Witten. So richtig viel wird bei dieser EM in Witten wohl nicht los sein. Aber in einigen Kneipen laufen die Fernseher doch. Wir haben uns umgehört.

Fußballfieber? Fehlanzeige. Allerhöchstens von erhöhter Temperatur könnte man in Witten kurz vor dem Eröffnungsspiel der Europameisterschaft sprechen. Und auch die Wirte sind noch sehr zurückhaltend: Rudelgucken? Lieber nicht. Die Situation ist einfach noch zu unsicher. Aber ein bisschen was geht in den Kneipen zur EM trotzdem.

„Drinnen machen wir alles wie immer“, sagt etwa Thorsten Wottrich von der Alten Post. Es würden in der Kneipe alle Spiele gezeigt, die möglich sind. „Und wenn Deutschland mittags um eins spielt, dann werden wir dafür auch extra öffnen.“ Auf fünf Fernseher im Gastraum können die Partien verfolgt werden. Die Theke ist dabei tabu, die Gäste müssen einen Sitzplatz an einem der 14 Tische haben – ganz wie sonst wird es also doch nicht sein. Für draußen plant Wottrich nichts: „In der Nachbarschaft ist die Euphorie für die EM vielleicht nicht bei allen ganz so hoch.“

Wittener Wirtin: „Die Stimmung fehlt bis jetzt total“

Auch das Casa Cuba plant erst einmal nur mit einer Leinwand drinnen. „Wir klären gerade noch ab, ob wir draußen etwas machen dürfen“, sagt Inhaberin Justyna Kaczybura. Sie fürchtet, dass sich Menschengruppen auf dem Rathausplatz sammeln könnten, wenn die Spiele draußen übertragen werden. „Da wollen wir lieber keinen Ärger riskieren.“ Die Wirtin ist froh, dass vieles wieder erlaubt ist und die Gäste in Witten pünktlich zum Start der EM auch drinnen keinen Test mehr brauchen. „Aber die Stimmung fehlt bislang total.“

Auch im Extrablatt fürchtet man mögliche Menschenansammlungen. „Deswegen sagen wir erst einmal vorsichtig nein zu einer Außen-Übertragung – und dann mal schauen“, so Betriebsleiter Taifun Kaya. Drinnen könnten die Gäste aber die Spiele auf zwei Fernsehern schauen.

Die Fernseher im Blue Beach laufen drinnen und draußen

Zwei große Fernseher drinnen bietet auch das Klimbim im Wiesenviertel. Dort ist sonst immer viel los beim Public Viewing. „25 bis 30 Leute dürfen diesmal rein, mehr leider nicht“, bedauert Francesco Sapia. Das sei zwar nicht mal die Hälfte wie sonst. „Das ist nicht befriedigend – aber trotzdem besser als nichts.“

CDU fordert Öffnung bis Mitternacht

Kurz vor dem Start der EM hat die CDU Dringlichkeitsantrag in den Rat eingebracht. „Die Leute freuen sich auf Gastronomie und haben Bock auf gemeinsames Gucken der Fußball-EM. Deswegen wollen wir, dass die Öffnungszeiten während der EM verlängert werden“, erläutert Jan Herbrechter, Chef der Jungen Union. Öffnungszeiten bis Mitternacht sollten nach Vorstellung der Unionsfraktion darüber hinaus für den gesamten Sommer erlaubt sein – und dabei Maßnahmen für einen fairen Ausgleich zwischen den Belangen der Anwohner, der Fans und der Gastronomen getroffen werden.

Die Fraktion betont: Wenn die Infektionslage es zulässt, sind Übertragungen der Fußball-EM in der Außengastronomie grundsätzlich bis Mitternacht möglich. Das habe NRW-Umweltministerin Ursula Heiner Esser klargestellt. Mit dem Antrag wolle die CDU die Gastronomen, die während des Lockdowns viel durchgemacht hätten, unterstützen.

Aber zumindest im Blue Beach am Kemnader See können Fußballfans die Spiele auch im Freien schauen. „Die Fernseher laufen drinnen und draußen“, versichert Geschäftsführer Dirk Heemann. Großformatiges Rudelgucken mit Leinwand ist erst einmal nicht geplant: „Wir wissen es noch nicht genau, wir tasten uns erst ran.“ Die Lage sei einfach zu unsicher.

Einige Veranstalter winken in diesem Jahr lieber ab

Aus diesem Grund winken andere Veranstalter, die sonst gerne dabei sind, bei dieser EM lieber ab. „Die Lockerungen kamen jetzt einfach super kurzfristig“, so Heinke Liere von der Werkstadt. Man habe sich deshalb lieber auf den Kultursommer konzentriert. Auch der Kirchsaal unter der Friedenskirche bleibt diesmal wohl leer. „Wir besprechen das noch im Presbyterium“, sagt Pfarrerin Sabine Maiwald-Humbert. „Aber wir sind da eher zurückhaltend.“ Auch im Backhaus tut sich diesmal wohl nichts. Noch mal nachdenken übers Rudelgucken will auch Waldemar Riedel vom Knut’s. „Ein Beamer wäre da – aber dann muss das Fußballfieber erst einmal steigen.“

Übrigens: Wer keine Lust auf Fußball hat, der ist im Cafe Del Sol und im Finnegan’s an der Bellerslohstraße richtig. Da läuft ganz sicher nichts – nicht einmal die Spiele der Spanier oder Iren.