Witten. Um den Radtourismus im Ruhrtal auszubauen, plant die Stadt Witten eine breitere, aber flachere Lakebrücke. Der erste Entwurf lässt aufhorchen.

Soll die baulich völlig intakte Lakebrücke in Witten durch einen breiteren Neubau ersetzt werden – oder nicht? Die Stadt möchte den (Rad-)Tourismus im Ruhrtal ausbauen und eine neue Brücke zwischen Zollhaus und der Siedlung In der Lake/Alter Fährweg setzen lassen. Deren Anwohner sehen schon eine Radautobahn vor sich, die das Kuddelmuddel an beiden Ruhrufern, mit Radlern, Inlineskatern, Fußgängern und Autofahrern noch verschlimmert. Doch der erste Entwurf nach einer Machbarkeitsstudie beeindruckt.

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Stadtbaurat Stefan Rommelfanger macht seit Längerem keinen Hehl daraus, dass ihm die neue Lakebrücke gut zupass käme. Das Land würde den Neubau mit 3,5 Millionen Euro bezahlen – als „Trost“ für die Vollsperrung, die der Landesbetrieb Straßen.NRW den Wittenern beim Neubau der Ruhrbrücke zumuten muss – und weil man während dieser Zeit Rettungsfahrzeuge wie Krankenwagen, Feuerwehr oder Polizei über die Lakebrücke schicken kann. Die Brücke wäre außerdem rechtzeitig zur Internationalen Gartenschau (IGA) 2027 fertig. Herzstück der IGA soll bekanntlich eine Aufwertung des Ruhrtalradwegs werden. Die Wittener Innenstadt, die Zeche Nachtigall und Herbede sollen besser an die Route entlang der Ruhr angebunden werden. Ein Kernstück der Pläne wäre es folglich, das Nadelöhr Lakebrücke zu ersetzen.

Neue Brücke in Witten wäre weniger steil

Zu enge Stelle: die Zufahrt zur Lakebrücke in Witten auf der Hevener Ruhrseite.
Zu enge Stelle: die Zufahrt zur Lakebrücke in Witten auf der Hevener Ruhrseite. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Für die Stadt hat das Ingenieurbüro Bockermann Fritze aus Enger in einer Machbarkeitsstudie untersucht, wie eine neue Brücke aussehen könnte. Sie soll barriereärmer sein, dem Fahrgastschiff MS Schwalbe und den Schiffen für Gewässerunterhaltung der Bezirksregierung die Durchfahrt ermöglichen und Rettungsfahrzeuge – von der Breite einer Feuerwehr – aufnehmen können.

In der Machbarkeitsstudie wurden vier Varianten geprüft – eine Stahlbrücke, zwei Bogen- und eine Fachwerkbrücke. Ein Vorschlag aus der Bürgerschaft, neben die heutige Querung eine parallele zweite Brücke zu bauen, wird darin verworfen. Es gibt einen klaren Favoriten: eine Bogenbrücke mit einer Fahrbahn in der Mitte. Die Steigung kann bei dieser Bautechnik von acht auf sechs Prozent reduziert werden. Die Bauzeit wird auf 18 Monate geschätzt.

Das Ruhrtal mit alter Lakebrücke in Witten: Das Zollhaus ist gut erkennbar, vorne links eine alte Kornmühle. Das Foto ist auf einer Schautafel am Zollhaus zu sehen.
Das Ruhrtal mit alter Lakebrücke in Witten: Das Zollhaus ist gut erkennbar, vorne links eine alte Kornmühle. Das Foto ist auf einer Schautafel am Zollhaus zu sehen. © FUNKE Foto Services | Quelle: Stadtarchiv Witten, Repro Jürgen Theobald

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Trotz der Eleganz, die dieser Entwurf ausstrahlt: Im Gegensatz zur heutigen schmalen Brücke aus dem Jahr 1984 mit ihrem schulterhohen Geländer wirkt die neue Planung wuchtig. In einer Visualisierung hängt die neue Brücke an blauen Stahlbögen, die eine Höhe von fast zehn Metern erreichen. Gut 16 Meter wäre dies überm Wasserspiegel. Die für den Verkehr nutzbare Breite wird bei diesem Vorschlag von zwei auf 5,70 Meter erhöht. Die Gesamtbreite der Brücke beträgt etwa sieben Meter. Auch die neue Ruhrbrücke, die rund 200 Meter neben der Lakebrücke liegt, wird sich auf 15 Meter verbreitern, dank eines Radwegs auf beiden Seiten.

Anderer Verlauf des Ruhrtal-Radwegs

Ruhrtalradweg bekommt Picknickbänke

Bis zur Internationalen Gartenausstellung IGA 2027 soll der Ruhrtalradweg aufgewertet werden. Geplant sind unter anderem gestalterische Elemente, an denen man den Radweg auf Anhieb erkennt. Es soll Picknickbereiche mit Bänken geben und auch der Fähranleger am Schleusenwärterhäuschen wird verbessert.

Ein Ziel der IGA-Pläne ist es, mehr Besucher ins Dorf Herbede zu locken. Dessen historischer Ortskern liegt zwar unmittelbar an Ruhrtal und Kemnader See, wird aber von Touristen kaum wahrgenommen. Neben der Lakebrücke soll ein ebenerdiger Zugang über die Bahngleise nahe des Edeka geschaffen werden. Diese Verbindung zwischen Südufer und Ortskern können als „Tor Haus Herbede“ inszeniert werden, heißt es in der Entwicklungsstudie „Flusslandschaft Mittleres Ruhrtal“.

Dem städtische Verkehrsplaner Tim Raabe ist besonders der „verkehrssichere Anschluss“ auf beiden Seiten der Ruhr wichtig. „Auf der Hevener Seite kommen aktuell Verkehrsströme aus zwölf verschiedenen Richtungen zusammen.“ Diese Nadelöhr-Kreuzung in der Nähe von Picasso, Zollhaus und Brennerei Sonnenschein möchte er entschärfen, indem der Ruhrtalradweg eine alternative Führung bekommt.

Der genaue Verlauf steht noch nicht fest, aber die Tendenz. Der Radweg soll im großen Bogen über die Ruhrwiesen geführt werden. Von der (neuen) Lakebrücke aus kann man dann nur geradeaus radeln, auf den Alten Fährweg, um hinter der Wohnbebauung rechts in Richtung Schleusenwärterhäuschen abzubiegen. Zudem sollen die Wege verbreitert, Fuß- und Radverkehr getrennt werden.

Stadtbaurat Stefan Rommelfanger hat bereits eine öffentliche Bürgerveranstaltung zur Lakebrücke angekündigt, um diese „gemeinsam im Dialog zu entwickeln“. Auf einer Bürgerveranstaltung zum Neubau der Ruhrbrücke hat sich bereits gezeigt, wie sehr den Anwohnern das Thema auf den Nägeln brennt. Vielen ist der rasant wachsende Rad-Tourismus direkt vor der Haustür ein Dorn im Auge.