Witten. Heiligabend ist auch in Witten in Coronazeiten nicht ausgefallen. Gemeinden in der Stadt organisierten einmal ganz neue Begegnungen.

Besondere Zeiten fördern auch neue, kreative Ideen. Wittener Kirchengemeinden haben dies Heiligabend zum zweiten Mal unter Beweis gestellt. Mit coronakonformen Gottesdiensten, aber auch mit anderen Angeboten. Die evangelische Kirchengemeinde Stockum hat zu einem „Weihnachten im Winterwald“ eingeladen. Die St. Vinzenz von Paul-Gemeinde verlegte ihre traditionelle Heiligabend-Feier ins Freie. Und die evangelische Kirchengemeinde Rüdinghausen/Schnee hieß Gottesdienstbesucher an verschiedenen Stationen an der frischen Luft willkommen.

Auch ein Herz aus Brotteig war in der evangelischen Kirche in Stockum zu sehen.
Auch ein Herz aus Brotteig war in der evangelischen Kirche in Stockum zu sehen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die 1902 eröffnete Bruchsteinkirche in Stockum an der Hörder Straße ist ein beliebter Ort für Hochzeiten. Sie ist klein, gemütlich - wie eine Inselkirche. Seit fünf Jahren ist Aletta Dahlhaus Pfarrerin in Stockum. „Wir haben uns Anfang November schweren Herzens entschieden, keine Gottesdienste zu Heiligabend und an den Weihnachtstagen anzubieten“, sagt sie. Vor Corona hätten rund 1000 Menschen die vier Gottesdienste an diesen Tagen besucht. „Das konnten wir uns jetzt nicht vorstellen.“

Engelsgrüße aus der evangelischen Kirche in Witten-Stockum

Heiligabend zieht es nachmittags viele Familien mit kleinen Kindern in die Kirche, die von Helfern in einen „Winterwald“ verwandelt wurde. Am Eingang kontrolliert ein junger Mann, ob die Besucher geimpft, genesen oder getestet sind. Die Gäste, die Masken tragen müssen, erwarten im Kircheninneren liebevoll geschmückte Weihnachtsbäume und Sitzbänke.

Patrick, Peter und Bernhard waren Heiligabend mittags zu Gast bei der katholischen St. Vinzenz von Paul-Gemeinde.
Patrick, Peter und Bernhard waren Heiligabend mittags zu Gast bei der katholischen St. Vinzenz von Paul-Gemeinde. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Bäume sind Stationen, an denen den Besuchern Fragen gestellt werden: Etwa: „Was sich Menschen damals wünschten, siehst Du am Hirten. Was wünscht Du Dir?“ Die Antworten können auf Pakete geschrieben werden. Ein Kind wünscht sich mit krakeliger Schrift, „dass Mama und Lucy gesund bleiben“, ein anderes, „dass das Christkind zu mir kommt“. Wer möchte, kann sich vor Engelsflügeln fotografieren lassen und diesen Engelsgruß an Menschen schicken, die gerade Mut und Hoffnung gebrauchen können.

An einer weiteren Station wird daran erinnert, dass dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrrhe geschenkt wurden. Die Frage: „Was würdest Du heute mitbringen?“ Mütter, Väter und Kinder halten inne, sprechen leise miteinander und genießen die festliche, besinnliche Musik der Organistinnen Heidrun Henning und Gloria Becker, die Orgel und Klavier spielen, sowie des Akkordeonisten Maik Hester. Pfarrerin Aletta Dahlhaus spendet denen Segen, die sich dies wünschen.

Wittenerin gibt zu, in diesem Jahr einsam gewesen zu sein

Pater Kasimir Zaranski mit den Geschenktüten für die Heiligabend-Besucher.
Pater Kasimir Zaranski mit den Geschenktüten für die Heiligabend-Besucher. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die katholische St. Vinzenz von Paul-Gemeinde lädt traditionell am Heiligen Abend einsame, bedürftige und obdachlose Menschen zu einer schönen Weihnachtsfeier ein. Diese musste aufgrund der Coronalage abgesagt werden. Freiwillige aus Wittener katholischen und evangelischen Kirchengemeinden des Ökumenischen Arbeitskreises ließen sich etwas einfallen.

Zwischen 11.30 Uhr und 14.30 Uhr haben 15 Ehrenamtliche Gäste, die geimpft sind, am Heiligen Abend im Freien vor dem Pfarrheim am Sankt-Vinzenz-von-Paul-Platz willkommen geheißen. Den Besuchern werden Suppen, Waffeln und Kaffee angeboten. Außerdem verteilen die Ehrenamtlichen Geschenktüten und bieten auch noch ein Essen zum Mitnehmen an. Helfer Markus Edel: „Man kann zwischen einem Hähnchen- und einem Schweineschnitzel wählen.“

Evangelische Kirche Stockum am 2. Weihnachtstag geöffnet

Besucher der traditionellen Christmette ab 23 Uhr, die Pfarrerin Sabine Maiwald-Humbert Heiligabend in der Erlöserkirche in Annen gestaltete, erwartete in diesem Jahr auch etwas ganz Besonderes. Ein Drehorgelspieler aus Sprockhövel spielte klassische Weihnachtslieder.

Die evangelische Kirche in Stockum ist am zweiten Weihnachtstag (26.12.) von 15 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet, die dort Stationen zur Weihnachtsgeschichte zum Nachdenken und Mitmachen sowie weihnachtliche Musik erleben möchten. Es gilt die 3G-Regel. Musikalische Grüße des Gemeindechores kann man sich über den Kanal You Tube anhören: https://youtu.be/c2KaHHqBLD8

Viele Familien und Alleinlebende nehmen das Angebot dankbar an - auch Sabine. Die 77-Jährige ist extra aus Hattingen gekommen. „Ich habe 20 Jahre in Witten gewohnt“, sagt sie. Und dass sie sich freut, auf diese Weise Menschen an Heiligabend zu treffen. Einige Meter weiter steht Anne an einem Stehtisch. Die 68-Jährige hätte in ihrer kleinen Wohnung keine Gelegenheit gehabt, jemanden einzuladen. „Das war durch Corona ein sehr belastendes Jahr“, sagt sie. Auch, dass sie einsam gewesen sei. „Denn ich treffe mich nur noch mit wenigen Leuten, weil ich Angst habe, mich anzustecken.“

Pfarrer Carsten Griese lud zu einem Stationen-Spaziergang in Rüdinghausen ein

Kon­fir­manden führten Heiligabend ein Krippenspiel an der  Trauerhalle des evangelischen Friedhofs in Witten-Rüdinghausen auf.
Kon­fir­manden führten Heiligabend ein Krippenspiel an der Trauerhalle des evangelischen Friedhofs in Witten-Rüdinghausen auf. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Pfarrer Carsten Griese von der evangelischen Kirchengemeinde Rüdinghausen/Schnee hat sich Heiligabend für einen coronakonformen „Draußen-Gottesdienst“ entschieden. An drei Stationen um die Kirche in Rüdinghausen herum wird die Weihnachtsgeschichte erzählt. Die Wittener Band Crosshouse, das Musiker-Ehepaar Valery und Angelika Leontjew sowie Sängerin Theresa Eckermann sorgen für musikalische Überraschungen.

Wer teilnehmen wollte, musste sich vorher anmelden und die 3G-Regel erfüllen. „Wir haben sechs Gruppen mit jeweils 40 Personen gebildet“, erklärt Pfarrer Griese, der auf eine Predigt verzichtete. Der Stationenweg, den die Gruppen zeitversetzt gehen können, dauert jeweils rund 45 Minuten. Los geht’s Heiligabend um 14 Uhr am evangelischen Gemeindehaus Rüdinghausen. An der Trauerhalle des Friedhofs führen Kon­fir­manden ein Krippenspiel auf. Nicht nur Pfarrer Griese hofft, dass das nächste Weihnachtsfest nicht wieder von Corona überschattet wird.