Witten. Nach anderthalb Jahren ist in Vormholz wieder Schul- und Vereinssport möglich: Die neue Traglufthalle in Witten ist ein absoluter Hingucker.
„Unser Ufo“ nennen sie in Vormholz inzwischen die silberne Kuppel, die seit knapp sechs Wochen am Vormholzer Ring steht und über die Häuserreihen ragt. Die Traglufthalle ersetzt die marode Horst-Schwartz-Turnhalle, die im nächsten Sommer abgerissen wird. Mit dem Schulstart ist sie nun in Betrieb gegangen. Innen wie außen ist diese Konstruktion etwas Besonderes.
Die Klasse 4a der Vormholzer Grundschule durfte als allererste am Donnerstag (19.8.) die Traglufthalle nutzen. „Krass“ und „geil“, rufen die Kinder und rasen begeistert durch das Oval. Drinnen fühlt man sich wie in einer Mischung aus Festivalzelt und Hüpfburg. Federleicht, hell und so gut durchlüftet. Heimlich möchte man den Finger in die elastische PVC-Plane piksen. Ob das Gebilde dann platzt? Schließlich hält die 6000-qm-Hülle durch Überdruck, weswegen man Geräte wie Barren nur über eine Druckluftschleuse ins Innere befördern kann. Die Halle betritt man über Drehtüren und verspürt anfangs einen leichten Ohrendruck.
Der typische Turnhallengeruch fehlt
Wittens erste Traglufthalle ist binnen zwei Tagen gegenüber dem Herbeder Hallenbad in den Himmel gewachsen. Weitere sechs Wochen hat der Innenausbau gedauert. Unterm Hallendach stehen auch Container, in denen Umkleiden, Duschen, Toiletten, Materiallager untergebracht sind. Alles ist neu, Boden, Bänke, Duschen – sogar der typische Turnhallengeruch fehlt.
Für vier Jahre hat die Stadt Witten die Halle vom Bauherrn, der Berliner Firma Paranet, gemietet. Die monatliche Miete liegt bei 15.000 Euro warm. Die Errichtung kostete rund 100.000. Die Stadt ging zunächst mit Erdarbeiten auf dem einstigen Bolzplatz in Vorleistung. Außerdem hat sie Ver- und Entsorgungsleitungen gelegt, einen Weg gepflastert und Laternen installiert.
Halle ist schlüsselfertig und maßgeschneidert
Zuerst hatte sich die Verwaltung um eine gebrauchte Traglufthalle aus Nachbarstädten bemüht. Aber die Modelle, die Dortmund oder Sprockhövel für Flüchtlinge bis vor einigen Jahren genutzt und dann eingelagert haben, waren zu groß für das Vormholzer Gelände. Folglich durfte Paranet schlüsselfertig und maßgeschneidert eine Halle aufbauen, die genau in die Umzäunung des Fußballplatzes passt.
Nächster Turnhallen-Neubau in Annen
Die Wittener Sporthallen sind unterschiedlich gut in Schuss. Als nächster Neubau steht eine Dreifachsporthalle in Annen an, die Teil des Bildungsquartiers werden soll. Für sie wird die stark sanierungsbedürftige und nicht mehr zeitgemäße Märkische Sporthalle abgerissen.
Einige Wittener Sportstätten sind auch beim Juli-Hochwasser zu Schaden gekommen, darunter die Turnhalle des TuS Bommern am Bommerfelder Ring. Das Wasser ist erst durch eine Tür eingedrungen, durch die kleinen Schlitze im Hallenboden, in die man beispielsweise Torstangen montiert, ist es aber in den Unterboden gelaufen.
„Noch läuft beim Stadtsportverband eine Bestandsaufnahme der Unwetterschäden“, sagt Bürgermeister Lars König. Der Verband schätzt die Kosten auf 500.000 Euro. Ein großer Teil davon könne über Dachverbände oder Sponsoren finanziert werden. „Die Stadt bietet nur eine Hilfestellung, keine Komplett-Kompensation“, so König. Seine Partei, die CDU, fordert, betroffenen Vereinen kurzfristig die bereits bestehende Sportpauschale der Stadt kurzfristig zur Verfügung zu stellen.
Darin soll der Schul- und Vereinssport möglich sein, bis 2025 eine neue Dreifachsporthalle auf dem Gelände der Hardenstein-Gesamtschule An der Wabeck errichtet ist. Anfang 2020 stellte ein Gutachter fest, dass die Tragwerkskonstruktion der Horst-Schwartz-Halle aus den 1970er Jahren „ein Totalschaden“ war, so Stadtbaurat Stefan Rommelfanger. Der Bau wird in den Sommerferien 2022 abgerissen. „Während des Schulbetriebs ist das nicht möglich. Wir brauchen dazu den Platz auf dem Schulhof“, sagt Marika Esser vom Gebäudemanagement.
Seit anderthalb Jahren kein Sportunterricht
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Die Schulleiterin der Vormholzer Grundschule Alexandra Schüler und Klassenlehrerin Saskia Kömpel sind vor allem froh, dass nun endlich wieder Sport unterrichtet werden kann. „Ohne Turnhalle und mit Corona haben wir nur Bewegungsspiele auf dem Schulhof gemacht oder waren mit den Kindern wandern“, sagt Saskia Kömpel.
Auch Andreas Hake, Vorstand der Handballer vom HSV Herbede, hat das Ufo positiv überrascht. „Das ging sehr schnell und war gut koordiniert“, lobt er. Für seinen Verein bietet die Traglufthalle aber keine echte Entlastung. „Das Spielfeld ist zu klein, als dass wir dort trainieren oder Turniere ausrichten können.“ Ein echter Gewinn könne die Halle aber für die Jugend sein. „Wir wollen dort die Jugendarbeit wieder aufbauen“, sagt Hake. „Mit Wegfall der Horst-Schwartz-Halle und Corona sind uns ganze Mannschaften weggebrochen.“ Vielleicht lockt ja nun gerade das Ufo neue Spieler an.