Witten. Jahrzehnte hat sich Karl-Dieter Hoeper in Witten um die Füße der Kunden gekümmert. Jetzt setzt er sich zur Ruhe und freut sich aufs Tangotanzen.

Alles begann 1895. Da machte sich Karl Hoeper in der Johannisstraße, in Wittens Innenstadt, selbstständig. Unterstützt von seiner Ehefrau Theodore zog der 23-jährige „Heilgehilfe“, wie es damals hieß, Zähne, reinigte Ohren, versorgte Wunden und pflegte – nebenbei – auch die Füße seiner Kunden. 126 Jahre später steht Hoepers Enkel, Karl-Dieter Hoeper, in seiner Fußpflegepraxis in der Johannisstraße und spricht über seinen Ruhestand. Viele Wittener werden ihn vermissen.

Am 28. Mai räumt der medizinische Fußpfleger Karl-Dieter Hoeper seinen Arbeitsplatz. Seinem Beruf ist er immer mit Herzblut nachgegangen. „Ich wollte nie etwas anders machen“, sagt der 68-Jährige.
Am 28. Mai räumt der medizinische Fußpfleger Karl-Dieter Hoeper seinen Arbeitsplatz. Seinem Beruf ist er immer mit Herzblut nachgegangen. „Ich wollte nie etwas anders machen“, sagt der 68-Jährige. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Ende Mai ist Schluss, sagt der 68-Jährige, der eigentlich bis zu seinem 70. Lebensjahr arbeiten wollte. „Aber das schaffe ich gesundheitlich nicht mehr.“ Die Halswirbelsäule, die Schultern, das sind Stellen, die nach einem jahrzehntelangen Arbeitsleben als Fußpfleger schmerzen.

Hoeper trat 1967 nach dem Realschulabschluss in das Fußpflegegeschäft seines Vaters Ernst ein – der Sohn von Karl und Theodore Hoeper. Karl-Dieter Hoeper machte neben seiner Ausbildung zum Fußpfleger auch eine dreijährige Lehre als Einzelhandelskaufmann.

Die Geschäftsräume des Großvaters wurden durch Bomberpiloten im März 1945 zerstört

Ernst Hoeper hatte sein Geld zunächst als Landwirt auf einem Bauernhof bei Hamm verdient. 1931, als es Firmengründer Karl Hoeper gesundheitlich schlecht ging, sattelte er um und wurde Fußpfleger. Im Zweiten Weltkrieg, am 19. März 1945, verlor Ernst Hoeper seine Praxisräume in der Johannisstraße bei einem Luftangriff durch britische Bomberpiloten. Die Wittener Innenstadt war zu 80 Prozent zerstört.

„Mein Vater war danach erst einmal als mobiler Fußpfleger unterwegs“, erzählt Karl-Dieter Hoeper. Dann habe dieser Anfang der 50er Jahre die Chance gehabt, bei der Firma Detag am Crengeldanz zu arbeiten. Die Beschäftigung bei der Deutschen Tafelglas AG, die Glas herstellte und verarbeitete, sei für ihn ein echter Glücksfall gewesen. „Er war angestellt, kranken- und rentenversichert.“

Theodore und Karl Hoeper, die Großeltern von Karl-Dieter Hoeper, hatten ihr Geschäft auch in der unteren Johannisstraße, dort, wo man heute die Fahrschule Büschke findet.
Theodore und Karl Hoeper, die Großeltern von Karl-Dieter Hoeper, hatten ihr Geschäft auch in der unteren Johannisstraße, dort, wo man heute die Fahrschule Büschke findet. © FUNKE Foto Services | Sammlung Hoeper/Repro: Barbara Zabka

Doch Ernst Hoeper blieb der Fußpflege treu. Seiner Frau Luise gehörte ein Grundstück, auf dem man heute Karl-Dieter Hoepers Fußpflegepraxis und dessen Schuhgeschäft findet. Die Eltern bauten das Haus Johannisstraße 12. Direkt gegenüber, auf der anderen Straßenseite, hatte einst Firmengründer Karl Hoeper seinen Laden.

Ernst Hoeper eröffnete sein neues Geschäft „1956/57“, wie sich sein Sohn erinnert. Dessen Schwester Christel arbeitete mit dem Vater zusammen. Neben der Fußpflege gab es einen Seifen- und Parfümerieverkauf. Als Ernst Hoeper 1971 aus der Praxis ausschied, war für Sohn Karl-Dieter klar: „Das mache ich weiter. Das ist ein Beruf mit Hand und Fuß und ich habe ein Händchen dafür.“

„Mit Gesundheitsschuhen hat sich früher kein Schuhhändler abgegeben“

Statt auf Seifen und Parfümerie-Artikel setzte Karl-Dieter Hoeper neben der Fußpflege auf ein angeschlossenes Geschäft für Gesundheitsschuhe. Dieses wird er auch erst einmal über den 28. Mai hinaus, wenn er seine Praxis schließt, weiter geöffnet halten. „Mit Gesundheitsschuhen hat sich früher kein Schuhhändler abgegeben“, sagt er. Für ihn war es eine Marktlücke. Für Hoepers Fußpflegepraxis gibt es keinen Nachfolger. „Die Anforderungen an die Räumlichkeiten sind heute andere als früher.“ Es müsste umgebaut werden. „Und das möchte ich nicht.“

Der 68-Jährige ist dankbar dafür, dass ihm seine Patienten über Jahrzehnte die Treue gehalten haben. „Da sind Leute dabei, die kommen seit 60 Jahren zu uns, waren schon bei meinem Vater und bedauern, dass ich jetzt aufhöre.“ Aber Hoepers Entschluss steht fest. Er freut sich darauf, endlich wieder mehr Zeit zu haben, um zu wandern, zu radeln und zu schwimmen. Außerdem, verrät er lächelnd, tanzt er mit seiner Lebenspartnerin für sein Leben gerne Tango Argentino.

Auf dem Kornmarkt in Witten könnte sich Karl-Dieter Hoeper ein futuristisches Gebäude der Universität vorstellen

Hoeper war Bundesvorsitzender der medizinischen Fußpfleger

Karl-Dieter Hoeper war von 1991 bis 1999 Bundesvorsitzender des Zentralverbandes der medizinischen Fußpfleger. Nach der Wende war er an der Gründung neuer Landesverbände in Ostdeutschland beteiligt. Hoeper und sein Berufsverband setzten sich auch dafür ein, dass die medizinische Fußpflege seit 2002 eine staatlich anerkannte Berufsausbildung ist.

Von 2008 bis 2018 war Karl-Dieter Hoeper Vorsitzender der Standortgemeinschaft Witten-Mitte, der Geschäftsleute und Hauseigentümer aus der City angehören. 2018 wurde der Wittener Rechtsanwalt Christoph Daniel neuer Vorsitzender der Standortgemeinschaft.

Was wünscht sich der frühere Vorsitzende der Standortgemeinschaft Witten-Mitte für den Kornmarkt, der nur wenige Gehmeter von seinem Geschäft entfernt liegt? „Wir brauchen bei den ganzen Leerständen in der Stadt keine neuen Laden- und Büroflächen.“ Die Zukunft Wittens sieht Hoeper eng verknüpft mit der Uni. „Witten sollte als Universitätsstadt punkten!“ Auf dem „Filetstück Kornmarkt“ könnte er sich ein futuristisches Gebäude der Hochschule vorstellen. „Denn die Zahl der Studenten wird sich ja auch weiter erhöhen.“