Witten. Claus-Jürgen Hake ist ein Mann mit einem großen Herzen. In Witten-Bommern zuhause hilft er seit 2015 Flüchtlingen. Was den 89-Jährigen antreibt.

Am Dienstag (24.8.) wird Claus-Jürgen Hake 90 Jahre alt. Seinen Geburtstag wird der Bommeraner im September in der Pension „Am Stöter“ mit rund 60 Gästen feiern - darunter sind acht Flüchtlinge aus Syrien, die früher in den Städten Damaskus und Aleppo zuhause waren. Für Hake sind diese Frauen und Männer zu Freunden geworden. Er hat sehr tatkräftig dafür gesorgt, dass die Menschen, die vor dem Krieg aus ihrer Heimat flüchten mussten, in Deutschland angekommen sind. So wie die syrische Konzertpianistin Naira Ghazarian (36), deren Töchterchen Ani (9) und Naira Ghazarians Mutter Svetlana Voskanian (67), die Claus Hake auch heute noch unterstützt.

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Naira Ghazarian, Tochter eines syrischen Arztes, kam im Oktober 2015 nach Witten. Sie lebte mit ihrem Kind und anderen Flüchtlingen zunächst in Bommerholz, im früheren Gästehaus der Universität Dortmund. Dort lernte die heute 36-Jährige Claus Hake kennen. Den Mann, der für Flüchtlinge Bettzeug, Kleidung und Schuhe organisierte, mit denen man durch einen deutschen Herbst und Winter kommt. „Er hat für eine warme Atmosphäre in der Unterkunft gesorgt. Ich habe mich nicht fremd gefühlt, obwohl ich alles hinter mir gelassen habe und in ein fremdes Land gegangen bin“, sagt die junge Syrerin und lächelt.

Wittener entschied sich nach dem Tod seiner Frau, sich für Geflüchtete zu engagieren

Im Bommerholzer Gästehaus sei es - dank Claus Hake - zugegangen wie in einer Familie. Naira Ghazarian: „Das haben auch andere Flüchtlinge so empfunden. Wir wurden unterstützt, wir waren nicht einsam, er hat sich warmherzig um uns gekümmert - wie ein Großvater.“ Dieser Mann sei ein Vorbild, findet sie. Was für ein Kompliment. Der so Wertgeschätzte gibt es zurück, sagt, dass ihm viele Flüchtlinge, die er im Gästehaus kennenlernte, ans Herz gewachsen sind, einige wurden zu Freunden - wie die Syrerin Naira Ghazarian, die in Bommern lebt und heute für zwei Dortmunder Musikschulen arbeitet und ihre neunjährige Tochter Ani, die die Brenschenschule besucht.

Naira Ghazarian ist Konzertpianistin und spielt auch in Kirchen.
Naira Ghazarian ist Konzertpianistin und spielt auch in Kirchen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Claus Hake, der im Bommeraner Bundesverlag einst eine Lehre als Buchdrucker machte und später Vertriebsdirektor eines großen Unternehmens war, hat sich nach dem Tod seiner Frau 2015 - im Jahr der großen Flüchtlingswelle - entschieden, sich für geflüchtete Menschen einzusetzen. Als Witwer suchte er eine Aufgabe, die ihn erfüllt.

Lilo Dannert, Vorsitzende des Vereins Flüchtlingshilfe Help-Kiosk Witten, konnte Helfer gut gebrauchen. Mit ihr ist Claus Hake im September 2015 zum ehemaligen Gästehaus nach Bommerholz gefahren, in dem die Stadt Flüchtlinge unterbrachte. Hake fand: Hier fehlen vernünftige Kopfkissen und Oberbetten. Er organisierte sie bei Altenheimen, die sich davon trennen wollten. 100 Oberbetten und Kissen spendete allein eine Volmarsteiner Einrichtung.

Hauseigentümer wollten nicht an Flüchtlinge vermieten und wurden überzeugt

Der Bommeraner schaltete Anzeigen in der Zeitung, bat um Kleidung für die Menschen. „Ich habe meine Garage nicht mehr nutzen können, so viele erstklassige Sachen wurden mir gebracht.“ Für die Flüchtlinge war er jetzt „der Claus“, der ihnen half. Der frühere Manager war und ist in seinem Engagement nicht alleine. Mit Gleichgesinnten hat er 2015 den Arbeitskreis Integration Bommern gegründet. Dieser hat heute noch zehn aktive Mitglieder - darunter sieben Frauen. „Das ist typisch“, meint Hake. Frauen seien halt zumeist die sozialeren Menschen.

Im ehemaligen Gästehaus der Universität Dortmund in Bommerholz brachte die Stadt Witten 2015 Flüchtlinge unter - viele stammten aus Syrien.
Im ehemaligen Gästehaus der Universität Dortmund in Bommerholz brachte die Stadt Witten 2015 Flüchtlinge unter - viele stammten aus Syrien. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Er hat für „seine“ Flüchtlinge auch Wohnungen und Möbel organisiert. Hake führte bis zu 50 Telefonate am Tag und erhielt von Hauseigentümern Absagen, als diese hörten, dass die künftigen Mieter Flüchtlinge sein sollten. Claus Hake setzte auf die persönliche Begegnung, lud skeptische Vermieter ins Bommerholzer Gästehaus ein. „Danach haben mehrere Hausbesitzer zu mir gesagt: Sie haben mich überzeugt.“

89-Jähriger klärt Männer auch über die Empfängnisverhütung auf

Geflüchtete Männer benötigten auch Arbeit, eine Tagesstruktur, meinte Hake. Er fuhr zu Handwerksbetrieben, fragte nach, ob diese nicht Leute gebrauchen könnten. „Viele der geflüchteten Männer haben in ihrer Heimat einen handwerklichen Beruf ausgeübt.“ Es gab Arbeitgeber, die skeptisch waren, andere haben es mit den Menschen versucht. „Mal klappte es, mal nicht.“

In der Corona-Zeit verabreden sich die Mitglieder des Arbeitskreises Integration Bommern einmal wöchentlich zu einer Videokonferenz . Auf digitalem Weg wird besprochen, wo welche Hilfe vonnöten ist. „Nach wie vor haben geflüchtete Menschen Probleme“, sagt Claus Hake. Im evangelischen Gemeindehaus Bommern können sie immer am Donnerstagabend ihre Fragen an die Helfer stellen. „Das geht vom Umgang mit Behörden bis hin zu gesundheitlichen Problemen.“ Der 89-Jährige klärt Männer auch über das Thema Empfängnisverhütung auf. „Das Schöne ist, wenn man merkt, wie viel Vertrauen einem die Menschen entgegenbringen.“ Und dieses dürfe man nicht enttäuschen. Wer helfe, gehe auch eine große Verpflichtung ein.

Zu seiner Feier zum 90. Geburtstag wünscht sich Claus Hake keine Geschenke. „Was soll ich denn damit als alter Mann, der alles hat?“ Der Bommeraner bittet seine Gäste um eine Geldspende - natürlich für die Flüchtlingshilfe.