Witten. Viel entspannter als 2020 starten die Wittener Schulen am Mittwoch ins neue Schuljahr. Aber es gibt einiges, das den Schulleitern Sorge bereitet.

Alle Vorbereitungen für einen sicheren Schulstart nach den Ferien seien getroffen worden, hat NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer jüngst versichert. Alle Vorbereitungen? Das würden nicht alle Schulleiter in Witten so unterschreiben. Luftfilter hätten sich schon viele für ihre Schulen gewünscht. „Vor allem für Flure, Aufenthaltsräume oder die Mensa“, sagt Michael Günzel von der Holzkamp-Gesamtschule. Eben da, wo sich die Schüler drubbeln. Oder da, wo die Kleinen sitzen, die nicht geimpft werden, meint Johannes Rienäcker vom Martmöller-Gymnasium. Aber es bleibe dieses Jahr wieder beim Lüften. „Und damit haben wir ja schon Erfahrung.“

Diese Erfahrung ist ein Grund, warum die Schulleiter nächste Woche dennoch entspannter ins neue Schuljahr starten als noch 2020. „Wir haben mit den verschiedenen Maßnahmen eine gewisse Routine entwickelt“, meint Susanne Daum, Sprecherin der Wittener Grundschulen. Lüften, Masken, Testen – alles ist eingespielt. Dirk Gellesch, Sprecher der Gymnasien bestätigt: „Wir machen so weiter, wie wir vor den Ferien aufgehört haben.“

Fast alle Lehrkräfte in Witten sind geimpft

Der zweite Grund für die Beruhigung ist die Impfquote in den Kollegien. Fast alle Lehrerinnen und Lehrer seien geimpft, das bestätigen die Schulleiter auf Nachfrage. Auch von den älteren Schülern hätte sich bereits der Großteil den schützenden Piks geholt. Und für die, die ihn noch nicht bekommen konnten, machen die Schulen Angebote. Der Impfbus soll auf die Schulhöfe kommen. „Schon in den nächsten Wochen“, so Holzkamp-Leiter Günzel. Beantragt sei er bereits. „Ich denke, das Angebot ist sehr hilfreich.“

Der Impfbus des EN-Kreises wird auch auf einige Schulhöfe kommen.
Der Impfbus des EN-Kreises wird auch auf einige Schulhöfe kommen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Doch trotz Erfahrung und Impfschutz: Die Schulleiter haben großen Respekt vor der Situation. So günstig wie noch vor den Ferien erwartet, hätten sich die Zahlen leider nicht entwickelt. „Wir bleiben daher sehr, sehr vorsichtig“, sagt Dirk Gellesch. Sorge bereiten Michael Günzel jetzt vor allem die Reise-Rückkehrer. Ganz wichtig sei, jetzt zu testen. „Damit bekommen wir Klarheit.“

Wissenschaftliche oder politische Entscheidung?

Die hätte er sich auch in der Quarantänefrage gewünscht. Wurden im vergangenen Schuljahr bei einem Corona-Fall in einer Klasse alle Schülerinnen und Schüler sowie die betroffenen Lehrkräfte in Quarantäne geschickt, soll dies im neuen Schuljahr anders sein. Künftig gelten demnach nur noch die direkten Sitznachbarn als enge Kontaktpersonen. „Ich hätte mir mehr Informationen gewünscht, warum so entschieden wurde – oder ob es sich bei dieser Regelung nur um eine politische Entscheidung handelt“, so Günzel.

Hilfe bei Lernrückständen

Eine der wichtigsten Aufgaben im neuen Schuljahr werde „die Begleitung der Schülerinnen und Schüler sein“, so Dirk Gellesch, Sprecher der Wittener Gymnasien. Fachlich gebe es einiges aufzuholen, was und wie sei dabei von Schule zu Schule verschieden. „Aber das wird eine echte Herausforderung.“

Das Land will dabei helfen: Mit rund einer halben Milliarde Euro aus Landes- und Bundesmitteln sollen in NRW Lernrückstände infolge der Pandemie aufgearbeitet werden. Das kündigte das Schulministerium am Freitag (13.8.) an. Das Geld fließe zum einen in gezielte Lernprogramme. Das Land werde die Schulen aber auch mit Extra-Budgets etwa für zusätzliches Personal unterstützen.

Die Grundschulen plagen zum Start des Schuljahres noch ganz andere Probleme. „Ich fürchte, es werden am Anfang sehr viele Tränen fließen“, sagt Susanne Daum. Viele i-Dötzchen seien lange nicht in der Kita gewesen und nun gar nicht mehr gewohnt, von den Eltern getrennt zu sein. Außerdem hätten viele Vorbereitungsveranstaltungen nicht stattfinden können. Die Kinder kennen die Schule nicht – und die Schule nicht die Kinder. „Wir wissen viel weniger als sonst über die Neuen“, so Daum. „Das ist in diesem Jahr ein bisschen so wie eine Wundertüte.“

Testempfehlung unglücklich formuliert

Daum geht als Leiterin der Bruchschule auf Nummer sicher: Die Einschulungsfeiern der zwei ersten Klassen werden getrennt stattfinden, damit nicht so viele Menschen zusammenkommen. Umso mehr ärgert sie sich, dass es vom Land nur eine Empfehlung an die Eltern gibt, sich für die Feier testen zu lassen. „Das ist sehr unglücklich formuliert und gibt wieder jede Menge Potenzial für Diskussionen – das hätte man sich sparen können.“

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In einem sind sich alle Schulleiter einig: Sie wünschen sich eine Rückkehr zu soviel Normalität wie möglich. Klassenfahrten sollen möglichst wieder stattfinden – wenn auch nicht ins Ausland –, Schulveranstaltungen werden wieder geplant. „Wir tasten uns ran“, so Johannes Rienäcker. Sein Kollege Gellesch formuliert es so: „Wir müssen lernen, die innere Handbremse langsam zu lösen – aber das ist gar nicht so leicht.“