Witten. Wittens Handwerksbetriebe haben es nicht leicht. Der Vorsitzende der Kreishandwerkerschaft spricht darüber, was ihnen das Arbeiten schwer macht.

Es kann kaum schlimmer kommen: nicht für die Handwerker, nicht für die Menschen, die dringend diese Fachleute benötigen. Davon ist Carsten Schaldach, Vorsitzender der Kreishandwerkerschaft Ruhr, überzeugt. Denn es kommen zurzeit ganz viele unterschiedliche Faktoren zusammen, die allen Beteiligten das Leben schwer machen.

1. Kaum Nachwuchs: „Schon seit Jahren können in allen Handwerksberufen nicht genug junge Menschen ausgebildet werden, weil sie einfach kein Interesse am Handwerk haben“, sagt Schaldach. Hinzu komme, dass die Hauptschulen weggebrochen seien. Nicht genug, aber viele Schüler hätten sich von dort aus auf Handwerksberufe beworben. Mittlerweile gebe es nur noch wenige, die Interesse zeigten.

Kunden klagen über nicht fachgerechte Arbeiten

2. Imageschaden: Ein großes Problem sei die Abschaffung der Meisterpflicht durch die Politik gewesen. Sie war 2004 für 53 Gewerke abgeschafft worden. Für zwölf Berufe wurde sie 2020 wieder eingeführt. Mit der Begründung, dass es sich dabei um Berufe mit hohen Sicherheitsanforderungen handelt, beziehungsweise mit kulturell wertvollem Wissen, das weitergegeben werden soll. „Die meisten Klagen, die in den vergangenen Jahren an uns herangetragen wurden, waren handwerkliche Ausführungen, die eben nicht von Meisterbetrieben vorgenommen worden waren. Darunter hat das Image der Handwerker sehr gelitten“, sagt Schaldach.

3. Corona: Viele Monate während der Anfangszeit der Corona-Pandemie fehlte der Bedarf an industriellen Produkten. Es wurde wenig hergestellt. Handwerker aber stellten keine Produkte her, sondern verarbeiten sie. „Wir sind auf die Lieferungen der Industrie angewiesen“, so Schaldach. Über Monate wurde alles zurückgefahren und dann gab es plötzlich wieder einen enormen Bedarf. So schnell aber kann die Industrie diesen gar nicht decken. „Wir bekommen zurzeit nicht mal genügend Standardkabel, denn es wird jedem nur ein bisschen zugeteilt“, erläutert Carsten Schaldach, der Elektro-Installateurmeister ist.

Flutschäden beschäftigen auch Wittener Handwerksbetriebe

4. Energiewende: Zu dem Dilemma kommen noch die Energiepreise, die durch die Decke schießen. Jeder wolle – und zwar sofort – Photovoltaikanlagen auf dem Dach haben, um die Kosten im erträglichen Rahmen zu halten. Der zweite große Wunsch seien Elektroanschlüsse für Ladeleisten. „Die Menschen kaufen wie verrückt Elektroautos, um dann vor den wenigen Ladesäulen zu stehen und keinen Platz zum Aufladen zu bekommen.“ Also wollten alle eine Wallbox, um das Auto zu Hause laden zu können. „Wir bekommen aber einfach zu wenig Geräte, um sie zu installieren.“ Mindestens vier Wochen müsse man warten, auf eine Photovoltaikanlage sogar drei Monate.

Das Handwerk bietet über 130 Ausbildungsberufe

Der Satz „Handwerk hat goldenen Boden“ sei selten so zutreffend gewesen wie zurzeit, sagt Carsten Schaldach, Vorsitzender der Kreishandwerkerschaft Ruhr. Umso unverständlicher sei es, dass sich junge Menschen so wenig für diesen beruflichen Bereich interessieren.Im Handwerk gibt es mehr als 130 Ausbildungsberufe - von A wie Anlagenmechaniker bis Z wie Zimmermann. Schaldach betont, dass ein Handwerksberuf eine solide Grundlage für das Leben sei und viele Perspektiven für die Zukunft biete.

5. Die Flut: Flutschäden beschäftigen auch Wittener Handwerksbetriebe. In Hattingen seien die Schäden durch die Jahrhundertflut so groß, dass die Handwerker bei den Nachfragen schlicht nicht mehr nachkommen könnten, so Carsten Schaldach. Man fange da an, wo die Not am größten ist. Dies bedeute aber für andere, dass sie sich auf lange Wartezeiten einstellen müssten.