgebildet - darunter sind drei Frauen. Zwei von ihnen werden später bei der Feuerwehr Ennepetal arbeiten. „Wir haben nur noch 50 bis 60 Prozent der Bewerber, die wir vor zehn Jahren hatten“, erklärt Mario Rosenkranz. Mögliche Gründe hierfür kann er „nur erahnen“. Die Schichtarbeit gelte oftmals - „von außen betrachtet“ - als nicht attraktiv. Obwohl: Bei Wittens Berufsfeuerwehr folgen auf den üblichen 24-Stunden-Dienst in der Regel zwei bis drei freie Tage. Körperlicher Einsatz gehöre zum Beruf, auch, dass Feuerwehrmänner und -frauen verletzte und auch tote Menschen sehen. Feuerwehrleute sind immer auch ausgebildete Rettungssanitäter. 80 Prozent der Wittener Einsätze entfallen auf den Rettungsdienst.
Die Berufsfeuerwehr Witten hat seit Jahren rückläufige Bewerberzahlen
Als Mitglied der Berufsfeuerwehr müsse man bei der Arbeit Verantwortung für sich und andere übernehmen, betont Rosenkranz, der auch stellvertretender Kreisbrandmeister ist. All dies sei offenbar für viele Menschen nicht erstrebenswert. Weil die Zahl der Bewerber auf Ausbildungsplätze seit Jahren rückläufig ist, hat die Wittener Berufsfeuerwehr ihre Mindestvoraussetzungen für Anwärter anpassen müssen.
Nicht bei der theoretischen Ausbildung. Mario Rosenkranz: „Kann jemand nicht richtig rechnen oder schreiben oder hat er sprachliche Probleme, dann geht das nicht.“ Im praktischen Ausbildungsteil, beim Sport etwa, sehe das anders aus. Glänze ein Bewerber hier nicht in jeder Disziplin, in der er getestet werde, sei dies heute kein Aus-Kriterium mehr. „Wir wissen, was wir in der Ausbildung tun müssen, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern.“
Das Einstiegsalter für eine Ausbildung wurde auf maximal 38,5 Jahre hochgesetzt
Nicht in die nähere Auswahl kämen allerdings stark übergewichtige Bewerber, weil diese nicht die erforderliche Fitness für den Beruf mitbringen. Eine Voraussetzung für eine anderthalbjährige Ausbildung zum Brandmeister oder zur Brandmeisterin ist und bleibt, dass jemand bereits einen anderen Beruf erlernt haben muss. Die Zeiten, in denen Männer zumeist mit einer abgeschlossen Ausbildung als Handwerker oder Facharbeiter zur Feuerwehr wechselten, sind jedoch vorbei. Was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass auch Handwerker händeringend Nachwuchs suchen. 40 Prozent der Azubis kommen heute aus anderen Berufen.
Wittens Berufsfeuerwehr bildet als einzige im Kreis aus
Die Wittener Berufsfeuerwehr zählt rund 100 Köpfe, darunter sind vier Frauen. Eine weitere Kollegin ist noch in der Ausbildung. In der Wittener Jugendfeuerwehr sind 145 Jungen und Mädchen aktiv. Wittens Berufsfeuerwehr ist die einzige im EN-Kreis, die Nachwuchskräfte ausbildet. Deshalb werden in Witten auch junge Leute für die Feuerwehren in anderen Kreisstädten geschult - wie Ennepetal, Gevelsberg oder Schwelm. Für den nächsten Ausbildungsstart am 1. April 2023 sind noch Bewerbungen bis Ende April 2022 möglich. 18 Azubis sollen für das Wittener Feuerwehrteam gewonnen werden. Interessierte können sich über das Karriereportal des Öffentlichen Dienstes (www.interamt.de) melden.
Noch ein Entgegenkommen für künftige Kolleginnen und Kollegen: Durfte man zu Beginn der Ausbildung zum Brandmeister oder zur Brandmeisterin früher höchstens 28,5 Jahre alt sein, so wurde das mögliche Einstiegsalter um ein Jahrzehnt auf maximal 38,5 Jahre hochgesetzt. Eine Frau, die sich in die Männerdomäne gewagt hat, ist Stefanie Jaschik. Sie wird Brandmeisterin, hat in Witten bereits ein Jahr Ausbildung hinter sich.
Stefanie Jaschik (31) wagt den Sprung in eine Männerdomäne
In ihrem früheren Leben war die 31-Jährige in einem Unternehmen als Fachkraft für Lagerlogistik tätig. Ein Beruf, der ihr nach zwölf Jahren keine Freude mehr machte. „Ich war für alles alleine zuständig.“ Bei der Feuerwehr hat Jaschik die Arbeit im Team schätzen gelernt, das kollegiale Miteinander. Womit ihr neuer Beruf für sie auch punktet: „Kein Tag ist wie der andere, Routine gibt es hier nicht.“