Witten. Frische Lebensmittel aus der Region online bestellen und vor Ort abholen: Warum das Marktschwärmer-Projekt in Witten so schnell Erfolg hat.

Erdbeeren und Spargel, Kartoffeln und Brot, Fisch und Fleisch, Milch und Eier – einmal pro Woche verteilen Landwirte und Erzeuger aus der Region ihre Lebensmittel im Wiesenviertel. Das nachhaltige Konzept der Marktschwärmerei: kurze Transportwege, direkter Kontakt zum Erzeuger und keine Lebensmittelverschwendung. Das zieht viele umweltbewusste Wittener an.

Dienstag, 17 Uhr: Sibylle Nix steht im „lokal.“ im Wiesenviertel und sortiert die Bestellungen vor. In den durchnummerierten Boxen landen Erdbeeren, Brote und Limonaden. Bald kommen die Kunden, um ihre Produkte abzuholen, die sie bereits online ausgewählt und bezahlt haben. 34 Bestellungen sind es heute. Es ist erst die vierte Woche für die Marktschwärmerei in Witten. Gastgeberin Sibylle Nix verzeichnet bereits 250 Anmeldungen auf der Internetseite.

Landwirte und Erzeuger bringen ihre Lebensmittel selbst nach Witten

Die Boxen mit all den regionalen Produkten stehen bereit. Lars und Saskia Scharfenberg (v.li.), Annalena und Robin Niehues sowie Stephan Bacher sind einige der Erzeuger.
Die Boxen mit all den regionalen Produkten stehen bereit. Lars und Saskia Scharfenberg (v.li.), Annalena und Robin Niehues sowie Stephan Bacher sind einige der Erzeuger. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Nach und nach trudeln Landwirte und Erzeuger mit ihren Waren ein. Sascha Suer von der Bio-Manufaktur „Pottmühle“ aus Herne bringt Gläser mit Senf und Currysauce. Katja Verlagen liefert Kaffeebohnen der al-Kaffeerösterei aus Annen. Salate, Brokkoli, Kohlrabi, Radieschen und Mangold kommen vom Hof Dahlhoff aus Fröndenberg. Mit dem Beginn der Sommersaison bieten die Landwirte von Woche zu Woche mehr Gemüsesorten an – das Sortiment der Marktschwärmerei ist saisonal und wechselt ständig. Als letzte treffen die Landwirte mit gekühlten Waren ein.

Lars Scharfenberg und Heike Droste transportieren Fisch in ihrer Kühlbox. Sie kommen aus Iserlohn und verkaufen frische und geräucherte Forellen sowie Filets. Sie beliefern schon seit eineinhalb Jahren Marktschwärmereien in anderen Städten. „Für uns ist das eine Bereicherung. Wir gewinnen an Bekanntheit und können durch die Vorbestellungen genau planen“, sagt Lars Scharfenberg. Die Forellen seien erst am selben Morgen geräuchert worden.

Erzeuger kommen aus der Umgebung von Witten

Anders als auf dem Wochenmarkt oder im Supermarkt sind die Produkte bei der Marktschwärmerei alle bereits verkauft. Spontankäufe sind nicht möglich, dafür bleibt am Ende des Tages aber auch nichts übrig. Für die Landwirte und Erzeuger bedeutet das Planungssicherheit. Kosten für Zwischenhändler oder Marktgebühren zahlen sie nicht. Nur knapp 20 Prozent der Einnahmen geben sie als Provision und für die Zahlungsabwicklung an die Organisatoren ab. Alle Erzeuger kommen aus der Umgebung: Nur etwa 30 bis 35 Kilometer legen die Produkte durchschnittlich zurück, bevor sie in Witten landen.

So funktioniert die Marktschwärmerei

Wer etwas bei der Marktschwärmerei bestellen möchte, muss sich online unter www.marktschwaermer.de registrieren. Dort können alle Produkte ausgewählt und bezahlt werden. Die Abholung ist mit der erhaltenen Bestellnummer dienstags im „lokal.“ im Wiesenviertel möglich, ab 15. Juni zu einer neuen Uhrzeit: zwischen 17 und 18.30 Uhr.

Für viele Kunden sind diese kurzen Transportwege ein entscheidender Grund für einen Einkauf bei der Schwärmerei. Sie stehen Schlange, um sich ihre Waren mit der Bestellnummer am Eingang des Lokals abzuholen. „Man sollte das essen, was da ist. So haben wir es früher auch gemacht. Eine Mango aus dem Supermarkt, die tausende Kilometer zurückgelegt hat, brauche ich nicht“, sagt Bernd (74) aus Rüdinghausen.

Direkter Kontakt zwischen Produzenten und Kunden ist entscheidend

Exotische Früchte gibt es bei der Marktschwärmerei nicht. „Es ist eben kein Supermarkt“, sagt Edmund Pätsch (45), der gerade seine Bestellung in den Fahrradtaschen verstaut. Doch um möglichst nachhaltig einzukaufen, nehmen viele Kunden die geringere Auswahl in Kauf – auch Ulrike (63) und Michael (64) Pape, die ebenfalls mit den Rädern da sind: „Wir kaufen im Winter auch keine Erdbeeren aus Spanien.“

Wissen, woher das Essen kommt – das ist auch Gastgeberin Sibylle Nix wichtig. Früher hat die Bochumerin selbst Hofläden in der Umgebung abgeklappert. Fleisch aus dem Supermarkt kaufe sie gar nicht mehr. „Selbst im Bioladen wissen die Leute oft nicht, woher diese Ware kommt. Hier ist das anders“, sagt sie. Viele Landwirte bieten Hofbesuche für Kunden an, oft sind sie bei der Schwärmerei sogar selbst vor Ort. „Dieser direkte Kontakt zwischen Erzeuger und Kunde macht viel aus.“