Witten. Nachfrage nach Impfungen in Witten und dem Kreis lässt nach. Doch nur 45 Prozent sind vollständig geimpft. Kreis will mobiles Impfen ausbauen.

Das Impftempo hat sich auch im EN-Kreis verlangsamt. Nur noch 50 bis 200 Impfdosen spritzen die Mitarbeiter des Impfzentrums in Ennepetal derzeit pro Tag in die Oberarme von impfwilligen Bürgern. Dabei wären bis zu 1000 Impfungen möglich. Gut an kommt hingegen der mobile Impfbus des Kreises, der am vergangenen Freitag erstmals in Witten Halt gemacht hat.

„Die niederschwelligen Angebote werden aus meiner Sicht sehr gut angenommen“, sagt Krisenstabsleiter Michael Schäfer. Allein vor der Stadtgalerie hatten sich an einem Tag 182 Männer und Frauen gegen das Coronavirus immunisieren lassen. „Beeindruckend“, findet der 61-Jährige das. Und in Hattingen hätte sich am Samstagmorgen schon vor 9 Uhr eine lange Schlange gebildet. „Für uns ist das ein klares Signal“, sagt Schäfer.

Kreis will mobiles Impfen noch länger anbieten

Der Kreis wolle das mobile Impfen auf jeden Fall aufrecht erhalten und plant, dass der Impfbus noch weitere Runden dreht – vermutlich bis Ende August. Der umfunktionierte Linienbus wird also voraussichtlich nicht erst in vier Wochen für die Zweitimpfungen der kürzlich erstgeimpften Wittener wieder in die Ruhrstadt rollen.

Die Flaute im Impfzentrum sei sehr schade, so Krisenstabsleiter Schäfer. „Aber es wird einfach besser angenommen, wenn wir zu den Menschen kommen.“ Trotzdem spricht er sich vehement dagegen aus, den Betrieb im Impfzentrum zurückzufahren. Gelsenkirchen hat das etwa schon getan, öffnet sein Impfzentrum in der Emscher-Lippe-Halle derzeit nur noch an ausgesuchten Tagen.

Herunterfahren des Impfzentrums wäre „falsches Signal“

In Ennepetal läuft der Betrieb weiter – einzige Änderung bislang: Ohne Termin kann man nur von 14 bis 20 Uhr vorbei kommen, vormittags ist ein Besuch mit Termin aber noch möglich. „Den Betrieb runterzufahren, davon halte ich nichts. Das wäre auch ein falsches Signal“, sagt Schäfer. Man müsse weiterhin geöffnet bleiben, damit die, die wollen, auch kommen könnten.

Schließlich liege die Impfquote (vollständiger Schutz) im Kreis derzeit bei rund 45 Prozent. „Das ist immer noch deutlich zu wenig und ein ganzes Stück weg von der Herdenimmunität.“ Letztere werde man auch so schnell nicht erreichen – trotz der mobilen Impfangebote. 55 bis 60 Prozent vollständig geimpfte Menschen im EN-Kreis bis Ende September wären aus seiner Sicht schon ein Erfolg.

Impfaktion bei Moschee war kein wirklicher Erfolg

Am Montag (19.7.) fand in Hattingen auch eine Impfaktion in Kooperation mit dem dortigen Moscheeverein statt. Doch nur 22 Menschen kamen und ließen sich impfen. „Es ist wirklich schwierig, an diese Menschen heranzukommen und sie für die Impfung zu motivieren“, sagt Schäfer. In Witten ist bislang keine vergleichbare Aktion geplant.

Kreis bewegt sich auf Inzidenz über zehn zu

Am Mittwoch lag die (auch für Witten maßgebliche) Inzidenz im Kreis bei 7,7. Michael Schäfer geht davon aus, dass sie bald wieder über zehn liegen wird. Sollte dies acht Tage hintereinander der Fall sein, rutscht der Kreis wieder aus der „Inzidenzstufe 0“.

Lockerungen würden dann rückgängig gemacht werden. Das betrifft etwa die nun nicht mehr geltenden Kontaktbeschränkungen oder die Abstandsregel. Auch müssten Clubs und Diskotheken wieder ihren Innenbereich schließen und dürften nur noch den Außenbereich öffnen. Seit 9. Juli dürfen Geimpfte, Genese oder negativ Getestete wieder tanzen – auch ohne Maske.

Wittens Ärztesprecher Dr. Arne Meinshausen beurteilt die Impf-Lage in Witten deutlich positiver. Man liege bei Zweitimpfungen bei schätzungsweise 70 Prozent. Jeder, der geimpft werden wolle, werde bis Ende des Monats zweitgeimpft sein. Es würden derzeit in den Wittener Hausarztpraxen kaum noch Erstimpfungen stattfinden, weil alle Impfwilligen bereits versorgt seien. Auch das Impfzentrum an der Uni arbeitet wegen fehlender Nachfrage nur noch sehr eingeschränkt – in dieser Woche nur an einem Tag. Ende kommender Woche soll es voraussichtlich schließen.

Hohe Inzidenzen wegen Ausbreitung der Delta-Variante erwartet

Mit Sorge blicken beide Experten auf die Delta-Variante. Dass die Zahlen wieder steigen ist für beide sicher. „Wegen der Impfungen haben wir jetzt aber eine andere Situation“, sagt Meinshausen, der in naher Zukunft mit Inzidenzen von 100 oder 200 rechnet.

Eine Abkehr von den bloßen Infektionszahlen hält deshalb auch Michael Schäfer für sinnvoll. Etwa, dass die Auslastung der Intensivstationen mit berücksichtigt wird. Noch bis 5. August gilt die aktuelle Coronaschutzverordnung des Landes. Es bleibe abzuwarten, ob und wie NRW geänderte Kriterien zur Beurteilung der Coronalage umsetze. „Wichtig ist, dass man den Menschen Argumente liefert, die nachvollziehbar sind“, so der Krisenstabsleiter.