Witten. Diesen Tag hätten sich viele in Witten früher gewünscht: Die Spritze kommt zu den Menschen! Am Freitag rollte der Impfbus in die City. Wie war’s?
Die älteren Menschen sind halt pünktlich und Frühaufsteher. Deshalb ist es kein Wunder, dass ein kleines Grüppchen von ihnen den Platz vor der Stadtgalerie an diesem Freitagmorgen schon bevölkert, als der Impfbus des Kreises noch gar nicht in Sicht ist. Der Andrang wird schnell größer. Stell dir vor, die Spritze kommt zu den Menschen!
Für neun Uhr hat sich der EN-Kreis mit der mobilen Corona-Impfaktion in Witten angekündigt, der ersten Stadt kreisweit, wo der heiß ersehnte Pikser ohne Termin, fast ohne Bürokratie und auf Rädern daherkommt. Keiner muss ins entfernte Ennepetal reisen oder länger darauf warten, endlich von seiner Hausarztpraxis den erlösenden Anruf zu bekommen. Und um 8.45 Uhr ist er dann auch spätestens, der zum Impfzentrum umfunktionierte Linienbus. Steigen Sie einfach ein!
Wo sonst als Fahrziel vielleicht Hattingen-Reschop oder Dortmund-Oespel leuchtet, leuchtet diesmal in Orange: „Impf-Bus EN.“ Ein verlockendes Ziel, zumal nicht wenige Wittener eine lange Reise schon hinter sich haben, eine lange zum Impfstoff.
Wittener freuen sich über die Impfung vor Ort
„Wir sind bisher nirgendwo drangekommen“, sagt Nicole Kreuzer (41), die mit Tochter Jessika (17) in der Schlange vor dem weißen Riesen wartet und nun zum ersten Mal geimpft wird. Klar, steht sie auf der Warteliste des Hausarztes. Aber wie lange wohl noch… Der Impfbus in der City sei zudem schnell zu erreichen. Fazit: „Finde ich gut.“ Da schließt sich jeder in der wohl geordneten Reihe, die mittlerweile bis zum Kugelbrunnen reicht, gerne an. Lob, wo man auch hinhört. „Superaktion“, sagt Karin (55), die sich heute eine „Johnson & Johnson „verpassen lässt“. Sonst stünde noch Moderna zur Wahl.
Die Schlange schiebt sich relativ schnell weiter. Eine Mitarbeiterin aus dem zwölfköpfigen Impfteam fragt schon mal rum, welchen Impfstoff man denn haben will. Dann muss man noch einige Zettel ausfüllen, sich nach Allergien befragen und kurz von einer Ärztin aufklären lassen, bevor es losgeht.
Fieber messen beim Einsteigen
Beim Einsteigen muss man kein Ticket vorzeigen, es wird nur Fieber gemessen. Grüne Stellwände markieren die Impfkabine. Wer noch nicht dran ist, darf sich setzen. „Jola, noch zwei Moderna!“ ruft jemand nach hinten. Dort zieht Krankenschwester Jolanta Buchs (49) die Spritzen auf. Rund 100 Impfdosen hat der Kreis in einer Kühlbox mitgebracht. „Aber wir können jederzeit Nachschub besorgen“, sagt Dr. Christian Füllers, der Leiter des Impfzentrums für den EN-Kreis, der heute sozusagen als Chef-Kontrolleur mitgekommen ist.
Für Nicole Kreuzer und ihre Tochter Jessica ist nun der entscheidende Moment gekommen. Ärmel hochkrempeln und schon ist es passiert. Krankenpfleger Michael Steiner impft Mutter und Tochter. Sein Ton ist locker. „Das läuft ja wie geschmiert.“ Oder: „Er hat gar nicht gebohrt.“ Die gute, freundliche Atmosphäre im Bus ist fast ansteckend. Ist man gar nicht gewohnt als ÖPNV-Dauergast...
Erleichterung bei den frisch Geimpften
Die Kreuzers jedenfalls sind erleichtert, „dass wir jetzt auch eine Impfung bekommen haben“. Sie haben sich mit Moderna spritzen lassen und bekommen gleich den Termin für die Zweitimpfung in vier Wochen mit. Und was sagt die 17-jährige Tochter Jesica? „Ein gutes Gefühl.“
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Hätte man sich eine solche gute Aktion doch schon mal früher einfallen lassen, sagt Jessica Brennecke (34), die sich mit ihrem Lebensgefährten impfen lässt. „Dann wären die Inzidenzwerte nicht so in die Höhe gegangen.“ Sie hat heute ihre Erstimpfung bekommen. Wie auch der mehr als doppelt so alte Friedhelm Dorst (73). Er lässt sich mit Johnson & Johnson impfen, dann braucht er erst mal keine Auffrischung in ein paar Wochen. Was das für ein Gefühl sei? „Wunderbar!“ Und so einfach, ganz ohne Termin. „Ich habe nämlich kein Internet.“
So ist das, wenn die Spritze zu den Menschen kommt. Rund 180 folgten am Freitag dem Aufruf. Einfach nur einsteigen und piksen lassen. Am Samstag ist Hattingen dran.