Witten. Wittens einziger Mountainbikeverein,die „Happy Trail Friends“. macht sich für legale Strecken in Wittens Wäldern stark. Seine Lobby wächst.

Die Corona-Pandemie hat vielen Sportvereinen das Leben erschwert, nur einem nicht: Der bis vor Kurzem fast brachliegende Mountainbike-Verein „Happy Trail Friends“ registriert einen aberwitzigen Mitgliederboom. Die Freunde des Radsports über waldige Hügel setzen sich für die Legalisierung von Strecken ein und hoffen auf mehr Anerkennung für diese Frischluft-Aktivitäten in Witten.

Jede Woche kann Constantin Tillmann vom Vorstand der Happy Trail Friends neue Mitglieder listen. 18 waren es im Februar 2021, ein Jahr später sind es 214, knapp die Hälfte davon Familien. Wie erklärt er sich das? „Die Pandemie hat Mountainbiken extrem gepusht“, sagt der 25-Jährige. „Das sehen Sie auch in den Wittener Wäldern, die werden jedes Jahr voller.“ Die Menschen möchten ein Naturerlebnis und mehr Individualsport.

Vereinsgelände von privatem Waldbesitzer in Witten gepachtet

Hinweisschilder geben Warnhinweise für das Verhalten auf dem Vereinsgelände in Witten.
Hinweisschilder geben Warnhinweise für das Verhalten auf dem Vereinsgelände in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Offenbar suchen Interessierte aber auch Vereinsleben. So wie Constantin Tillmann und Michaela Meßmarker (22). Erst seit wenigen Jahren fahren sie Mountainbike. Dabei stießen sie auf den Wittener Verein, in dem sich praktisch nichts mehr tat. Er existierte nur, um das seit 2010 von einem privaten Waldbesitzer gepachtete Vereinsgelände nahe des Wartenbergs nicht zu verlieren.

Inzwischen ist die Anlage ein Hotspot der Mountainbikeszene. Was die meisten Wittener nicht wissen, verraten Auswärtigen Apps wie Strava, Komoot oder die Sozialen Medien: Dass man im Wald, schräg gegenüber vom Wanderparkplatz Kohlensiepen, gut biken kann.

Auf einer Länge von 420 Metern schlängeln sich drei ausgebaute Pisten durch den Wald. Sie erlauben Sprünge über Hindernisse, die „Table“ oder „Gap“ heißen, oder in tiefe Krater. Der private Trailpark ist Fluch und Segen zugleich. Es wird dort immer voller. Denn das Gelände ist offen zugänglich. Inzwischen haben die Vereinsmitglieder Schilder angebracht: Auf der einen Seite ist nur Einfahrt und woanders Ausfahrt, damit niemand ineinander rasselt. In Zusammenarbeit mit der Feuerwehr wurden Rettungspunkte beschildert, damit im Notfall Verletzte geborgen werden können.

Engagieren sich ehrenamtlich für den Mountainbikesport: Michaela Meßmaker, 22, Constantin Tillmann, 25, und Pascal Alius, 24, von links, von den „Happy Trail Friends“ in Witten.
Engagieren sich ehrenamtlich für den Mountainbikesport: Michaela Meßmaker, 22, Constantin Tillmann, 25, und Pascal Alius, 24, von links, von den „Happy Trail Friends“ in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Viele haben ein falsches Bild von der Sportart

In den letzten zwei Monaten war das Gelände gesperrt. Der matschige Waldboden sollte nicht noch mehr belastet werden. Außerdem hat der letzte Sturm 38 Bäume umknicken lassen, die erst gefällt und entfernt werden mussten. Zurzeit sammelt der Verein Spenden für eine Wiederaufforstung (fünf Euro pro Baum).

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„Wir sind zwar viel im Wald, aber weil wir die Natur lieben. Nicht, weil wir sie kaputtmachen wollen. Das ist leider nicht jedem klar“, sagt Constantin Tillmann und spricht damit ein heikles Thema an. Auch in Witten hätten viele ein falsches Bild von der Sportart und alle Jahre wieder gibt es Klagen über heimlich im Wald angelegte Trails oder rasende Radler. Constantin Tillmann findet aber: „Mittlerweile verstehen sich in Witten Spaziergänger, Biker und Reiter ganz gut.“ Unter den Radlern gelte die „Trailetikette“: „Man bremst ab, grüßt und bedankt sich.“

Pump-Track lässt auf sich warten

Renn-Event am 7. Mai

Zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte planen die Happy Trail Friends ein Mountainbike-Event in Witten: ein Abfahrts-Zeitfahren am 7.5.2022 auf dem Gelände am Kohlensiepen. Auch externe Starter sind willkommen. Zusätzlich gibt’s Platz für Geselligkeit mit Bierwagen und Foodtruck. Anmeldung: https://www.happytrailfriends.de/zeitfahren.

Der Verein bietet mehrere Trainings an, für Erwachsene und Kinder. Die Kindertrainings finden in zwei Gruppen statt, die Kleineren werden am Jugendtreff Imberg betreut. Momentan sind keine Trainingsplätze für Kinder mehr frei – dringend gesucht werden weitere Trainer mit entsprechender Lizenz.

Trotzdem würde sich der Verein mehr Unterstützung und Wertschätzung seitens der Stadt wünschen. „Der Verein unterbindet doch den Bau illegaler Strecken. Hier kann man kontrolliert sein Baubedürfnis ausleben“, sagt Michaela Meßmaker, die in dem Verein Jugendtrainerin ist. Dem Antrag des Vereins, mit Fördergeldern in Witten einen „Pumptrack“ zu bauen, einen Bewegungs-Spielplatz mit Wellen, Steilkurven und Sprüngen, hat der Stadtrat zwar zugestimmt. Das war im Mai 2021. Seitdem liegt das Projekt aber auf Eis. Nicht mal ein Standort wurde festgelegt.

Der Vereinsvorstand träumt auch weiterhin von einer öffentlichen Bikestrecke, als legale Alternative zum Vereinsgelände und um den Wildwuchs an anderer Stelle zu verhindern. Schon 2015 war eine solche Initiative stecken geblieben, obwohl SPD und CDU damals ein Konzept des Vereins unterstützt hatten. Der Verein könnte eine Reihe Städte auflisten, in denen es anders geht. In Iserlohn entsteht zum Beispiel gerade die dritte Mountainbikestrecke – im städtischen Wald. Die Lobby der Biker wächst.