Witten. Lockdown und kein Ende. Besonders betroffen sind die Wittener Wirte. So wie Thorsten Wottrich von der „Alten Post“. Der Kult-Gastronom ist sauer.

Studenten, Arbeiter, Rentner, Abiturienten – sonst sitzen sie eigentlich alle am Tresen der „Alten Post“ in Witten. Doch wegen des Lockdowns ist schon seit Monaten keine Menschenseele mehr zu Besuch in der Kultkneipe. Wirt Thorsten Wottrich ist ganz schön angefressen.

„Ich muss leiden, weil sich ein paar Idioten nicht an die Regeln halten“, sagt der Gastronom, mit 53 schon ein „Urgestein“ der lokalen Kneipenkultur. Er ist bekannt wie ein bunter Hund. Viele kennen ihn als „Toto“. Fast jeder war schon mal in seiner Kneipe in der Poststraße.

Sie wurde 1961 von seiner Mutter Renate Wottrich eröffnet. „Und ein halbes Jahr war sie seitdem noch nie zu“, sagt der Wittener. „Ich kann nicht öffnen, weil wegen euch die Inzidenz so hoch ist. Bleibt zuhause“, appelliert er an all jene, die sich womöglich nicht an die Kontaktbeschränkungen halten.

Wirt aus Witten: Die „Alte Post“ ist mein Lebensinhalt

Die Corona-Pandemie trifft ihn wie alle anderen Gastronomen hart. Nicht nur finanziell, sondern auch psychisch ist die Krise eine Belastung. „Die Alte Post ist mein Lebensinhalt“, sagt Thorsten Wottrich. Normalerweise verbringt er gut die Hälfte des Tages (oder der Nacht…) hinter der Bar. Nur den Papierkram erledigt er von zuhause. Praktisch, er wohnt ja oben drüber.

„Ab 18 Uhr schenke ich eigentlich Bier an meine Gäste aus. Ich vermisse die Kundschaft und die Gespräche“, sagt der stets freundlich und gelassen wirkende Mann. Seit November sind wieder alle Kneipen geschlossen, die Außengastronomie inklusive. Seitdem darf Thorsten Wottrich seinen Beruf nicht mehr ausüben.

Thorsten Wottrich aus Witten: Viele Betriebe stehen vor dem Aus

So kennt man ihn: Wirt Thorsten Wottrich steht am Tresen seiner Kneipe in der Poststraße. Was fehlt, sind die Gäste.
So kennt man ihn: Wirt Thorsten Wottrich steht am Tresen seiner Kneipe in der Poststraße. Was fehlt, sind die Gäste. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Ich verbringe viel Zeit zuhause“, sagt der Gastwirt, bei dem sonst auch viele Fußball gucken. Aber er weiß auch: „Beschweren hilft nicht.“ Er ist sauer auf diejenigen, die sich nicht an die Maßnahmen halten. Finanziell ist die Krise für Gaststätten und andere Branchen eine Zerreißprobe. „Ich bin in ganz Deutschland vernetzt und weiß, dass viele Betriebe vor dem Aus stehen.“

Auch für ihn sei es hart, aber irgendwie komme er schon über die Runden. „Es gibt Betriebe, die hat es schlimmer getroffen.“ Der Staat hat den Wirten Geld bezahlt, um die Pandemie zu überstehen. Die sogenannten Novemberhilfen beliefen sich auf 75 Prozent der Vorjahres-Einkommens. Seit Januar werden nur noch die laufenden Kosten bezahlt. „Aber ich muss ja auch von was leben. Wenn das noch ein halbes Jahr so weitergeht, wird es auch schwierig für mich“, sagt Wottrich.

Noch kein Licht am Ende des Tunnels

Natürlich würde er lieber heute als morgen wieder öffnen, weiß aber auch, dass das mitten in der dritten Welle ein eher unrealistisches Szenario ist. Licht am Ende des Tunnels sieht er trotz der langsam Fahrt aufnehmenden Impfungen nicht. „Im Dezember war ich noch optimistisch, dass das schnell ein Ende hat“, sagt der Wittener. Doch nach einem halben Jahr sei er wesentlich pessimistischer geworden. „Jetzt müssen wir alle solidarisch sein“, sagt Wottrich, nur dann gebe es eine Öffnungsperspektive. Damit in der Post und anderswo nicht endgültig die Lichter ausgehen.