Witten. Nach zwei Jahren gibt es an der Erlenschule in Witten wieder Schulsozialarbeit. Warum Sozialpädagogin Corinna Choinka so dringend benötigt wird.

Schulleitungen hatten es gefordert, auch Wittener Parteien: Schulen müssten durch mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter unterstützt werden. Im Januar hatte der Rat zwei neuen Stellen zugestimmt. An der Erlenschule gibt es seit Monatsanfang nun endlich Verstärkung.

Über die Schulsozialarbeiterin Corinna Choinka freut sich nicht nur der Leiter der Annener Grundschule, Andreas Gründer, sondern auch Schüler, Lehrerinnen und Lehrer.

Sozialarbeiterin Corinna Choinka und Schulleiter Andreas Gründer mit Klassenregeln, die mit den Grundschülern zusammen aufgestellt wurden.
Sozialarbeiterin Corinna Choinka und Schulleiter Andreas Gründer mit Klassenregeln, die mit den Grundschülern zusammen aufgestellt wurden. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Vor zwei Jahren ging die letzte Schulsozialarbeiterin in Rente. Nun hat es mit einer neuen Kraft geklappt. Schulen hätten heutzutage viel zu schultern. Denn den Kindern solle nicht nur Wissen vermittelt werden, sagt Rektor Gründer. „Schule soll heute auch viele Erziehungsaufgaben übernehmen.“

Corinna Choinka ist Sozialpädagogin. Die Mutter zweier Söhne war seit 1996 im damaligen offenen Kinder- und Jugendtreff in Heven tätig. In den vergangenen 16 Jahren hat sie beim Jobcenter „schwierige Fälle“ in Arbeit vermittelt.

Jetzt ist die 54-Jährige 30 Stunden in der Woche bei Problemen Ansprechpartnerin in der Erlenschule. Sie hat ein offenes Ohr für die dortigen 150 Kinder, deren Pädagogen und die Eltern der Erst- bis Viertklässler.

Wittener Schulleiter: „Ein Grundschulkind braucht kein Smartphone“

Schüler kommen zu ihr, wenn sie Sorgen und Ängste plagen, es Streit mit Mitschülern gibt. Gerade Mädchen hätten einen großen Redebedarf, sagt Choinka. Dabei würde es auch um Themen gehen wie: Wer ist die beste Freundin von wem? Die Schulsozialarbeiterin bietet Gruppen- und Einzelgespräche an, demnächst auch Sozialtrainings. Kinder sollen spielerisch eine gute Streitschlichtung erlernen. Die neue Kraft will Eltern ebenfalls zur Seite stehen und auch Hausbesuche anbieten. Lehrerinnen der Grundschule kommen bereits auf sie zu, wenn sie merken, dass sich Kinder auffällig verhalten, weinend zum Unterricht kommen, außergewöhnlich still oder aggressiv sind.

Kinder schütten der Sozialpädagogin ihr Herz aus, wenn es ihnen zu Hause nicht gutgeht oder sie unter Streitigkeiten der Eltern leiden. Bei Konflikten zwischen Schülern sei schnell von Mobbing die Rede. Gemeint sei aber: „Ich werde geärgert.“ Schulleiter Andreas Gründer betont: „Schulsozialarbeit ist auch präventiv, also vorbeugend, sehr wichtig, damit aus Kleinigkeiten kein Flächenbrand entsteht.“

Viele Kinder hätten nicht gelernt, so der Rektor, wie man sich in einer Gruppe verhält. „Corona hat das noch sehr verstärkt.“ Zuhause fehle Eltern häufig die Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen. Die Folge sei, dass Mädchen und Jungen mit Medien „ruhiggestellt“ würden – mit zu vielen und den falschen. „Ein Grundschulkind braucht kein Smartphone und den Zugang zu Whatsapp. Die werden damit komplett alleingelassen“, sagt Gründer.

Jedes fünfte Kind benötige Schulsozialarbeit

Parteien setzten sich für mehr Sozialarbeit ein

Nicht nur Regina Fiedler, die schulpolitische Sprecherin der Wittener CDU, hatte sich angesichts von Vandalismus an Wittener Schulen für eine Stärkung der Schulsozialarbeit stark gemacht. „Damit Kinder und Jugendliche nicht entgleisen.“ Auch SPD und Grüne hatten in der Ratssitzung am 26. Januar die Stadtverwaltung aufgefordert, die Schulsozialarbeit auszubauen.

Die Stellen für Schulsozialarbeit an der Pferdebachschule und der Otto-Schott-Realschule werden vom Land NRW besetzt und sind bereits ausgeschrieben. Die Stadt rechnet damit, dass die Stellen erst im neuen Jahr besetzt werden können.

Er betont, dass man in der Grundschule auch den respektvollen Umgang miteinander vermitteln müsse, dass Kinder lernen müssten, dass man nicht in die Klasse brüllen kann, dass man andere Menschen ausreden lassen muss und nicht wortlos einen Klassenraum verlässt, wenn man zur Toilette geht. In den Klassenzimmern der Erlenschule hängen sogenannte Klassenregeln, die zusammen mit den Schülern entwickelt wurden. Etwa, dass man sich gegenseitig hilft und dass man leise sein muss, um andere nicht beim Lernen zu stören. Eine „Schul-Charta“, die unweit des Zimmers des Schulleiters an der Wand hängt, erinnert die Kinder zum Beispiel daran, dass man seine Meinung vertreten kann, ohne andere zu verletzen, auch dass man niemanden auslacht.

Jedes fünfte Kind in der Erlenschule benötige Schulsozialarbeit, sagt der Rektor. Ende November sollen auch die Gerichts-, die Bredde- und die Crengeldanzschule jeweils über eine Vollzeitstelle für die Schulsozialarbeit verfügen, kündigt die Stadt an. Am 1. November hätten hierfür zwei weitere neue Kolleginnen ihren Dienst aufgenommen und würden jetzt eingearbeitet. Auch die Hüllberg- und Hellwegschule sollen spätestens zum Monatsende eine neue Schulsozialarbeiterin haben.