Witten. Die Marktschwärmer in der Werkstadt sind ein Erfolg. Doch das nachhaltige Einkaufsprojekt verliert seine Organisatorin. Wer es übernehmen könnte.

Lebensmittel, bei denen man weiß, woher sie kommen und wie sie produziert wurden – dafür steht das Konzept der Marktschwärmer. Seit Juni vergangenen Jahres gibt es das Erfolgsprojekt auch in Witten. Nun hört die Organisatorin des Marktes Ende Januar auf – und würde das Projekt gerne in engagierte Hände übergeben.

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Den über eine Online-Plattform abgewickelten Einkauf bei Erzeugern aus der Region hat Sybille Nix nach Witten geholt. Erst ins Wiesenviertel, seit September in den neuen Standort in der Werkstadt. 360 Kunden sind mittlerweile in der Ruhrstadt registriert. Sie können aus den Produkten von rund 40 Erzeugern wählen, die im Schnitt nicht weiter als 40 Kilometer entfernt sind.

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Kunden beim Einkauf bei den "Marktschwärmern" in der Werkstadt in Witten. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Gastgeberin betreut drei Marktschwärmereien gleichzeitig

Weil die 50-jährige aber auch die Marktschwärmer in Bochum-Langendreer und -Mitte betreut, wird sie den Wittener Standort nun aufgeben. Es sei organisatorisch einfach nicht mehr zu stemmen, so Nix. „Aber es ist mir wichtig, dass das in gute Hände kommt.“ Am besten wäre dafür ein Mensch geeignet, der in der Stadt vernetzt und eingebunden ist. „Denn das Projekt lebt vom Netzwerken.“ Wer ihr nachfolgt, könne auf eine gute Basis an Kunden und Produzenten zurückgreifen, sagt Nix. Und das Projekt nach seinen eigenen Ideen weiterentwickeln. Denn Witten habe „definitiv Potenzial“.

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Eine Option wären etwa zusätzliche Abholpunkte für die bestellten Lebensmittel einzurichten oder sogar einen Lieferservice. „Das sind gute Möglichkeiten für Kunden, die es in unserem Zeitfenster nicht schaffen.“ Denn wer bei den Marktschwärmern einkauft, stellt sich zwar online seine Lebensmittel zusammen, muss sie aber zu einer bestimmten Zeit abholen. Aktuell ist das immer mittwochs zwischen 17 und 18.30 Uhr.

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Dieser Einkauf macht offensichtlich glücklich: Eine Kundin holt sich bei den "Marktschwärmern" in der Werkstadt in Witten ihre vorbestellten Lebensmittel ab. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Marktschwärmer setzen auf Regionalität und Saisonalität

Die Marktschwärmer setzen fast voll und ganz auf Regionalität – nur ab und zu gibt es sogenannte Gastschwärmereien, bei denen etwa Mango, Papaya oder auch Avocado aus Spanien oder Italien ihren Weg nach Deutschland finden. Im Sommer gibt es diese Sonderaktionen aber nicht. Denn dann gibt es genug regionales Obst und Gemüse.

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Aber sind denn auch alle Lebensmittel der nachhaltigen Marktschwärmerei bio? Das liegt in der Hand des jeweiligen Gastgebers, sagt Sibylle Nix. Aktuell seien etwa 30 bis 40 Prozents des Wittener Angebots bio-zertifiziert. Sie selbst habe sich bewusst auch für Erzeuger ohne Siegel entschieden. Denn viele der Produzenten habe sie vor Ort besucht, gesehen, wie sie arbeiten – etwa ohne den Einsatz von Pestiziden oder mit angemessenen Lebensumständen für die Tiere.

Kleine Erzeuger, die man persönlich kennt

Oft seien die Erzeuger so klein, dass sie sich die Bio-Zertifizierung schlicht nicht leisten könnten, so Nix. Hinzu kommt: „Im Ruhrgebiet sind einem manchmal auch Grenzen gesetzt, was ‘bio’ angeht.“ Heißt: Es gibt nicht für alle Lebensmittel biologisch wirtschaftende Produzenten. Auch deshalb kooperiert sie seit Ende letzten Jahres mit einem Bio-Obsthof aus dem Raum Düsseldorf. Insgesamt gilt: Weil die Marktschwärmer mit kleinen Erzeugern zusammenarbeiten sind die Kapazitäten oft begrenzt, manch einer ist auch nicht wöchentlich dabei sondern liefert im Zwei- oder Vier-Wochen-Rhythmus. Das gelte besonders für den Feinkost-Bereich.

Vorbestellt werden muss bis Montagnacht

Wer die Marktschwärmerei in der Werkstadt übernehmen möchte, sollte dafür zwischen zehn und 15 Stunden in der Woche Zeit einplanen. Die Gastgeber erhalten von den Erzeugern 8,35 Prozent des Nettoumsatz für die Organisation. Wer Interesse hat, wendet sich an gastgeber@marktschwaermer.de oder sibylle@marktschwaermer-witten.de.

Die Abholung der bestellten Lebensmittel findet aktuell jeden Mittwoch von 17 bis 18.30 Uhr in Werkstadt, Mannesmannstr. 6, statt. Vorbestellt werden muss bis zur Nacht von Montag auf Dienstag um 3 Uhr. Mehr Informationen über die Marktschwärmerei und alle Produkte finden sich auf www.marktschwaermer-witten.de

Sibylle Nix ist selbst als Kundin zu dem Einkaufsprojekt gekommen. „Es hat mir erspart, die ganzen Hofläden abzufahren“, erinnert sie sich. Gerne würde die 50-Jährige, die neben ihrem Engagement für nachhaltiges Essen eine Event- und Künstleragentur betreibt, mit dem Vorurteil aufräumen, dass ökologisch erzeugte Lebensmittel überteuert sind.

„Man bekommt einfach einen Mehrwert“, sagt Nix. So sei etwa die Haltbarkeit deutlich erhöht, wodurch man nichts wegwerfen und auch nichts nachkaufen müsse. „Auch die Spontankäufe im Supermark fallen weg, weil der Einkauf mehr geplant ist.“ Insgesamt kaufe man so einfach gezielter und ausgewählter ein und schätze die Lebensmittel mehr wert. „Das ist eine andere Art des Einkaufens und auch des Lebensgefühls“, schwärmt Nix. Nun muss sich nur noch eine passende Nachfolge für die Gastgeberrolle finden – sonst muss der nachhaltige Einkauf in Witten eine Zwangspause einlegen.