Witten. Fehlen eigentlich nur noch Rotwein, Käse und Baguette. Auf dem Hohenstein in Witten schnuppern Rentner in einen französischen Volkssport hinein.

Im Rentenalter in Bewegung bleiben und noch einmal neue Leute kennenlernen – das soll das Awo-Projekt „Rente! … und wat machse getz?“ ermöglichen. Zehn Senioren trafen sich jetzt zu einem Boule-Schnupperkurs auf dem Hohenstein.

Dieter Brauer wirft die Kugel. Boule ist gerade bei Menschen im Rentenalter beliebt.
Dieter Brauer wirft die Kugel. Boule ist gerade bei Menschen im Rentenalter beliebt. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

„Jetzt nur noch mit ein bisschen mehr Energie!“ ruft Johannes Artmann vom Rand aus, „und ein bisschen weiter rechts!“ Auf dem Boule-Platz am Hohenstein lernt das kleine Grüppchen die richtige Wurftechnik und die Spielregeln – und hat eine Menge dabei zu lachen.

Wittener Vereinsvorsitzender weiht Neulinge ein

Artmann ist Vorsitzender des Vereins „1. Pétanque Boule-Club Witten“ und erklärt den Neulingen die Grundlagen des französischen Nationalsports. „Man sieht schnell, wer ein Gefühl dafür hat“, sagt der Kenner der blitzblank polierten silbernen Kugeln. Gerade ist Petra Pfeiffer an der Reihe.

Bitte nicht übertreten: Wer gerade dran ist, stellt sich für seinen Wurf in diesen roten Kreis
Bitte nicht übertreten: Wer gerade dran ist, stellt sich für seinen Wurf in diesen roten Kreis © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Sie stellt sich in die rote runde Markierung und nimmt die „Sau“ ins Visier – jene kleine rote Zielkugel, an die sie ihre größere Kugel möglichst nah heranwerfen muss. Mit der Handfläche voran wirft sie, die Kugel fliegt hoch – und rollt an der „Sau“ vorbei bis an das Ende der Bahn. „Ich mache das einfach mit zu viel Energie“, sagt Petra Pfeiffer. Ballspiele seien generell noch nie so ihr Ding gewesen, gibt sie lachend zu. „Na ja, es ist ja nicht schlecht, Power zu haben“, ermuntert sie Johannes Artmann vom Boule-Club.

Zufrieden beobachtet er das Spiel seiner Anfänger auf den zwei Bahnen. „Ich glaube, jetzt haben sie es alle verstanden“, sagt er nach der ersten Einführungsrunde. Das Projekt „Rente! … und wat machse getz?“ ist im November 2020 gestartet. Das Ziel: Rentnern die Möglichkeit geben, neue Kontakte zu knüpfen und gemeinsamen Interessen nachzugehen. Reinhard Pach von der Awo EN hat es mitorganisiert.

Na, wer ist am nächsten dran der „Sau“? Johannes Artmann, Trainer und erster Vorsitzender des „1. Petanque Boule Club Witten“ misst die Abstände zwischen den Kugeln.
Na, wer ist am nächsten dran der „Sau“? Johannes Artmann, Trainer und erster Vorsitzender des „1. Petanque Boule Club Witten“ misst die Abstände zwischen den Kugeln. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Er ist auch beim Boule-Kurs dabei und versucht sich an dem Kugelspiel. „Wir probieren mit verschiedenen Angeboten herauszufinden, welche Interessen die Leute haben“, sagt der 65-Jährige. Es gebe viele ältere Menschen, die einsam sind und sich zuhause langweilen. „An die wollen wir herankommen und sie unterstützen“, sagt Pach. Schon bei einer Wanderung wurden die ersten Kontakte geknüpft.

Awo EN plant weitere Projekte für Rentner

Weitere Projekte sind in Planung. Ab Herbst soll es eine Jobbörse für Rentner geben, die gerne noch etwas arbeiten würden. Außerdem will die Awo Digital-Lotsen finden, die älteren Menschen zum Beispiel im Umgang mit sozialen Medien und Smartphones helfen. Zuletzt gab es im Rahmen des Projekts „Rente! … und wat machse getz?“ eine Wanderung auf dem Hohenstein.

Mitgewandert waren auch Susanne und Fred Schmidt, die heute zum ersten Mal Boule spielen. „Wir fangen zwar gerade erst an. Aber es ist schon interessant und Spaß haben wir dabei auf jeden Fall“, sagt Fred Schmidt. Das scheint auch auf die anderen Senioren zuzutreffen. Ihr Lachen schallt während des Schnupperkurses über den ganzen Bouleplatz. Da hat gar keiner das Gläschen Rotwein, das Stück Baguette und den Käse vermisst.